Ertüchtigen wir uns!
Ich wohne im Prager Stadtteil Vinohrady unweit des Sokol-Gebäudes. Als ich einmal daran vorbeiging, hört ich wie ein Lehrer einer Gruppe Schülern einen Vortrag über die Architektur des Baus hielt, der eines der reinsten Beispiele für den Funktionalismus der 1930er und 1940er Jahre sei. Das musste ich mir genauer ansehen.
Das Gebäude des TJ Sokol Vinohrady
Auf ihren Internetseiten rühmt sich die Sokol-Abteilung Prag Vinohrady damit, ihren Sitz im größten Sokol-Gebäude der Welt zu haben – dank der Weitläufigkeit der Innen- und Außenanlagen.
Die Grundsteinlegung des Gebäudes war im Jahr 1938. Während des Zweiten Weltkrieges wurde es als Lazarett für die Wehrmacht und die SS zweckentfremdet. Erst nach Kriegsende erhielt es die ihm zugedachte Funktion als Heimat der Turnerbewegung Sokol in Vinohrady. Damals hatte der Sokol Vinohrady noch rund 12.000 Mitglieder, heute sind es noch etwa 1500. Die so genannte „Treue Garde“ trifft sich in kleineren Gruppen regelmäßig in den landesweit verteilten Sokolgebäuden und studiert eine Choreographie ein für die feierliche Sokol-Vollversammlung. Die nächste wird im Jahr 2018 stattfinden.
In den Sporthallen und auf den Außenplätzen des Sokol Vinohrady wird bis heute Sport getrieben: Turnen, Ballsportarten, Tanz, Schwimmen. In einer angeschlossenen Sauna lässt es sich gut schwitzen. Für einen gesunden Geist in einem gesunden Körper. Die Atmosphäre in und um das Sokol-Gebäude in Prag Vinohrady hat der Fotograf David Konečný festgehalten.
Tužme se! – Ertüchtigen wir uns!
Im Sokol Vinohrady gibt es in vielfältiges Sport- und Trainingsangebot für Jung und Alt. Die Turnstunden beginnen nach wie vor noch mit dem gemeinsamen Rufen des traditionellen Grußes: „Na zdar!“ (frei übersetzt etwa: „Möge es (dir) wohl ergehen!“) Auch das traditionelle Sokol-Motto hat im 21. Jahrhundert noch nicht ausgedient: Tužme se! – etwa: Ertüchtigen wir uns! (wörtlich übersetzt: Steifen wir uns!)
Turnen im Sokol
Mich interessierte, wie sich die Sokol-Seniorinnen in Form halten. Spektakulär war nicht nur mit welchem Eifer die alten Damen turnen, sondern auch zu welcher Musik: Aus den Lautsprechern tönte neben Wanderliedern auch das bemerkenswerte Lied Dědeček z Brd (etwa: Großväterchen aus Brdy) der Gruppe Vlakem na Dobříš (Mit dem Zug nach Dobříš). Im Text geht es um ein verstorbenes „Großväterchen“, das sich sein eigenes Grab geschaufelt hat, als es noch wildern ging.