von Rebeen Faraj Hamafariq aus Sulaymaniyah
Sind wir süchtig?

Rebeen Hamarafeeq W
Salam Yousry © Goethe-Institut

Rebeen Faraj wurde in Sulaymaniyya geboren. Er hat am Institut für Schöne Künste und an der Universität von Sulaymaniyya studiert und mit einem Bachelor in Bildender Kunst mit Schwerpunkt Malerei abgeschlossen. Er hat außerdem einen Abschluss in Kultur- und Kreativwirtschaft sowie einen Master in den Schönen Künsten von der Goldsmiths University in London. Gegenwärtig arbeitet er für das Kulturministerium und widmet sich daneben seiner Kunst.

Rebeen möchte Kunst in die Öffentlichkeit bringen und sie in den Dienst gesellschaftsweiter Probleme stellen. Dieses Streben leitete ihn bei seinem Projekt Sind wir süchtig? Es ruft uns dazu auf, alle menschlichen Handlungen kritisch zu betrachten, einschließlich die der Kunstschaffenden, die vor ihren eigenen Kunstwerken wegzulaufen scheinen. Um diesen letzten Konflikt geht es Rebeen. Er vermutet, dass dogmatische Kunst an sich Künstlerinnen und Künstler verschiedenartiges  Suchtverhalten  bestärken würde und so eine Distanz zwischen ihm oder ihr und seiner oder ihrer Kunst geschaffen werde.
 
Aus Rebeens Sicht plagt diejenigen, die im Bereich von Kunst- und Kulturproduktion tätig sind, ein Problem: Sie haben das Gefühl, ihren „Appetit“ zu verlieren. Dieser Zustand sei besonders im Nordirak sichtbar, wo Kunstschaffende sich von Kunst und Kultur distanziert hätten. Die Arbeit innerhalb enger dogmatischer Grenzen führe dazu, dass diese Künstlerinnen und Künstler ihre eigene Arbeit nicht wirklich genießen könnten. Mit anderen Worten: obwohl sie ihre Arbeit ausüben, in der Hoffnung sie zu genießen, sind sie dazu unfähig, was einen Verlust von  Freude auf Kunst zur Folge habe.
 
Als Veranstaltungsort für sein Projekt wählte Rebeen die alte Tabakfabrik in Sulaymaniyya, da sie symbolisch für dieses Konzept stehe: Tabak, genau wie Kunst und Kultur, verspreche uns Appetit und Freude. Eine Zigarette zu halten, zum Beispiel, gebe uns die Illusion von Sexappeal; so suggerieren es uns auch die Werbungen der Tabakindustrie. Eine ähnliche Anziehung gebe es auch im Fall von Kunst und bei beidem, Kunst und Tabak, komme es zu einer Form von Zwängen und Sucht.
 
Mit Unterstützung der kurdischen Regionalregierung erlebt die alte Tabakfabrik gerade den Umbau zu einem Kunst- und Kulturzentrum. Diese Transformation, die eine Beziehung zu beidem hat, Zigaretten und Kunst, eignet sich für die Frage nach der Sucht, die Rebeen in seinem Projekt ergründen will. Eines seiner wichtigsten Ziele bestehe darin zu verhindern, dass die vom neuen Kulturzentrum veranstalteten Aktivitäten dogmatisch werden und so zu einer „Sucht“ nach den dort von der Kunst produzierten Erinnerungen führen.
 
Rebeen plant, jeden Donnerstag Workshops zur Diskussion des Themas Sucht zu veranstalten. Die in den Workshops entstehenden Ideen will er dann nutzen, um Diskussionsrunden oder einmonatige Ausstellungen zu organisieren. Die Gesamtdauer des Projekts soll ein Jahr betragen, während dem er insgesamt fünf Ausstellungen veranstalten will.
 
Das Projekt will Teilnehmende zum Diskutieren künstlerischer Ideen motivieren und die prägnantesten Punkte aus diesen Diskussionen werden den Kern der darauffolgenden Ausstellungen bilden. So soll die Verknüpfung zwischen Ideen, Kultur und Kunst gefunden werden und Kunstproduktion verständlich gemacht werden. Durch die Transformation der Kunst von einem Privileg zu einem allseits zugänglichen Gut hofft Rebeen einen Raum zu kreieren, in dem wichtige gesellschaftliche Problematiken diskutiert werden können. Es gibt mehrere Themen, die er gerne mit den Teilnehmenden behandeln würde, möchte ihnen aber gleichzeitig nichts allzu Konkretes aufdrängen. Ein Thema, an dem gerade gearbeitet wird, sind Landkarten und ihre Beziehung zu Besatzungen. Rebeen will dieses Thema über die Mentalität des Besatzers hinaus beleuchten. Hierbei soll auf dem Konzept von Macht und Ausbeutung aufgebaut werden. Wenn Macht einen Ort besetzt und das Beste für sich beansprucht, welchen Einfluss hat dies auf seine Mentalität? Welchen Einfluss hat Besetzung auf die Menschen, die unter ihr leben?
 
Die Workshops werden auf den sozialen Medien beworben und mit anderen Kontakten, die ebenfalls Ideen für Diskussionen haben, geteilt. In naher Zukunft sollen die Teilnehmenden der Diskussionen noch diverser sein.

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