Geschichten aus der Bažnyčių gatvė, einer Straße in Tauragė

Tauragė

Projekt „Litauen in der Fläche: Verständigungstexte“
Audio-Feature: Renata Karvelis

Žemaitės (Bažnyčių) Strasse, Tauragė, XX a. Benjamino Pociaus nuotr.

Die Straße Bažnyčių gatvė in Tauragė hat großes Potenzial. Während der Weltkriege erlitt der städtische Körper der Stadt große Zerstörung, und die Bewohner der Stadt wurden von einer Erosion der Erinnerung betroffen. Unser Audio-Feature ist eine Einladung an die Hörerinnen und Hörer, aus der Perspektive der Einheimischen einen Blick auf die Bažnyčių gatvė zu werfen, die intuitiv als zentrale Achse der imaginären Altstadt verstanden wird.

Die Autorin der Erzählung, die Dichterin Renata Karvelis, will die Bažnyčių gatvė in Worte fassen, indem sie die Passanten auffordert, sich auf einem Street-Art-Objekt zu verewigen: auf der „Ich liebe dich“-Plane. Die Bažnyčių gatvė knüpft mit einem hauchdünnen Faden der Erinnerung die Verbindung zwischen den Tauroggenern der Vergangenheit und den Bewohnern der Gegenwart.

Der evangelisch-lutherische Pastor Mindaugas Dikšaitis erzählt, warum er beschlossen hat, die alte Mauer um die Kirche wieder aufzubauen.
„Als wir (die alte Mauer) abgerissen haben, haben einige gesagt „Hört mal, also vielleicht sollten wir gar keine neue bauen?“. Aber wenn es so eine Gefahr gibt, wenn wir jetzt mal zu so einer Struktur der Unterdrückung zurückkommen, unser Nachbar ist natürlich noch immer der alte... So Bau ohne Grenzziehung  würde dann doch unter so einen unbestimmteren Status fallen [...]“   

Nachdem Litauen seine Unabhängigkeit wiedererlangt hatte, betrieb die Familie Alijošius in der Bažnyčių gatvė ihre Geschäfte; heute befindet sich dort ein Hotel mit dreizehn Zimmern. Aufgrund der Vorstellung, dass die Bažnyčių gatvė bis zum Zweiten Weltkrieg in der Altstadt lag, bekam das Hotel den Namen „Altstadt-Apartements“. 2023 beschloss die Familie Alijošius zu expandieren und erwarb das alte Hotel „Tauragė“. Nach ihrer Ansicht ist das Entstehen neuer Hotels ein Zeichen für eine Entwicklung der Stadt in die richtige Richtung. Autorin: Die Lyrikerin Renata Karvelis, Autorin dieses Beitrags, hat das Buch „Stadt und Künstler. Kulturpfade in Tauragė“ (2023) und die den Lyrikband „mOterOs“ („FrAuen“, 2023) veröffentlicht. Sie arbeitet im Heimatmuseum „Santaka“ der Stadt Tauragė.

Übersetzung von Saskia Drude
© Goethe-Institut Litauen, 2023

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