Ruhig und rege entlang der Eger
Im Rahmen des zehnjährigen Jubiläums des Beitritts der Tschechischen Republik zur Europäischen Union startete ein Lokalradio aus dem Karlovarský kraj (Kreis Karlsbad) eine Umfrage zum besten regionalen Projekt, das aus Europäischen Strukturfonds finanziert wurde. Von zehn nominierten Projekten, unter welchen sich auch der Bau einer Schnellstraße, die Ausbesserung der Eisenbahnlinie nach Cheb und eine Sportanlage in Karlovy Vary (Karlsbad) befanden, gewann mit überwältigender Mehrheit der Radwanderweg, der entlang des Flusses Ohře (Eger) durch alle drei Regionen führt – Karlovy Vary, Sokolov und Cheb.
In den vergangenen sieben Jahren erhielten der Karlovarský und der Ústecký kraj (Kreis Ústí nad Labem) aus europäischen Fonds insgesamt mehrere Milliarden Kronen. Nichtsdestotrotz wurden einige Projekte von Anfang an mit Zweifeln und Kritik der Öffentlichkeit begleitet. So empörte die Bewohner der Region etwa der Bau einer Multifunktionshalle, die so multifunktional gar nicht war. Auch der Bau eines Schwimmbades, an dessen Stelle ursprünglich ein Aquapark entstehen sollte, sorgte für Unmut. Solche und ähnliche Projekte wurden von der Öffentlichkeit mit Attributen wie unsinnig, überzogen und korrupt versehen.
In letzter Zeit scheint es jedoch, als sei die europäische Förderung nicht mehr so ein wunder Punkt in der westböhmischen Region wie früher. Heute fließen die Gelder vor allem in die Unterstützung des Fremdenverkehrs, besonders in die Werbung für die Kurbäder, in den Ausbau der Infrastruktur und nicht zuletzt auch in den Bau von Spielplätzen.
Mit seinem Preis-Leistungs-Verhältnis, oder vielmehr seinem Preis-Nutzen-Verhältnis, besticht in der öffentlichen Meinung insbesondere der Bau neuer Fahrradwege entlang der Ohře (Eger). Der Unterstützung in Höhe von 119 Millionen Kronen (etwa 4,4 Millionen Euro), für die ein fast dreißig Kilometer langer Abschnitt Asphaltstrecke gebaut wird, steht kaum jemand kritisch gegenüber. Warum? Der Fahrradweg stellte eine Verbindung her zwischen Orten, die zuvor nur über viel befahrene Straßen erreichbar waren.
Hier muss man genießen!
Der Radweg entlang der Eger, dessen Strecke dank des neu gebauten Abschnitts im Kreis Karlsbad auf respektable 102 Kilometer ausgedehnt wurde, soll sogar noch erweitert werden. Die Fahrradfahrer reißen dabei gewissermaßen eine Grenze nieder – der Weg führt nämlich bis nach Deutschland.
Der Fahrradweg ist im Prinzip so etwas wie das imaginäre Rückgrat des Karlovarský kraj, denn er verbindet alle drei Kreisstädte, Cheb, Sokolov und Karlovy Vary. Zugleich bietet er eine Exkursion in die historische Bauentwicklung der Region. Außer Sehenswürdigkeiten in der Natur wie etwa die Svatošské skály (Hans-Heiling-Felsen) bekommen die Fahrradfahrer auch Burgen, Schlösser und versteckte Holzbrücken zu sehen oder können in kleinen ehemaligen Bergbaudörfern Halt machen, die auf eine ruhmreiche Vergangenheit zurückblicken. Und besonders wichtig: Auch europäische Ruhebänke fehlen auf dem Radweg nicht.
Unterwegs kann man außerdem die europäische Subventionierung in der praktischen Umsetzung sehen. Im Natur-Amphitheater in Loket finden Konzerte statt, es werden Theaterstücke und Opern aufgeführt. Über das Theater wacht die mittelalterliche Burg Loket, die sich von einem Felsvorsprung am gegenüberliegenden Ufer des Flusses erhebt. Hier darf man genießen, auch dank der millionenschweren Subventionen aus dem Europäischen Strukturfonds.
Übersetzung: Lena Dorn
Copyright: jádu / Goethe-Institut Prag