Matti Schulz arbeitete während seines Residenzaufenthaltes in den Bildhauerwerkstätten der Kunstakademie in Kinshasa. Im Interview spricht er über den hohen Stellenwert von Kunst in der Stadt und über seinen ersten Auftritt als Rapper mit einer Liveband.
Welche Eindrücke hast Du von Kinshasa?
Die ersten Tage waren für mich die totale Reizüberflutung. Allein schon der Weg vom Flughafen zur Académie war für mich ein Erlebnis. Das Straßenbild, die Menschen: Kinshasa ist eine ultra-lebendige Stadt und man hat das Gefühl, es kann jederzeit alles passieren. Die Stadt ist voller Musik und die Kunst hat einen sehr hohen Stellenwert. KünstlerInnen und MusikerInnen sind sehr geachtet und bekommen hier viel Respekt. Du hast das Gefühl, dass Kunst und Musik hier sehr eng in Relation zum Menschen stehen und dass das auch wirklich wichtig ist, was du machst. Das kenne ich aus Europa so nicht.
Du machst Zeichnungen, Keramik und Metallarbeiten und legst Dich dadurch nicht auf ein Medium fest. Fällt es Dir leicht, in Kinshasa interdisziplinär zu arbeiten?
Es gibt hier in Kinshasa unglaublich viele verschiedene Einflüsse. Die KünstlerInnen arbeiten oft interdisziplinär und denken vor allem auch so – was Musik angeht, was Kunst angeht. Da wird spontan ein Konzert veranstaltet und auch einfach mal direkt dazu eine Ausstellung aufgebaut. Das ist schon ziemlich cool. Es gibt hier eine krasse Energie und es prallen so viele Dinge aufeinander, dass ich gar nicht daran denken kann, nur eine Sache zu machen. Auch Mode spielt in künstlerischer Hinsicht eine Rolle. Die Leute sehen super aus und haben einen krass guten Modegeschmack. Viele basteln sich ihren eigenen Style zusammen, Kizobazoba.
Wie können wir uns deine tägliche Arbeit in den Werkstätten der Akademie vorstellen?
Genutzt habe ich bisher vor allem die Keramikwerkstatt und teilweise auch die Ateliers von Studenten. Ich habe modelliert und versuche noch einen Brand durchzuführen, wenn alles gut geht. Die Arbeit in den Werkstätten unterscheidet sich nicht großartig von anderen Akademien. Die Abläufe sind dieselben.
Du bist in Kinshasa auch schon als Musiker aufgetreten.
Das war sehr cool. Ich habe das erste Mal mit einer Liveband gespielt, der Yamoja Band. Ich hatte nur einigen Leuten erzählt, dass ich auch ein bisschen Rap mache und das hat sich schnell verbreitet. Dann hat mir ein Freund die Band vorgestellt, die am Wochenende zufällig ein Konzert machte und die hatten sofort Lust mich ins Boot zu holen. Obwohl die Stadt sehr rough ist und die Armut erdrückend, sind die Menschen sehr offen.
Wo siehst Du Möglichkeiten zur Partizipation mit kongolesischen KünstlerInnen, wo gibt es Schnittmengen, wo kannst Du andocken?
Ich habe auf jeden Fall große Lust, eine Ausstellung mit Leuten aus Kinshasa zu machen, mit Leuten, die ich getroffen habe und auch solchen, die ich noch kennenlernen werde.
Ich möchte auch gerne Verbindungen knüpfen, die über die Residenz hinaus Bestand haben werden. Ich möchte den Leuten auch gerne „meine Welt“ zeigen und nicht nur hierherkommen, um von all den Einflüssen Kinshasas zu profitieren.
Lieblingsorte in Kinshasa?
Soundsystem Bandal, Café des Arts, das House Crash und die Märkte, Yango!
Die Fragen stellte Arend Bruchwitz