Wir Flüchtlinge

Ich habe heute mein Buch mitgebracht, das ich geschenkt bekommen habe, als ich meinen Klassenkameraden in der Grundschule sagte, dass ich nach Bosnien zurückkehren würde, ich habe es von der Lehrerin geschenkt bekommen. Wahrscheinlich stand dieses Buch irgendwo herum, wurde bereits genutzt, bevor ich es bekommen habe, aber das ist mir egal.

war 18 Jahre alt, als sie Mostar verlasen hat.

Mein ganzes Leben lang wird das das einzige Thema sein, das ich male – Familie und Heim, Gefühl der Liebe und der Zugehörigkeit, und Geordnetheit von allem, was eine Person in sich haben sollte, um mit sich selbst in Frieden zu sein.

Also, am 28. Mai 1992 meldete ich mich als Flüchtling in der BRD an. Ich und meine zwei Kinder. An diesem Tag, eigentlich 10 Tage früher, trennte sich unsere Familie. Ein Teil blieb im umzingelten Sarajevo, und wir schafften es, uns zu retten und in die BRD zu kommen.
 

Ich war vier Jahre lang in Deutschland während des Kriegs, von 93 bis 97. Meine Mutter und ich wurden von Frank Kohlmeyer abgeholt, der heute ein Freund unserer Familie ist.

Unser Status selbst und so. Wo unser Aufenthalt in Deutschland genau definiert wird – Duldung, das ist das famose Wort, das wir alle drei-vier Monate, jedes halbe Jahr verlängern mussten, je nachdem. Das waren Traumas. Den ganzen Tag in der Schlange stehen. Wie lange werden sie sie uns verlängern? Werden sie sie uns verlängern? Das waren richtig traumatische Erfahrungen. 

Künstlerische Tätigkeit als Flüchtling war auch eine gewisse Art von Therapie und eine Verbindung mit der Heimat. Wie das immer so ist, therapiert Handarbeit Menschen.

Mama hatte ein Auto gekauft. Wir packten alle Sachen, die wir hatten, und machten uns auf den Weg nach Tešanj. Wir nahmen alles mit uns, was wir hatten, aber auf der Rückreise ist Vieles verlorengegangen. Etwas haben wir bei unserer Tante in Österreich zurückgelassen. Dann kamen wir im August 1996 in Tešanj an.

Dokumente sind wichtig, denn im ersten zeigen sie, wann wir nach Berlin gekommen sind und uns bei deren Regierung angemeldet haben, und im zweiten sind alle unsere Aufenthaltserlaubnisse in diesem Land angeführt. Die famose Duldung, die, wie Sie hier sehen, bewilligt, dann später storniert und für die nächste Periode bewilligt, und es endet mit dem Jahr 1997.  

Das, was ich in der Hand halte, heißt in der Originalsprache Meldezettel, das ist eine gewöhnlicher Meldezettel, den jeder Flüchtling bei sich haben musste, zu jeder Tageszeit und zu jeder Nachtzeit.

Ein Brief vom Vater, geschrieben im September 94, wo er mich über die Lage in Doboj informiert, über die Lage in Zenica, die Art und Weise, wie sie aus Doboj nach Zenica gekommen sind, über die Familie, wo sich wer befindet, wer noch am Leben ist und wer nicht mehr.

Diesen Gegenstand hielt ich in meinem Zimmer in Ottendorf, dem Ort, in dem ich lebte, als eine Kerzenunterlage, denn ich zündete oft Kerzen an wegen der Atmosphäre, die ich gerne schuf.

Das ist der Schlüssel, den ich von der deutschen Familie von Wilhelm und Evelin Latevitz bekommen habe, die in dem Moment, als meine Eltern und meine Schwester nach Sarajevo zurückkehrten, mich als ihre Tochter in ihre Familie aufnahmen. 

Diese Dinge, die ich bei mir habe, sind mir emotional sehr wichtig und stellen für mich eine sehr positive Erinnerung an diese ganze Periode und die Zeit, die wir in Österreich verbracht haben, dar.

Der Gegenstand, den ich mitgebracht habe, erinnert mich konkret an den 4. August 1996, und ich habe ihn von meinem besten Freund bei der Rückreise aus einem neuen Leben in ein altes Leben, das wieder ein neues Leben geworden war, bekommen.
 

Ich habe fest geglaubt, dass ich dieses Kästchen mit silbernen Ohrringen füllen würde, während ich in Deutschland war, aber mit Ohrringen, die ich selber gekauft habe, mit meinem eigenen, verdienten Geld. Aber das habe ich nicht geschafft. Nachdem ich Deutschland verlassen hatte, war es ein Moment der Entscheidung, sollte ich das Kästchen zurücklassen oder mitnehmen. Darin war kein einziges Stück Silberschmuck.

Meine Schwester, und sie war so richtig in diesem Flüchtlingsleben – ich weiß nicht, irgendwie klingt es hässlich, Flüchtlingsleben – hatte eine große Rolle in dieser Zeit.  Wir waren allein. Sie kümmerte sich um mich. Und man sieht sie ein wenig auf diesem Bild. Es tut mir Leid, dass ich nicht ein Bild habe, wo man sie ganz sieht, aber ich weiß im Grunde gar nicht, warum wir nicht viele Fotos aus dieser Zeit haben. Ich denke, dass wir irgendwie keine Zeit hatte, uns zu fotografieren.

Es war, glaube ich, der 16. Oktober 93 und der Unterricht ging los. Irgendjemand fragte, welchen Datum wir haben, und jemand sagte 16. Oktober, und mein Kommentar war: „Heute ist ein Trauertag.“ In diesem Moment gab es keine Kommentare zu meinem Kommentar.

Ich musste Deutschland verlassen. Ich hatte diese famose Duldung. Das heißt, es war mir erlaubt, bis zum Ende meiner Schulzeit in Deutschland zu bleiben, und meine Schulzeit dauert normalerweise drei Jahre.