Privatzugang
Ein Führer zu Europas exklusivsten Gemäldesammlungen
Ein frisch übersetztes Buch öffnet die Türen zu beinahe 100 privaten Gemäldesammlungen im deutschsprachigen Europa. Autorin Skadi Heckmüller hat ihre Leidenschaft für Kunst und Reisen kombiniert und so ein hochinformatives Buch produziert.
Von André Leslie
Wenn man an die großartige Kunst denkt, die es in Europa zu sehen gibt, denkt man wahrscheinlich an den Louvre, die Tate Modern oder vielleicht die Uffizien in Florenz. Aber was ist mit all den Werken, die sich in Privatsammlungen befinden?
Meist haben selbst die bestinformierten Touristen diese Werke nicht auf dem Radar – nicht nur wegen eigenwilliger Öffnungszeiten und entlegener Standorte, sondern auch aufgrund eines Mangels an Informationen. Die in Australien lebende deutsche Autorin Skadi Heckmüller möchte das nun ändern.
“Die großen Galerien: für mich ist das, um über Kunst zu lernen. Aber um was in mir selbst zu bewegen, sind die kleinen Orte meistens wesentlich wertvoller.”
Eine Neuausgabe von Heckmüllers Buch „Privatzugang“ ist nun aus dem Deutschen ins Englische übersetzt worden und umfasst 30 neue Standorte. Der Führer in handlicher Größe möchte den Besuch von privaten Gemäldesammlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz erleichtern und wurde von der unerschöpflichen Kunstleidenschaft seiner Autorin inspiriert.
Die ehemalige Finanzexpertin hat das Buch jedoch auch praktisch gehalten. Neben künstlerischem und historischem Kontext zu den jeweiligen Sammlungen bietet das Buch auch eine Fülle von Tipps zu nahegelegenen Restaurants, Sehenswürdigkeiten und sogar öffentlichen Verkehrsmitteln.
“Ich selbst war schon in sehr vielen Ländern und habe mir immer den Lonely Planet gekauft, und so wollte ich das auch machen. Das ist der Stil, von dem ich am meisten habe.”
Vom Geschäft zur Kunst
Die meisten privaten Gemäldesammlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz befinden sich im Besitz von ehemaligen Business-Schwergewichten, die ihre Unternehmen entweder verkauft haben oder einfach bereits genug verdienen, um die schönen Dinge des Lebens zu genießen. Auch wenn sie aus sehr unterschiedlichen Verhältnissen und Branchen kommen, mit Kunst kennen sie sich alle aus, erklärt Heckmüller.“Es ist natürlich eine Wahnsinnsarbeit. Man muss wirklich kunstbegeistert sein. Zusätzlich muss man natürlich Geld haben, gar keine Frage.”
“Aber mit dem Geld könnte man was ganz anderes machen. Alle Galeristen, die ich kennengelernt habe, lieben den Austausch mit den Künstlern.”
Den meisten Inhabern privater Gemäldesammlungen, die Heckmüller auf ihren Reisen durch Deutschland, die Schweiz und Österreich kennen gelernt hat, ist es wichtiger, als Hüter der Kunstwerke zu fungieren, als sie tatsächlich zu besitzen oder damit anzugeben.
“Grundsätzlich teilt man Kunst in Deutschland eher, mehr als hier.”
“Das andere Problem ist, die Sammler wissen gar nicht mehr, wohin. Wenn man einmal angefangen hat zu sammeln, ist es sehr schwer, aufzuhören.”
Die 90 in „Privatzugang“ vorgestellten Sammlungen sind äußerst unterschiedlich und die Architektur der Gebäude ist häufig ebenso eindrucksvoll wie die Werke selbst. Heckmüller erzählt, dass es auch überraschend sein kann, wie die Besitzer ihre Sammlungen zusammenstellen. Während einige darum bestrebt sind, ihre Sammlungen aufzufrischen, indem sie regelmäßig ältere Werke verkaufen, haben andere ein spezielles Interesse an einem bestimmten Gebiet – wie etwa der Schriftsteller Lothar-Günther Buchheim, dessen Museum am Starnberger See in Süddeutschland eine der weltweit größten privaten Sammlungen seltener Briefbeschwerer beherbergt.
Eine bunt gemischte Liste
Wenn man sie drängt, ihre Lieblingssammlungen zu nennen, fällt es Heckmüller schwer, drei Favoriten auszuwählen, sie verrät jedoch, dass es ein paar Sammlungen gibt, die sie immer wieder gerne besucht. Die Berliner Feuerle Collection mit ihrer Sammlung asiatischer Kunstwerke und Skulpturen, die in einem ehemaligen Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg ausgestellt sind, steht dabei ganz oben auf der Liste. Dann ist da die Sammlung der Hall Art Foundation in Niedersachsen – dem größten privaten Museum in Norddeutschland, das sich im ehemals befestigten Schloss Derneburg befindet.Ein „Kronjuwel“ unter den Privatsammlungen der Welt befindet sich für Heckmüller jedoch in der Schweiz: die Fondation Beyeler. In einem eleganten Gebäude, das von dem italienischen Architekten Renzo Piano entworfen wurde, werden etwa 400 Werke gezeigt. Von Cézanne bis Picasso, von Kandinsky bis Klee: alle großen Namen finden sich hier gut repräsentiert.
Wer allerdings nach einem Buch sucht, um berühmte Kunstwerke auf seiner Liste von Werken abzuhaken, die man gesehen haben muss, wird womöglich enttäuscht werden. Stattdessen hat sich „Privatzugang“ zum Ziel gesetzt, seine Leserinnen und Leser auf eine Reise zu einzigartigen Orten und Erlebnissen mitzunehmen, oft abseits Europas großer Städte. Heckmüller geht es auch darum, ein Schlaglicht auf die Inhaber der Sammlungen zu werfen, die in ihren jeweiligen Gemeinden eine große Rolle spielen.
“Die meisten machen extrem viel für die Kultur und sehr häufig auch für junge Menschen. Gerade in den kleineren Orten, die geben unheimlich viel, und trotzdem weiß das eigentlich gar keiner.”
Die englische Ausgabe von Skadi Heckmüllers Buch „Private Access: Private art collections from Germany, Austria and Switzerland“ ist in der Dominik Mersch Gallery in Rushcutters Bay in Sydney erhältlich. Die Neuauflage der deutschen Ausgabe „Privatzugang“ kann bei Amazon bestellt werden.