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Inklusives Lernen und Lehren
Genderinklusive Sprache im DaF-Unterricht

Genderinklusivität
© Sharon McCutcheon

Sprachen und damit auch das Sprachenlernen sind eng mit Identität verbunden. Schon im Anfängerunterricht sprechen Lernende über sich selbst, ihre Erfahrungen und ihre Beziehungen zu anderen Menschen. Wie können Sie Ihren Lernenden helfen, Genderidentitäten außerhalb der maskulin-feminin Zweiteilung auszudrücken?

Von Dr. Steffen Kaupp

Warum brauchen wir genderinklusive Sprache im DaF-Unterricht? 

Nicht alle Lernenden in Sprachkursen identifizieren sich mit den binären Kategorien „männlich“ oder „weiblich.“ Vielmehr ist Gender, das soziale Geschlecht von Menschen, als breites Spektrum zu verstehen. Aber wie lässt sich dieses Spektrum im Deutschen abbilden? Außerhalb der offiziellen Normen der deutschen Sprache gibt es viele Möglichkeiten für einen genderinklusiveren Sprachgebrauch. Lehrkräfte können im Unterricht einen Beitrag zur Sensibilisierung für genderinklusive Sprache leisten, indem sie ihre Lernenden darauf aufmerksam machen.

Geschlechtsidentitäten sichtbar machen

Beim Sprachenlernen ist es notwendig, dass wir Nomen benutzen, die sich auf Personen beziehen. Die deutsche Sprache folgt hier traditionell einem binären Geschlechterverständnis, männlich und weiblich. Sie bietet mittlerweile aber auch einige Möglichkeiten, um ein breites Spektrum an Genderidentitäten sichtbar zu machen. Durch das Binnen-I, zum Beispiel „LehrerIn“, wurde versucht, das generische Maskulinum zu ersetzen. Aber auch diese Schreibweise bildet nur ein binäres Konstrukt ab. Zwei inklusivere Möglichkeiten sind der Gender-Gap (Herrmann 2003) (Student_in) und das Gendersternchen (Student*in). Die Lücke und das Sternchen stellen das Spektrum der Geschlechtsidentitäten dar. Im Unterricht können wir mit dem Gendersternchen oder dem Gender-Gap Aufgabenstellungen inklusiver machen. Auch Fotos bieten die Möglichkeit, Inklusion visuell sichtbar zu kommunizieren. Hierfür gibt es tolle inklusive Bilddatenbanken, wie zum Beispiel die "Disabled And Here Collection" oder "The Gender Spectrum Collection".
Freund*innen auf einer Party  | © DR. STEFFEN KAUPP Freund*innen auf einer Party | © DR. STEFFEN KAUPP | © The Gender Spectrum Collection

Genderneutrale Alternativen verwenden

Das Gendersternchen und der Gender-Gap machen es einfach, genderinklusive Varianten von Nomen zu schaffen, zum Beispiel wird aus „Freund“ und „Freundin“ dann „Freund*in“. Für Lernende (und auch Lehrende) ergeben sich dadurch aber auch gewisse sprachliche Herausforderungen, da manchmal grammatikalische Informationen verloren gehen. Schreibt man zum Beispiel „Ich sehe eine*n Köch*in“, dann ist den Lernenden nicht ersichtlich, dass die maskuline Singular-Form „Koch“ und nicht „Köch“ ist. Das Problem lässt sich umgehen, indem Sie Ihren Lernenden genderneutrale Formen beibringen, wie zum Beispiel „Studierende“ oder „Lernende“. Es gibt im gängigen Sprachgebrauch keine genderneutrale Alternative für ein Nomen? Dann zeigen Sie Ihren Lernenden, wie sie durch kreativen Sprachgebrauch binäre Konstruktionen vermeiden können: So wird „der*die Teilnehmer*in“ einfach zu „die teilnehmende Person“ oder „der*die Chefin“ zu „die Führungskraft“.

Anwendung im Unterricht

Die Lernenden erhalten eine Liste von 3 – 4 Nomen (zum Beispiel der*die Sänger*in; der*die Arbeiter*in; der*die Fensterreiniger*in). Bei diesen Nomen sollen sie die Gendersternchen-Form in genderneutrale Varianten  verwandeln. Aus „der*die Sänger*in“ wird dann zum Beispiel „die singende Person“ oder „der*die Fensterreiniger*in“ wird zu „die Fensterreinigungskraft“. Für den Anfängerunterricht eignet sich auch eine Rechercheaufgabe, bei der die Lernenden, für eine Auswahl an Nomen genderneutrale Alternativen finden, zum Beispiel auf der Webseite https://geschicktgendern.de/.
Recherche im digitalen Genderwörterbuch Recherche im digitalen Genderwörterbuch | © Dr. Steffen Kaupp

Genderinklusivität fernab von Nomen

Ein genderinklusiver Unterricht hört natürlich nicht mit den Nomen auf. Häufig verwendet wird auch das Personalpronomen xier, das in der deutschen Transcommunity entstanden ist. Auf Illi Anna Hegers Webseite findet man ausführliche Erklärungen zur Benutzung dieser Pronomen. Wie bei den genderneutralen Nomen ist es am wichtigsten, bei den Lernenden ein Bewusstsein für diese Pronomen zu schaffen. Das bedeutet nicht, dass diese im Detail eingeführt und diskutiert werden müssen. So lässt sich das Thema Pronomenwahl zum Beispiel ansprechen, indem bei einer Vorstellungsrunde einfach die Frage „Was ist dein Pronomen?“ gestellt wird. Genderinklusivität wird somit zum Teil des aktiven Sprachgebrauchs. Wenn Lernende sowohl genderneutralen Nomen als auch Pronomen regelmäßig im Rahmen authentischer Sprechanlässe begegnen, wird deren Gebrauch normalisiert, was sehr zur Inklusion von nicht-binären Personen beiträgt. 

Raziskave v digitalnem slovarju spolov Raziskave v digitalnem slovarju spolov | © Dr. Steffen Kaupp

Aber das steht doch alles nicht im Duden!

Ein genderinklusiver Sprachgebrauch ist eng mit breiteren Diskussionen zum Thema Gender- und Geschlechtsidentität verbunden. Deutschlehrkräfte, die in unterschiedlichen kulturellen Kontexten unterrichten, müssen die lokalen Bedingungen und kulturellen Diskurse zum Thema Gender mit der Vermittlung eines modernen, inklusiven Deutschlandbilds in Einklang bringen. Viele dieser sprachlichen Strukturen sind zwar noch nicht offiziell im Duden festgehalten. Eine unserer wichtigsten Aufgabe als Lehrende ist jedoch, eine Lernatmosphäre zu schaffen, in der sich alle Lernenden repräsentiert fühlen. Und die Vermittlung sprachlicher Mittel zum Ausdruck vielfältiger Genderidentitäten ist ein wichtiger Teil dieser Inklusion.


 

Literaturhinweise

  • Herrmann, Steffen (2003): Performing the Gap – Queere Gestalten und geschlechtliche Aneignung. Arranca! Ausgabe 28, November, S. 22 - 26.
  • Djavadghazaryans, Angineh. ’Please Don’t Gender Me!’ Strategies for Inclusive Language Instruction in a Gender-Diverse Campus Community.” Diversity and Decolonization in German Studies. Hrsg. Regine Criser and Ervin Malakaj. New York: Palgrave, 2020. 269–287.

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