von Lanah Haddad aus Erbil
Das Assyrische Reich

Lanah Haddad W
Salam Yousry © Goethe-Institut

Lanah Haddad wurde in Erbil geboren. Ihre Mutter kommt ursprünglich aus Kirkuk und ihr Vater aus Chanaqin; die Familie zog zunächst nach Bagdad, dann, aufgrund der politischen Lage unter dem Saddam-Regime, nach Erbil und später nach Deutschland, als Lanah sechs Jahre alt war. Dort durchlief sie ihre Ausbildung und absolvierte 2015 einen Master in Archäologie und Altertumssprachen wie Akkadisch und Sumerisch. 2016 begann sie ihre Promotion an der Universität in Frankfurt.
 
Lanah begeistert sich leidenschaftlich für Archäologie und die diversen Kulturen Mesopotamiens. Sie hat viele Ideen, die im Laufe ihrer Arbeit mit deutschen und internationalen Teams in Ägypten, Jordanien, Syrien und besonders Irak entstanden sind. Nun lebt sie in Erbil und bereitet ein Projekt vor, das vom  Projekt Aktionsbühne Irak unterstützt wird.

Das Assyrische Reich

Lanahs Projekt mit dem Namen Das Assyrische Reich ist ein Brettspiel. Lanah möchte das Wissen, das Archäologen über die Region zusammengetragen haben, an die Einheimischen weitergeben. Infolge der Emanzipation der Archäologie als Wissenschaftsdisziplin hätten Ausländerinnen und Ausländer – v.a. Reisende, Missionare, Diplomaten, Sammler und Archäologen – große Teile des kulturellen Erbes der Region mit oder ohne offizielle Genehmigung ins Ausland mitgenommen, erklärt sie. Nun erlaube das Gesetz die Entfernung und den Export archäologischer Funde ins Ausland zwar nicht länger und doch, meint Lanah, gehe etwas verloren: nämlich jenes Wissen, das Archäologinnen und Archäologen sich in der Region aneigneten, aber nicht an die Bevölkerung vor Ort weitergegeben hätten. Detaillierte Berichte verblieben innerhalb exklusiver Wissenschaftskreise und der Öffentlichkeit präsentiere man nur kurze Artikel. Lanah möchte mit ihrem Projekt diese Kluft zwischen den Menschen der Region und dem kulturellen Erbe vergangener Zivilisationen schließen.
 
Das Brettspiel ist in den Sprachen Arabisch und Kurdisch (Sorani/Bahdini) und basiert auf archäologischen Funden und historischen Fakten. Das Spiel besteht aus einem Spielbrett und zwei Kartensets – Spielkarten und Baukarten. Es ist für zwei Spielende gedacht, von denen beide je einen König repräsentieren: Assurbanipal und Sanherib. Ziel des Spiels ist es, der König mit dem größten Reich zu werden. Fünf Großstädte des Assyrischen Reichs werden im Spiel eingeführt: Assur, Nimrud, Dur Scharrukin, Ninive und Arbail. Die Baukarten beinhalten sechs Entwicklungsstadien einer Siedlung: Wohnraum, Werkstätten, Befestigungsmauer, Khan, Tempel und Palast.
 
Das Handbuch zum Spiel bietet detaillierte Informationen zu allen vorkommenden Charakteren – wie den beiden Königen – und die verschiedenen Berufe während der Neoassyrischen Epoche (Priester, Schreiber, Soldat, Baumeister oder Händler) sowie zu allgemeinen Entwicklungsstadien von Siedlungen. Dem Lesenden wird auch zu den fünf Städten der historische Hintergrund und Kontext geboten.
 
Lanah glaubt, dass das assyrische Erbe nicht nur für heutige Chaldäer oder Assyrerinnen relevant sei. Sie hält es für falsch, anderen Ethnien, die die Region bewohnen, davon auszuschließen, denn auch sie formten einen Teil des Mosaiks der Diversität an Menschen und Kulturen. Mesopotamien habe nie nur aus einer einzigen Ethnie oder Kultur bestanden und die Idee von einer Nation mit einer einzigen Sprache und Kultur sei ein nationalistisches Konzept westlicher Nationalstaaten der Moderne. Die Geschichte und Zivilisation Mesopotamiens zeigten jedoch, dass Diversität schon immer ein Merkmal der Bewohner dieser Region war.
 
Lanahs Projekt dient nicht nur zur Förderung von Toleranz und Multikulturalismus, sondern ist auch ein wichtiger Schritt dahin, das Wissen über altertümliche Zivilisationen den heutigen Menschen der Region verfügbar zu machen.

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