Im Porträt
Deutschsprachige Comickünstler

Paula Bulling – Lebendigkeit, Spaß, Poesie

Paula Bulling © © Paula Bulling Paula Bulling © Paula Bulling
Paula Bulling, 1986 in Berlin geboren, hat an der Hochschule für Kunst und Design in Halle an der Saale studiert. Die reiselustige Illustratorin und Zeichnerin war bereits als Schülerin in Ecuador, es folgten Reisen nach Argentinien und in die USA, in die Türkei, nach Syrien, in den Libanon und nach Israel. Bulling lebt in Berlin, verbringt ihre Sommer aber regelmäßig in Frankreich. Im Sommer 2012 war sie im Rahmen des Comic-Transfers des Goethe-Instituts in Paris. In ihrer ersten Graphic Novel Im Land der Frühaufsteher arbeitet Bulling mit Pinsel und Aquarellfarben und fängt so die Spontaneität des Zeichenprozesses ein. Was für die junge Autorin eine gute Illustration ausmacht? Lebendigkeit, Spaß, Poesie.

Hendrik Dorgathen – Vielschichtige Plakativität

Hendrik Dorgathen, geboren 1957, gehört zu den eigenständigsten und renommiertesten Comic-Autoren Europas. Nach dem Abitur studierte Dorgathen Kunstpädagogik und Evangelische Theologie in Duisburg, ab 1983 Kommunikationsdesign an der Gesamthochschule Essen. Er zeichnete schon früh Comics, verdiente sein Geld jedoch als Illustrator. Dorgathen liebt die Popkultur, er spielt virtuos mit den offensichtlichen und hintergründigen Bedeutungen ihrer Ikonen und jongliert mit Zitaten und Verweisen auf Comics, Filme, Popmusik und die bildende Kunst. Seine Comics sind vielschichtiger, als es ihre Plakativität vermuten lässt – und ihre Buntheit kann den pessimistischen Grundton nicht kaschieren. 2012 wurde sein Gesamtwerk im Kunstmuseum Mühlheim an der Ruhr präsentiert, eine Ehre, die bislang nur wenigen zeitgenössischen Comic-Künstlern und Illustratoren zuteil wurde. Seit 2003 ist er als Professor für Illustration und Comics an der Kunsthochschule in Kassel tätig.

Anke Feuchtenberger – Surreale Bildwelten

Anke Feuchtenberger © Foto: Julia Steinigeweg Anke Feuchtenberger Foto: Julia Steinigeweg
Anke Feuchtenberger, geboren 1963 in Ost-Berlin, ist die Grand Dame des deutschen Independent Comics. Ihr Werk ist äußerst facettenreich, es umfasst Gemälde, Zeichnungen, Plakate, Druckgraphiken, Kostüme, Marionetten, Trickfilme und natürlich auch Comics. Ihre frühen Comiczeichnungen sind von kantigen Umrissen dominiert, die in ihrer Gestaltungsart an Holz- und Linolschnittdrucke erinnern. Später verwendete die Künstlerin Kohle oder Bleistift zum Zeichnen. Ihre Erzählungen arbeiten oft mit surrealen Motiven und kryptischen Wortgefügen; zentrale Themen ihrer Arbeit sind Geschlechtlichkeit und Körperlichkeit. Durch ihre Lehrtätigkeit an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, wo sie seit 1997 als Professorin für Illustration tätig ist, prägte und förderte sie eine neue Generation deutscher Illustratoren und Comiczeichner, wie Sascha Hommer, Arne Bellstorf und Birgit Weyhe. Gemeinsam mit Stefano Ricci hat sie den Mami Verlag ins Leben gerufen, wo Geschichten junger Zeichner und Zeichnerinnen publiziert werden.

