Der Weg in eine erfolgreiche Zukunft
Die Rolle der Formalbildung in der Spielebranche

Welche Rolle übernimmt die formale Bildung in der Videospielebranche?
© Goethe-Institut/ Max Mueller Bhavan

Die Videospielbranche ist in den vergangenen Jahren immer stärker in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt. Mit der zunehmenden weltweiten Verbreitung von Smartphones wurde auch der zuvor von einer anspruchsvollen technologischen Ausstattung abhängige Zugang zu diesem Unterhaltungsmedium erleichtert. Gleichzeit hat sich mit der Ausweitung von E-Sport-Angeboten, Streaming-Plattformen und Crowdfunding-Möglichkeiten das Nutzungsverhalten einzelner Bevölkerungsgruppen in Bezug auf Videospiele und spielerische Inhalte geändert.

Von Shagun Shah

Es sind aufregende Zeiten für die Videospielebranche, die mit vielen zusätzlichen Wachstumsmöglichkeiten für aufstrebende Spieleentwickler verbunden sind.

Doch wie genau funktioniert der Einstieg in die Branche? Welche Ausbildung ist sinnvoll, um diesen Berufswunsch zu verwirklichen? Wie können sich Bewerber*innen in dieser Wachstumsbranche von der trotz aller noch zahlenmäßig großen Konkurrenz abheben?

Erste Schritte

Wer eine berufliche Karriere in der Spieleindustrie anstrebt, sollte sich vorher ausführlich über die Beschäftigungsmöglichkeiten auf diesem Markt informieren.
Die erste Schritte © Goethe-Institut/ Max Mueller Bhavan
Videospiele setzen sich aus vielen unterschiedlichen Teilen zusammen. Um sie zu entwickeln, werden zahlreiche Kompetenzen benötigt, darunter kreative Fertigkeiten wie gestalterisches Arbeiten, die Steuerung von Nutzererfahrungen, Storywriting und Game Design sowie vornehmlich technische Kompetenzen wie Tontechnik, Softwareprogrammierung, Produktmanagement, Projektmanagement und Data Science.

In einem Studio finden sich diese Aufgabenbereiche in den Positionen „Spieledesigner*in“, „Systemdesigner*in“, „Concept-Artist“, „Trickzeichner*in“, „Sounddesigner*in“, „Produzent*in“, „Produktmanager*in“ und „Spieleprogrammierer*in“ wieder.

Wie in jedem anderen Berufszweig streben Menschen eine Karriere im Bereich der Entwicklung von Videospielen aus zahlreichen Gründen an: angefangen bei der absoluten Begeisterung für Videospiele bis hin zu dem Wunsch, herkömmliche Berufskenntnisse im Zusammenhang mit einem kreativen und technisch anspruchsvollen Medium anzuwenden.

Gehalts- und Karriereaussichten

Gehalts- und Karriereaussichten © Shagun Shah
Das Schaubild zeigt das Durchschnittsgehalt in Dollar für die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche in der Games-Branche in der westlichen Welt.
  • Bei den Karriereaussichten rangieren unternehmensorientierte Berufsprofile wie beispielsweise Projektmanagement üblicherweise am oberen Ende der Gehaltsskala.
  • Danach folgen die Tätigkeiten von Ingenieur*innen und Techniker*innen wie Programmierung und Tontechnik. Gestalterische Arbeiten und Trickzeichnen, Produktion und Design bewegen sich im Mittelfeld, Qualitätssicherung dagegen im unteren Feld.
Allerdings bietet der letzte Bereich für junge Berufsanfänger*innen oftmals den leichtesten Weg für einen Einstieg in die Branche. Oftmals schaffen Mitarbeiter*innen zudem den Aufstieg aus der Qualitätssicherung in andere Funktionen, die eine größere Spezialisierung erfordern. In Indien werden zwar andere Gehälter gezahlt, doch die Tendenz bei den Gehaltsstrukturen ist dieselbe.

Selbstorganisiertes Lernen versus formale Bildung

Selbstorganisiertes Lernen versus formale Bildung © Goethe-Institut/ Max Mueller Bhavan
Wer an einer Karriere in der Spieleentwicklung interessiert ist, kann einen Einstieg in die Branche auf verschiedenen Wegen schaffen.

Während in den meisten herkömmlichen Berufen ein einschlägiger gradualer oder postgradualer Studienabschluss verlangt wird, gibt es beim Einstieg in die Spielebranche ungeachtet der großen Nachfrage einige Schlupflöcher. Je nach angestrebter Funktion wird man feststellen, dass die Mehrzahl der Arbeitgeber*innen weniger Wert auf Hochschulabschlüsse und mehr Gewicht auf das Portfolio, d. h. auf den Nachweis der für eine Tätigkeit erforderlichen Kompetenzen und Fähigkeiten, legt.

