Die Freiheit der Elefanten
Arthur F. Sniegon kämpft für die Rechte von Elefanten. Warum die Tiere in so faszinieren und wie Bienen helfen können, sie zu retten, erzählt Arthur im Interview.
Arthur, auf der Webseite des Vereins Save Elephants schreibst du in einem eher sachlichen Ton über die Elefanten. Wie ist dein persönliches Verhältnis zu ihnen, was bedeuten Elefanten für dich?
Elefanten sind für mich die Verkörperung von Freiheit. Ganz egal, wo auf der Welt sie leben, sie brauchen viel Platz und sind ständig in Bewegung. Sie sind Herrscher über die Landschaft, formen sie um, veredeln sie. Und sie strahlen eine bewundernswerte Ruhe aus, das heißt wenn man das Glück hat, heute noch auf Elefanten zu treffen, die es noch nicht mit Wilderern zu tun hatten. Erwachsene Männchen tragen zwar manchmal untereinander blutige Kämpfe aus. Die übrigen Mitglieder ihrer Gesellschaft und meistens auch die erwachsenen Männchen leben aber in ruhiger und friedliebender Gemeinschaft und Nähe zusammen. Das sieht man schon auf den ersten Blick an ihrer Physis, und wenn man die Möglichkeit hat, die Elefanten näher kennen zu lernen, auch an ihrer Emotionalität. Mir gefällt, wie Elefanten zusammenhalten und dazu fähig sind, wie ein Mann (Elefant) zu handeln, ohne dabei ihre Individualität zu verlieren. Das ist nicht das Einzige, woran wir uns ein Beispiel nehmen sollten. Ein Zusammentreffen mit Elefanten ist für mich immer mit großer Aufregung und Erwartung verbunden und erfordert meistens viel Geduld und physische Anstrengungen. Es ist immer eine riesige Freude und sehr lehrreich.
Was meinst du mit dem Verlust von Individualität?
Es geschieht immer wieder, dass Elefanten zum Beispiel zu einem verletzten oder toten Gefährten zurückkehren. Um ihn vor Wilderern zu beschützen. Das ist kein typisches Herdenverhalten. Bei den Menschen ist es hoffentlich immer noch so, dass in manchen Momenten immer noch der Mut oder das Gewissen über unbegründete Befürchtungen oder begründete Ängste siegt.
Wie verändert sich das Verhalten der Elefanten durch die Erfahrungen mit einem Wilderer?
Die Elefanten sind gestresst, sie sind scheu bei jeglichem Kontakt mit Menschen, oder im Gegenteil aggressiv und unberechenbar. Oft verstecken sich diese Elefanten am Tag im Busch oder im Wald, oft haben sie Angst, sich hinzulegen und auszuruhen, wie sie es unter normalen Umständen machen würden. Man weiß aber auch, dass sie die Fähigkeit besitzen, zum Beispiel Unterschiede in der menschlichen Sprache wahrzunehmen. So können sie zwischen den Einheimischen, die keine Bedrohung für sie darstellen, und den anders sprechenden Wilderern einer anderen ethnischen Gruppe, mit denen sie blutige Erfahrungen gemacht haben, unterscheiden.
In Afrika werden um die 30.000 Elefanten im Jahr getötet, und das alles wegen des Elfenbeins?
Der Großteil der Elefanten wird wegen der Stoßzähne umgebracht. Die Jagd auf ihr Fleisch existiert praktisch nicht mehr, und das Töten eines Elefanten bei einem Kampf oder als Rache etwa für eine vernichtete Ernte ist äußerst selten. Für viele, die auf den verschiedenen Ebenen mit dem Elfenbein-Geschäft zu tun haben, ist der Verkauf von Elfenbein ähnlich wie der von Diamanten, Gold, Drogen. Wenn das Geld spricht, muss die Moral schweigen.
Die Elefantenpopulation Afrikas ist in den letzten Jahren stark gesunken, und das wegen der riesigen Nachfrage nach Elfenbein vor allem aus China und weiteren Staaten in Fernost. Dort wird das Elfenbein seit Jahrtausenden geschätzt, aber natürlich konnten es sich nur die Herrscher und sehr wohlhabende Menschen leisten. Asiatische Käufer demonstrieren mit Objekten aus Elfenbein ihren Reichtum und „Geschmack“. Auch hier sind leider Geld und Technologie „ihrer Zeit“ voraus – ich meine damit den Verstand und das Verantwortungsbewusstsein ihrer Besitzer.
Eine unzureichende Gesetzeslage oder das Fehlen von Kontrollinstanzen zur Einhaltung bestehender Gesetze führen dazu, dass die Zwischenhändler ungehindert dutzende Tonnen Elfenbein jährlich aus dem armen Afrika in das reiche Asien schaffen können. Illegal. Und manchmal auch ganz legal! Das Netzwerk der Zwischenhändler ist gewöhnlich sehr gut organisiert und abgesichert. Es handelt sich dabei um ein supranationales System von Personen, die Gesetzeslücken, mangelhafte Kontrollen und die allgegenwärtigen Möglichkeiten der Korruption ausnutzen.