Flix – Cartoons, Comics, Illustrationen

„Was soll denn an Ihrem Leben interessanter sein, als an dem anderer Leute?“, wurde der Kommunikationsstudent Felix Görmann alias Flix von der Frau vom Prüfungsamt gefragt, als er sein Diplomarbeitsthema „Autobiografie“ anmeldete. Seine Abschlussarbeit Held wurde ein Erfolg und beim Comic-Salon Erlangen 2004 sogar mit dem Max-und-Moritz-Preis ausgezeichnet. Flix, geboren 1976, lebt und arbeitet als freier Illustrator und Comiczeichner in Berlin. Hauptberuflich verdient er sein Geld mit regelmäßigen Zeitungs-Cartoons, darunter die Serien Faust und Don Quijote für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die inzwischen auch als Buchausgaben vorliegen. Viel positive Resonanz erfuhr der Illustrator, Cartoonist und Comic-Zeichner auch für seine Graphic Novel Da war mal was… zur Geschichte des ehemals geteilten Deutschland, die ebenfalls ursprünglich als Zeitungs-Cartoon erschien (beim Tagesspiegel).

Aisha Franz – Junge Geschichten

Aisha Franz für tagesspiegel.de © © Aisha Franz Aisha Franz für tagesspiegel.de © Aisha Franz
Aisha Franz, geboren 1984, studierte an der Kunsthochschule Kassel bei Hendrik Dorgathen und lebt heute als Comiczeichnerin in Berlin. Ihr Debütalbum Alien erschien 2011 und erzählt von einem zehnjährigen Mädchen, das ein außerirdisches Wesen bei sich aufnimmt. Der Comic ist für Franz die „interessanteste Möglichkeit, Geschichten zu erzählen“. Vom Comic-Zeichnen leben kann sie allerdings noch nicht, ihren Unterhalt verdient sie über Illustrationsaufträge, Lesungen und mit ihrem Nebenjob. Zusammen mit sechs anderen Berliner Zeichnern gründete Franz den Selbstverlag und das Kollektiv „The Treasure Fleet“.

Jens Harder – Kolossale Comic-Epen

Für Leviathan, seinen fantasievollen und kolossalen Comic-Epos um einen Walfisch, erhielt Jens Harder beim Comic-Salon Erlangen 2004 den Max-und-Moritz-Preis für die beste deutschsprachige Comic-Publikation. An Beta... Civilisations, Part 1, dem zweiten Teil seiner als Trilogie angelegten Evolutionsgeschichte, arbeitete Harder vier Jahre. Hier erzählt er vom Wirken der Menschen, nachdem er im ersten Teil die Entstehung der Erde in vierzehn Milliarden Jahren auf 352 Seiten und 2000 Panels bildgewaltig abhandelte. Im Oeuvre des 1970 geborenen Zeichners finden sich auch zahlreiche liebevoll gestaltete Heft-Publikationen, die aufwendig gedruckt sind und sein Talent für ausgewogene Formen und Farben belegen. Jens Harder studierte Grafik an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee und arbeitet als freier Grafiker und Illustrator in Berlin.

Isabel Kreitz – Atmosphärisch dicht, historisch genau

Die Hamburgerin Isabel Kreitz, geboren 1967, gehört zu den ambitioniertesten Comic-Zeichnerinnen Deutschlands. In ihren Comics setzt sie sich sowohl mit dem Phänomen der Jugendkulturen auseinander, als auch mit historischen und politischen Ereignissen der deutschen Geschichte. Ihre Protagonisten bindet sie stets in einen geschichtlichen Kontext ein, meist mit einem lokalen Bezug zu Hamburg; für ihre Comics recherchiert sie akribisch genau die historischen Schauplätze und schafft mit ihrem realistischen Zeichenstil eindrucksvolle und zugleich atmosphärisch dichte Szenerien. Mit ihren Comicadaptionen von Erich-Kästner-Klassikern wie Pünktchen und Anton (2009) oder Emil und die Detektive (2008) wendet sie sich auch an Kinder und Jugendliche. 2002 wurde Isabel Kreitz auf dem 15. Erlanger Comicfestival mit dem Max-und-Moritz-Preis als beste deutsche Zeichnerin geehrt.