Wer einen formalen Bildungsweg einschlagen möchte, sollte immer die im Bereich der Spieleentwicklung angestrebte Funktion im Blick behalten. Beispielsweise erfordern Aufgaben wie Game Design, gestalterische Tätigkeiten und Storywriting in der Regel die Vorlage eines Portfolios und das Ablegen einer Studioprüfung. Jobs im Produktmanagement und der Programmierung erfordern dagegen eher einen Hochschulabschluss in BWL oder Informatik.

Natürlich ist es möglich und sehr wahrscheinlich, dass man die Prozesse der Spieleentwicklung im Selbststudium erlernen kann. Trotzdem ist es nicht von der Hand zu weisen, dass ein strukturiertes Unterrichtsumfeld im Rahmen eines Hochschulstudiums womöglich die besseren Lernergebnisse bringt und insbesondere in großen Studios ein gewisses Maß an Legitimität verleiht. Abschlüsse mit einer Spezialisierung im Bereich des Videospieledesigns können künftigen Spieleentwicklern ebenfalls einen Vorteil gegenüber ihren Mitbewerber*innen verschaffen. Weil sie auf diese Weise einschlägige Kompetenzen mit Blick auf die angestrebte Karriere erwerben.

In dem Bereich „Game Design“ einsteigen

  • Wer im Bereich Game Design arbeiten will, benötigt in der Regel eine Kombination aus verschiedenen Fertigkeiten. Diese reichen vom Verständnis des Spieler*innenverhaltens über das Storytelling, die Dokumentation technischer Informationen, die Entwicklung mathematischer und physikalischer Modelle bis hin zum Verständnis der Nutzer*innenerfahrung. Aus diesem Grund ist es sehr gut möglich, mit einem Bachelor-Abschluss in freien Künsten oder Wissenschaften eine Karriere im Game Design anzustreben. Auch Abschlüsse in kreativem Schreiben, Regie, Psychologie, Informatik, Wirtschaftswissenschaften, Mathematik und Produktdesign können sinnvoll sein und eine besondere Perspektive auf eine Tätigkeit im Designbereich bieten.
     
  • Was gestalterische Aufgaben anbelangt, gibt es eine ganze Reihe möglicher Tätigkeiten, vom Character-Design und der Concept-Art bis hin zur Trickzeichnung und 3D-Modellierung. Angesichts der besonderen Fertigkeiten, die für einige der Aufgaben erforderlich sind, werden für potenzielle Spielekünstler*innen ein hohes Kompetenzniveau und Kenntnisse im Umgang mit den Standard-Tools der Branche vorausgesetzt. Für eine Tätigkeit in diesem Bereich ist das Portfolio der Bewerber*innen besonders ausschlaggebend. Die Aussichten, sowohl als Autodidakt*in als auch über den formalen Bildungsweg eine Anstellung zu finden, sind daher ausgesprochen gut.
     
  • Bei Aufgabenbereichen mit höheren technischen Anforderungen wie der Spieleprogrammierung verbessern sich die Einstellungschancen mit einem einschlägigen formalen Bildungsabschluss erheblich. Ein Bachelor-Abschluss in Informatik oder einem einschlägigen Ingenieurstudiengang wäre daher ausgesprochen vorteilhaft.

Mögliche Studienorte

Mögliche Studienorte © Goethe-Institut/ Max Mueller Bhavan
Was die Qualität der Ausbildung, der Zugangsmöglichkeiten und der Vernetzung sowie die Berufsaussichten anbelangt, finden sich die besten Studienmöglichkeiten für angehende Spieleentwickler*in vor allem in der westlichen Welt. Als Beispiele wären die University of Southern California, die Carnegie Mellon University und die New York University zu nennen.
 
Auch in Deutschland gibt es einige namhafte und ausgesprochen renommierte Universitäten, die keine oder nur geringe Studiengebühren verlangen. Wer einen Studienabschluss in Videospiel- und Multimediadesign machen möchte, kann Bachelorprogramme in Game Design an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin oder in Digital Games an der Technischen Hochschule Köln belegen.

Braucht man einen Master-Abschluss?

