Über das Projekt
2019 feiern Berlin und Peking 25 Jahre Städtepartnerschaft. Die berühmtesten Mauern in beiden Städten sind Geschichte, aber hier wie dort gibt es auch jetzt noch genug sichtbare und unsichtbare Mauern, die uns von anderen trennen.
Das Projekt TYPO 六 setzt sich anlässlich der 25-jährigen Städtepartnerschaft Berlin-Peking grafisch mit dem Wort ''Mauer'' auseinander und hinterfragt dabei Vorstellungen von Originalität eines Kunstwerks. Die Grundidee ist angelehnt an xianzhang 闲章 — die ''Siegel der Muße'' in der traditionellen chinesischen Kalligrafie und Tuschemalerei, mit denen sich Besitzer und Connaisseure in ein Bild einschreiben, es kommentieren und veränderen. Die Kunst ist hier eine kommunikative, interaktive Praxis; verschiedene Personen gestalten das Bild mit und tragen zum Originalwerden bei, so Byung-Chul Han in Shanzhai, Dekonstruktion auf Chinesisch.
Der Prozess
Der Vorgang des „Überschreibens“ beginnt damit, dass wir einen ersten Typografen mit dem Wort ''Mauer'' und dem Schriftzeichen
qiang 墙 (''Mauer'') konfrontieren. Nachdem die erste Typografie erarbeitet wurde, wird die Arbeit an eine zweite Typografin weitergegeben, die das Werk digital oder analog überschreibt bzw. kommentiert und verändert. Was entsteht, ist eine Vereinnahmung und Verfremdung des Originals. In weiteren Schritten überschreiben vier weitere Typograf*innen nacheinander das Werk.
Jeder einzelne Schritt wird festgehalten, sodass der Prozess der Verfremdung und das Originalwerden Schritt für Schritt nachverfolgt werden können. Die sechs deutsch-chinesischen Typograf*innen verfassen jeweils einen kurzen schriftlichen Kommentar zum Zustand des Werkes beim Erhalt und zum Konzept der eigenen Einschreibung ins Werk.
Konzept: Silvan Hagenbrock, Roman Kierst, Li Li | © Goethe-Institut China 2019