Welche Rolle spielen dabei die Wilderer?
Die sind arm und verdienen sich mit der Jagd gerade mal ein wenig zur Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse. Ich persönlich halte sie auch eher für Opfer (und gleichzeitig natürlich für Täter). Wilderer machen bei der Sache selten Profit und leben nur von dem bisschen, was ihnen die Zwischenhändler als ihren Anteil überlassen. Bei den Pygmäen zum Beispiel werden die Wilderer von ihrem „Patron“ in Naturalien bezahlt. Man kann aber nicht behaupten, dass die Wilderei ein unverzichtbares Beschäftigungs-Modell für die Einwohner wäre, und ein langfristiges ist es auch nicht. Wenn 99 Prozent der Menschen in einem bestimmten Gebiet von der Landwirtschaft, Handel oder Ähnlichem leben können, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich für das 1 Prozent Wilderer nicht auch ein „normales“ Handwerk finden ließe. Darin liegt für mich auch die Schuld der Wilderer begründet – es gibt immer eine andere Möglichkeit, aber sie haben sich für die Jagd entschieden – aus unterschiedlichen Gründen.
Die einheimischen Bauern hatten bisher kein besonders gutes Verhältnis zu den Elefanten, denn sie zerstören die Ernte. Hat sich die Situation geändert?
Wenn man als Vater Besuch von einer Horde Kinder bekommen, diese Kinder aber eine Elefantenherde sind und die gesamte Ernte zerstören, dann ist das unangenehm. Das kann für die geschädigten Menschen existenzgefährdend sein und ich wundere mich nicht über deren individuelle, teils drastische Reaktionen. Es gibt aber Möglichkeiten, Dörfer und Felder zu schützen, die Menschen können sich zu Selbsthilfegruppen zusammenschließen. Und der Staat könnte sicher auch eine größere Rolle spielen, indem er die Menschen im Umgang mit der Natur schult und zeigt, wie man größere Schäden verhindert. Mancherorts funktioniert das, in den meisten Gebieten Afrikas lässt der Staat seine Einwohner aber mit ihren Problemen allein.
Im Süden des Tschad versuchen wir mit Hilfe von sanften Barriere-Techniken das Zusammenleben von Menschen beziehungsweise Bauern und Elefanten in derselben Landschaft zu ermöglichen. Dazu stellen wir Bienenstöcke um die Felder herum auf, denn die meisten Elefanten haben panische Angst vor Bienen und halten sich deshalb von den Zäunen fern. So bewahren wir in dieser Region die Elefanten vor dem Zorn der Anwohner und leisten damit gleichzeitig einen dauerhaften ökologischen Beitrag – gesunden Honig.
Save Elephants hat aber noch mehr Ideen, wie man die Ausrottung der Elefanten verhindern kann. Kannst du uns die wichtigsten etwas erläutern?
In Zusammenarbeit mit verschiedenen afrikanischen Organisationen beteilige ich mich am Aufspüren von Zwischenhändlern. Wichtig ist auch der Einsatz von Spürhunden im Kongo (The Aspinall Foundation). Mit ihrer Hilfe konnten in ganz Kongo Zwischenhändler gefasst werden, die mit allen möglichen Arten von geschützten Tieren oder Teilen von ihnen handeln. Alles wird beschlagnahmt und die Leute werden ihrem Vergehen entsprechend strafrechtlich belangt. Diese Kontrollen haben noch einen weiteren Effekt, und zwar den der Abschreckung. Wir glauben, dass es sogar unmöglich werden wird, sobald es noch mehr Hunde gibt.
Welche Rolle spielt Tschechien beim Schutz der Elefanten Afrikas, oder welche könnte es noch spielen?
Als Volk haben wir keinen direkten Anteil an der Ausrottung der Elefanten, Tschechen kaufen kein Elfenbein. Unser Land ist aber oft Transitstaat. Zudem könnten sich unsere Repräsentanten stärker engagieren, wenn es darum geht, für Naturschutz oder Menschenrechte zu werben. Das Wort europäischer Staaten und ihrer Vertreter hat in Afrika immer noch viel Gewicht.
Jeder von uns kann außerdem auf seine Weise einen Beitrag leisten. Zum Beispiel auch als freiwilliger Helfer bei Save Elephants in der Tschechischen Republik oder in Afrika. Nur dank der Unterstützung durch Freiwillige können wir weitermachen. Sehr nützlich waren oder sind für uns Experten aus den Bereichen Kynologie, Technologie, Film, Animation, Grafik. Wir arbeiten auch mit dem Zoo Liberec zusammen, der unsere Projekte seit langer Zeit medial, finanziell und beratend unterstützt. Hier möchte ich als ein Beispiel das Projekt Räder für Afrika (Kola pro Afriku) erwähnen, mit dessen Hilfe wir den Wächtern und Hundeführern in den Nationalparks Mountainbikes und Trekking-Räder zur Verfügung stellen konnten. Wenn es uns gelingen würde, einen Fachmann fürs Webkodieren und das Fundraising zu finden, wären wir begeistert. Und wenn nach Afrika, dann auf jeden Fall mit hervorragendem Englisch und Französisch im Gepäck!