Während in anderen Berufszweigen ein Master von Vorteil sein kann, bildet ein höherer Bildungsabschluss keine zwingende Voraussetzung für eine Tätigkeit im Bereich der Spieleentwicklung. Vor allem dann nicht, wenn man zum Zeitpunkt der Bewerbung bereits Berufserfahrungen sammeln konnte. In der Videospielebranche gleicht kaum ein Job dem anderen – auch wenn die Berufsbezeichnungen dieselben sind. Bei vergleichbaren Voraussetzungen sind die Aufstiegsmöglichkeiten im Laufe der Zeit zunehmend an das persönliche Kompetenzportfolio geknüpft.

Dennoch sind Bildungsabschlüsse immer sinnvoll. Angesichts der Tatsache, dass ein Master-Abschluss eine größere Spezialisierung im Vergleich zu einem Bachelor-Abschluss bedeutet, ist es für Bachelor-Absolvent*innen aus branchenfernen Studiengängen immer sinnvoll, einen Master zu machen, um sich vor dem Berufseinstieg oder in Übergangszeiten zwischen zwei Jobs in bestimmten Bereichen zu spezialisieren. Ein Master wird von Arbeitergeber*innen mit allergrößter Wahrscheinlichkeit als Pluspunkt im Lebenslauf von Bewerber*innen gewertet.

Einstieg in die Industrie

Unabhängig vom persönlichen Bildungsweg gibt es einige wertvolle Strategien, die man befolgen sollte.
Ein Portfolio erstellen © Goethe-Institut/ Max Mueller Bhavan
Ein Portfolio erstellen

Durch den Nachweis von Kenntnissen in der Spieleentwicklung können künftige Arbeitgeber*innen die Kompetenz ihrer Bewerber*innen am besten einschätzen.

Es ist unerheblich, ob das Portfolio persönliche Projekte, Belegarbeiten oder bezahlte Auftragsarbeiten enthält. Wichtig ist, dass jeder Bestandteil von ausgesuchter Qualität ist und die persönlichen Fähigkeiten in den Bereichen Programmierung, gestalterisches Arbeiten, Nutzererfahrungen, Storytelling und Game Design herausstellt. Dies bedeutet nicht, dass die Projekte in der Mappe alle Bereiche der Spieleentwicklung abdecken müssen. Ein Portfolio, das eine spezifische Kompetenz in den Mittelpunkt rückt (z. B. Gestaltung, Programmierung, Storywriting), kann ebenfalls erfolgversprechend sein, wenn daraus die angestrebte Position klar abzulesen ist. Portfolios können ebenso gut auch Gruppenprojekte enthalten, sofern der persönliche Beitrag ersichtlich ist. Auf diese Weise wird zusätzlich ein Nachweis über die eigene Teamfähigkeit erbracht.

Gemeinsam Ideen entwickeln: Game Jams

Gemeinsam Ideen entwickeln: Game Jams © Goethe-Institut/ Max Mueller Bhavan
Online-Game-Jams bieten eine großartige Gelegenheit, die eigenen Kompetenzen bei der Entwicklung von Videospielen zu verfeinern. Jams dauern in der Regel zwischen 24 und 72 Stunden und drehen sich um ein Hauptthema, von dem sich die Teilnehmer*innen inspirieren lassen sollen. Mitspieler*innen können allein oder in Teams arbeiten. Der Schwerpunkt liegt eher auf der Entwicklung eines vollständigen als auf der eines schönen und perfekten Spiels. Bei zahlreichen Game Jams und Wettkämpfen haben Entwickler*innen zudem Gelegenheit, sich Feedback und konstruktive Kritik zu ihren Spielen einzuholen.

Mit den Game Jams soll ein Anreiz zur Entwicklung von Inhalten geschaffen werden, die später für ein Portfolio überarbeitet werden können. Darüber hinaus erhalten aufstrebende Game Designer*innen durch die Teilnahme an Wettkämpfen die Möglichkeit, sich ein berufliches Netzwerk aufzubauen.

Einige Beispiele für Game Jams: Global Game Jam, Ludum Dare, Weekly Game Jam, Game Maker's Toolkit Jam und das Game Mixer Programm des Goethe-Instituts.

Zum Schluss

Den perfekten Ausbildungsweg für Spieleentwickler*innen gibt es also nicht. Je nach persönlichen Wünschen, Möglichkeiten und Vorlieben lässt sich das angestrebte Ziel sowohl auf traditionellem Weg über graduale und postgraduale Bildungsabschlüsse erreichen als auch über einen eher praxisorientierten Ansatz des selbstorganisierten Lernens. Letzten Endes kommt es vor allem auf die eigene Begeisterungsfähigkeit für eine Tätigkeit und auf die persönliche Bereitschaft an, neues Wissen zu erwerben und neue Wege zu erkunden.

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