Geschichte der Kurischen Nehrung
Die Chronik der Schule zu Nidden
In dem Buch Chronik der Schule zu Nidden wird ein wertvolles Dokument aufgearbeitet, welches beeindruckend die Geschichte der Kurischen Nehrung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts darstellt.
Im Jahre 1923 legte der Hauptlehrer der Schule Nidden in der Kurischen Nehrung– Henry Fuchs – eine umfassend mit Bildmaterial und Zeitungsausschnitten ausgestattete Chronik an, welche die Geschichte der Schule darstellt. Durch einen glücklichen Zufall wurde diese in den Wirren des Zweiten Weltkrieges in den Westen gelangte Chronik bei einer Auktion in Berlin durch Dr. Gitanas Nausėda entdeckt und erworben.
Diese Schrift liegt der Publikation Chronik der Schule zu Nidden zugrunde. Sie enthält zudem einen während der Bearbeitung der Publikation aufgetauchten, älteren Teil der Schulchronik von 1894 bis 1924, sodass das Werk insgesamt drei Dokumente umfasst.
In eindrucksvoller Weise wird so die wechselvolle Geschichte dieses bezaubernden Landstrichs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dokumentiert. Das zwischen 1894 und 1944 mit viel Sorgfalt geführte Jahrbuch ist wie die Schulhymne oder -flagge eine Ehreninsignie einer bestimmten Einrichtung und Sinnbild für deren Entstehung und Entwicklung. Die Lehrer reihten nicht nur trocken Schultätigkeit, Ereignisse und Fakten aneinander. Sie schilderten überdies mit viel Einfühlungsvermögen Alltag und Feste, Sorgen und Träume der Dorfbewohner und geben uns so einen ausführlichen Einblick in die Geschichte von Nidden und Umgebung.
Somit ist das Manuskript der Chronik der Schule zu Nidden viel mehr als nur ein vom Sturm des Krieges in fremde Lande getragenes Jahrbuch. Es ist eine historische Quelle, die uns die Geschichte einer einzigartigen Gegend in Litauen – der Kurischen Nehrung – und seiner nicht minder einmaligen Bewohner in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor Augen hält. Die Chronik leistet, was gewöhnliche Dokumente oder Quellen nicht zu leisten vermögen – mit viel Vorstellungskraft lässt sie nicht nur den Ort selbst, sondern auch die hier lebenden Menschen, die Gemeinschaft im Wandel der Zeiten vor Augen auferstehen.
Um sowohl deutsch- als auch litauischsprachigen Lesern den Zugang zu erleichtern, wurde beschlossen, eine Veröffentlichung in zwei separaten Bänden – im deutschen Original und in litauischer Übersetzung – herauszugeben. Es wird geplant, die litauische Veröffentlichung 2014 herauszugeben.
Beispiel aus dem Buch: Schulgesetze der Schule Nidden
Schulgesetze für die Schule Nidden (Auszug aus den für die Würtembergischen Volksschulen vom ev[angelischen] Consistorium in Bibelworten abgefaßten Gesetzen. Vergl[eiche] Palmer’s evangelische Paedagogik. Ordnung des Schullebens, pag. 121.)- Art[ikel] 1. Gott der Allmächtige ist Schöpfer und Herr deines Lebens. Ihn habe du überall, auch in der Schule vor Augen. Wandle vor Gott und sei fromm.
- Art. 2. Ehre und liebe deine Lehrer und folge ihnen, auf daß sie ihr Amt mit Freude tun und nicht mit Seufzen, denn das wäre dir nicht gut.
- Art. 3. Während des Unterrichts sei achtsam und lernbegierig, daß kein gutes Wort auf die Erde falle. Sei nicht träge zu lernen und zu thun, was dir aufgegeben ist. Bendige deine Zunge vor bösem Geschwätz; sei kein Einbläser und dulde auch keinen; du betrügst sonst und wirst betrogen.
- Art. 4. Wende deine Augen ab, daß sie nicht sehen nach schändbaren Dingen und deine Ohren, daß sie nicht darauf hören; behüte deine Lippen, damit sie nicht ausreden, deine Hände, daß sie sich nicht an fremdem Eigenthum vergreifen, und dein Herz, daß es nicht nach Bösem gelüste.
- Art. 5. In und außer der Schule enthalte dich alles unartigen und wil- den Wesens; laß kein wüstes Geschrei von dir hören auf der Gasse. Ein sanfter stiller Geist ist köstlich vor Gott.
- Art. 6. Sei freundlich und gefällig gegen deine Mitschüler; gib dem, der dich bittet, und vergilt nicht Scheltwort mit Scheltwort. Aber wenn dich die bösen Buben locken, so folge ihnen nicht und mache dich nicht fremder Sünde theilhaftig.
Chronik der Schule zu Nidden. Herausgegeben von Gitanas Nausėda und Vilija Gerulaitienė, Vilnius: Petro ofsetas, 2013, 330/(13) S., Halbleinen. ISBN 978-609-420-298-8
Die Publikation kann auf folgender Website bestellt werden: