Jakub Ekier empfiehlt
Strafe
Ein Werk, das auf den ersten Blick an Schirachs frühere Bücher Verbrechen und Schuld erinnert – eine Sammlung erschütternder Geschichten aus dem juristischen Alltag. Verbrechen, Gerichtsverfahren, Verurteilungen und Freisprüche. Und doch zieht uns der deutsche Bestsellerautor mit Strafe aufs Neue in seinen Bann. Von Schirach erreicht in diesem Buch eine noch größere erzählerische Ökonomie: Es gibt kein Wort zu viel. Und er beeindruckt abermals mit seiner Kunst, unausgesprochene Fragen zu stellen. Er lässt uns an der Unfehlbarkeit der Rechtsprechung zweifeln, die in diesem Buch noch machtloser erscheint als zuvor. Aber auch der Leser selbst stellt sich unwillkürlich die Frage, inwieweit er selbst befähigt ist, Urteile über andere Menschen zu fällen.
Der äußerst nüchterne Erzähler von Strafe maßt sich dieses Recht jedenfalls nicht an. Denn im Leben eines jeden von uns schlummert irgendwo eine Katastrophe, und in jedem von uns ein Straftäter – in einem Programmierer ebenso wie in einer Fotoreporterin. Eben dies scheinen die Mikrobiografien der Angeklagten uns sagen zu wollen. Mal wirken sie wie ein alarmierender Fingerzeig auf die menschliche Natur, mal wie ein Appell. Zur Demut? Zur Gnade? Dies werden kaum die Titel von Schirachs nächsten Büchern sein, dafür ist der Autor einfach zu bescheiden. Hauptsache, er schreibt noch viele davon.
Randomhouse
Ferdinand von Schirach
Strafe
Luchterhand Literaturverlag, München, 2018
ISBN 978-3-630-87538-5
192 Seiten
E-Book in der Onleihe des Goethe-Instituts ausleihen
Rezensionen in deutschen Medien:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Der Tagesspiegel
Perlentaucher
Deutschlandfunk
Stern