Krisen und Kriege sind Perioden der Furcht. Wenn die Geschichte der europäischen Union, einem Hort globaler Stabilität, seit mehr als einer Dekade von Krisen und nun auch von einem Krieg in direkter Nachbarschaft geprägt wird, werden auf dem Kontinent individuell wie kollektiv Phänomene der Ungewissheit, der Beklemmung und der Sorge manifest. Damit konstituieren sich in der EU, in ihren Mitgliedstaaten und ihren Teilarealen Topographien der Furcht. Es erstaunt wenig, dass diese erheblich variieren. Während in Osteuropa Russland und klassische militärische Risiken als existenzielle Bedrohung betrachtet werden, sind es anderswo ontologische Verunsicherungen, also vermeintliche oder reale Unwägbarkeiten über Identitäten, die die Sorgenlandschaften dominieren. Dazu kommen Befürchtungen über die Zukunftsfähigkeit der EU, die ökologischen Bedrohungen auf globaler Ebene, aber auch über die Selbstbehauptungsmöglichkeit der eigenen ökonomischen Modelle. Es gibt zahlreiche Fragen, die weit über eine soziologische oder politische Analyse der Bedrohungswahrnehmung hinausgehen.
Welche historischen oder sozial-kulturellen Faktoren beeinflussen die Gestalt spezifischer Angstlandschaften in europäischen Gesellschaften? Wie formen Lage und Geographie kollektive Risikoeinschätzungen? Sind manche Gesellschaften gegen Angst oder bestimmte Befürchtungen immunisiert? Wer sind die Profiteure der Furcht? Wie kommen wir in Europa zu einem erfolgreichen Furcht-Management? Wie kann die Ambiguität von Furcht als etwas, das trennt, aber auch als etwas, das verbindet, konstruktiv angegangen werden?
Teilnehmer*innen:
Aus Deutschland:
Kai-Olaf Lang von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) aus Berlin.
Aus Katalonien:
Carme Colomina (Forscherin bei CIDOB)
Moderation:
Laura Rahola, Vertretung der EU-Kommission in Barcelona.
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