Oben Ohne in der heißen Phase


Nur eine Woche nach den Bundestagswahlen in Deutschland finden auch in Österreich am 29. September die Nationalratswahlen statt. jádu-Autorin Magdalena Schluckhuber hat nach eigenem Ermessen einige der skurrilsten, außergewöhnlichsten und witzigsten Ideen (zufällige Reihung) gesammelt und bewertet, mit der die Parteien auf Stimmenfang gehen.
Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat den schönsten, nackten Oberkörper im ganzen Land? Heinz-Christian Strache, Spitzenkandidat der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), postet ein Urlaubsfoto von sich auf Facebook. Braun gebrannt und mit knapper Badehose präsentiert er sich seinen Wählern, um zu demonstrieren, „jedenfalls top fit in den Wahlkampf“ zu gehen. 1572 Leuten gefällt das.
Dem um nichts nachstehen will vermutlich auch der 80-jährige Unternehmer Frank Stronach, Spitzenkandidat der von ihm gegründeten Partei Team Stronach. Auch er posiert beim Interview mit einer österreichischen Journalistin oben ohne und präsentiert stolz seinen nackten Oberkörper. Gleichzeitig verkündet er, dass er sich für seinen Körper nicht zu schämen brauche und dass er noch nie betrunken gewesen sei. Wenn er damit von der ihm vorgeworfenen Themenlosigkeit ablenken wollte, ist ihm das definitiv gelungen. Ob es ihm auch Wählerstimmen bringt, bleibt abzuwarten.
Und noch einmal Frank Stronach. Da Geld für den Austro-Kanadier scheinbar keine Rolle spielt und er sich Sorgen um Österreich macht, vergibt er mit seinem Frank Stronach Institut für sozialökonomische Gerechtigkeit 100 000 Euro für die Ideen junger Menschen. „Was würdest du tun, wenn du Bundeskanzler wärst“ lautet die Aufgabenstellung, mit der 16- bis 29-jährigeWähler angesprochen und angelockt werden sollen. Weitere 100 Videos und Ideen erhalten je 500 Euro. Ob sich Stronach davon für seine Arbeit inspirieren lässt, sollte er doch den Einzug in den Nationalrat schaffen?

Im Vergleich dazu wirkt es fast erbärmlich, dass die konservative ÖVP, Partei des Vizekanzlers Michael Spindelegger, unter ihren Anhängern und potentiellen Wählern unter allen Facebook-Likes eine Bergwanderung mit Spindelegger verlost.
Die Grünen setzen hingegen im Wahlkampf auf eine App, dem „Part of the Game-Game“. Die bekannten angeblichen und tatsächlichen Korruptionsfälle werden hier durch den Dreck gezogen, die Wähler können etwa als Karl-Heinz (Karl-Heinz Grasser ist ein ehemaliger Finanzminister) Geldkoffer der Schwiegermutter einsammeln.
Anna Berger ist verliebt. Zumindest wirkt es so, wenn das junge Mädchen von ihrem Mr. Perfect, ihrer ersten großen Liebe spricht. Oder ist es doch jemand anders? „Mein erster Freund sollte ... attraktiv mit strahlend blauen Augen sein (…) Mein erster Freund sollte nicht irgendjemand sein.“ Dass es sich hierbei aber um eine Liebeserklärung an HC Strache handelt, den Anna als Facebook-Freund wählt und dem Anna vermutlich ihre Stimme gibt, wird so schnell nicht klar. Neben Anna ist ihre gesamte fiktive Familie Teil von FPÖ-Wahlkampfspots. „Bruder Franzi“ etwa lässt sich den FPÖ-Schriftzug auf den Arm tätowieren und ernennt HC zu seinem „Hawara“ (Österreichisch für Kumpel).
Eva Glawischnig, Spitzenkandidatin der Grünen, versucht in einem Video, das Ähnlichkeiten mit Kasperl und Pezi [Eine Kasperletheater-Sendung im Österreichschen Fernsehen, Anm. d. Red.] hat, in Mama-Manier den fremdenfeindlichen kleinen Hatschi (HC Strache) zur Vernunft zu bringen. „Jetzt pass amal auf: Wenn du zu allen anderen immer gemein bist, dann brauchst du dich nicht wundern, wenn dich am Ende keiner mehr mag“ – „Echt? Ja, dann werde ich in Zukunft einfach nett zu allen sein, wurscht, woher sie kommen.“ Aber Eva Glawischnig weiß, dass im echten Leben nicht ganz so einfach ist.
Aus der Reihe dieser „Kinder, Kinder“-Videos versucht Mama Eva auch den kleinen Frankie (Frank Stronach) zum Zuhören zu bewegen.
Und was ist mit den Inhalten? Ja, diese sind bei diesen gebotenen Gustostückerln [Österreichisch für Leckerbissen] oft nur Nebensache, in den Medien wie auch bei diversen Diskussionen. Aber noch sind es ja vier Wochen bis zum Wahltag.