Ulli Lust – Die Kunst der narrativen Zeichnung

Ulli Lust © © Ulli Lust Ulli Lust © Ulli Lust
Der schonungslose Blick auf die eigene Person und die sie umgebende Gesellschaft ist eines der Markenzeichen von Ulli Lust. Die Zeichnerin, geboren 1967 in Wien und aufgewachsen in einer fromm katholischen Gegend, schmiss als 15-jährige die Schule und ging an eine Fachschule für Design und Modezeichnung nach Wien. In der Stadt lernte sie die Punk-Szene kennen und beschloss, nach Italien zu trampen. Von ihrem Italienabenteuer handelt auch ihre preisgekrönte Graphic Novel Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens, an dem sie vier Jahre arbeitete. Seit 1995 lebt Ulli Lust in Berlin, einer Stadt, in der sie sich „künstlerisch am besten entfalten kann“. Von der Kunsthochschule in Berlin Weißensee lernte sie die „Kunst der narrativen Zeichnung“. Beim Comic-Salon Erlangen 2014 wurde Ulli Lust als „Beste deutschsprachige Zeichnerin“ geehrt. Zuletzt erschien ihre Comicadaption des Romans Flughunde von Marcel Beyer. Sie betreibt zudem den Verlag für Bildschirm-Comics „Electrocomics“.

Mawil – Extrem persönlich

Mawill © © Mawill Mawill © Mawill
Dem Berliner Comic-Zeichner Mawil, geboren 1976 als Markus Witzel, ist gelungen, was bisher nur wenigen geglückt ist. Innerhalb kürzester Zeit und gleich mit seinen ersten Werken eroberte er in Windeseile die Herzen der comiclesenden Gemeinde und überzeugte die Kritiker auf ganzer Linie. Einer der Gründe dafür liegt sicherlich in seiner charmanten und ehrlichen Art, mit der er seine autobiografischen Erlebnisse erzählt. Seine extrem persönlichen Geschichten inszeniert er kunstfertig und flüssig in virtuosen Seitenlayouts, die er geschickt mit wechselnden Perspektiven arrangiert. Mawils alltägliche Adoleszenzgeschichten sind das Porträt einer Generation von Anfangzwanzigjährigen, die auf der Suche nach ihrer Identität sind. Seine neueste Publikation Kinderland wurde beim Comic-Salon Erlangen 2014 mit dem Preis für die beste deutschsprachige Publikation ausgezeichnet.

Birgit Weyhe – Expressive Erzählungen

Birgit Weyhe © © Birgit Weyhe Birgit Weyhe © Birgit Weyhe
Die Stärke der Geschichten und Zeichnungen von Birgit Weyhe, geboren 1969, liegt in der Reduzierung der Stilmittel und einer sehr dichten Art des Erzählens. „Jede Geschichte beginnt bei mir mit dem Wort“, erklärt Weyhe ihre Methode. Erst müsse sie alles aufgeschrieben haben, bevor sie mit dem Zeichnen anfangen könne. Darauf folgt ein mehrstufiger Schöpfungsprozess: „Die ersten Bleistiftzeichnungen zu den Panels sind grob, sie dienen nur der Orientierung. Die eigentliche Arbeit erfolgt mit Tusche und Pinsel“, sagt Weyhe. Diese Arbeitsweise führt dazu, dass sich die Geschichten im Lauf der Zeit noch stark verändern: Bei der Erzählung Im Himmel ist Jahrmarkt fielen mehr als ein Drittel der Zeichnungen wieder weg. Weyhe widmete sich erst mit 33 Jahren dem Zeichenstudium und studierte an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg u.a. bei Anke Feuchtenberger. Inzwischen arbeitet sie als Dozentin und Illustratorin für Magazine und Zeitungen. Alle zwei bis drei Jahr entsteht eine neue Graphic Novel.

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