Podcast - 35 Jahre Mauerfall
Fotografische Langzeitbeobachtungen
Am 9. November 2024 jährt sich der Mauerfall zum 35. Mal. Gemeinsam mit der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland beim Königreich Belgien feiert das Goethe-Institut Brüssel im Rahmen seines Programms Europanetzwerk Deutsch dieses Jubiläum mit einer Ausstellung, die aus fotografischen Langzeitbeobachtungen der Fotografen Ditmar Schädel und Klaus Dierßen entstanden ist. Beide Künstler fotografierten Situationen in der ehemaligen DDR und dokumentierten so äußeren und inneren Wandel. Julian Hale, Alumnus des Programms Europanetzwerk Deutsch, hatte die Gelegenheit mit dem Fotografen Ditmar Schädel und mit Gästen der Vernissage über die Fotografien der Ausstellung zu sprechen.
„Sie mussten sich komplett neu erfinden“
Podcast zur Ausstellung „35 Jahre Mauerfall – Fotografische Langzeitbeobachtungen“
Wir sind im November 2024 – 35 Jahre nach dem Fall der Mauer im Jahr 1989, dem Ende des Eisernen Vorhangs und dem Anfang des wiedervereinigten Deutschlands. Klaus Dierßen und Ditmar Schädel, zwei westdeutsche Fotografen, kannten als echte „Wessis“ die DDR kaum, von wenigen Transitreisen nach Berlin abgesehen. Nach der Öffnung der deutsch-deutschen Grenze fassten sie schnell den Entschluss, verschiedene Schauplätze in Ostdeutschland aufzusuchen.
1990 begannen sie, in Orten nahe der deutsch-deutschen Grenze und fernab der großen Ereignisse in Berlin – wie Quedlinburg, Wernigerode, Sangerhausen und Magdeburg – Geschäfte und Straßensituationen in zeitlichen Abständen aus identischer Perspektive zu fotografieren, um die eindrucksvollen äußeren Veränderungen dieser Zeit zu dokumentieren. Damit war das Projekt „DANACH UND DANACH” entstanden. Die Fotografien sind weder als Werbung für den Aufschwung Ost noch als pittoreske Bilder voller Nostalgie und Morbidität zu verstehen. DANACH UND DANACH wurde mit dem Kodak Fotobuchpreis ausgezeichnet.
1994/95 gingen sie mit einer Serie von je sechs Schwarz-Weiß-Fotografien unter dem Titel „Angesehen in Ostdeutschland“ einen Schritt weiter und portraitierten 20 unbekannte Menschen aus den neuen Bundesländern – einen Tankstellenbesitzer, einen Hundefriseur oder eine Kassenfrau zum Beispiel – in ihrer Lebenswelt. Sie führten Interviews mit diesen Menschen, die mit der Zeit immer mehr Vertrauen zu den Fotografen aus dem Westen fassten und mit ihnen über ihre biografischen Hintergründe, die aktuelle geschäftliche und persönliche Situation und über ihre eigene Sicht auf die Veränderungen sprachen. Die Verschränkung von Text und Bild ermöglicht einen vielschichtigen Einblick in das Leben dieser Menschen – ihre Wünsche, Hoffnungen und Enttäuschungen werden durch dieses Fotoprojekt auf eine differenzierte Weise erlebbar.
Julian Hale, britisch-belgischer Journalist und Alumnus des Programms Europanetzwerk Deutsch, hat Ditmar Schädel sowie Gäste auf der Vernissage über die Ausstellung, die Bedeutung von Fotografie in herausfordernden Zeiten und Ihre Erfahrungen befragt. Ein Gespräch voller persönlicher Einblicke – hören Sie selbst!
Der Podcast wurde produziert von: Julian Hale (Konzept und Interviews) und Camille Van den Berg (Schnitt).
Die Ausstellung ist noch bis 29.11.2024, von Montag bis Freitag, 9:00 - 18:00 Uhr im Press Club Brussels Europe– 95, Rue Froissart, 1040 Brüssel zu sehen.