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VRwandlung
Kafka in der virtuellen Realität

Kafka und die virtuelle Realität
Kafka und die virtuelle Realität | Foto: Goethe-Institut

​„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.“ So beginnt eine der bekanntesten Erzählungen des 20. Jahrhunderts, „Die Verwandlung“ von Franz Kafka. Im Themenraum „VRwandlung“ erwachen Sie dank VR-Technologie als riesenhaftes Insekt in einem originalgetreu rekonstruierten Zimmer.

Von Tomáš Moravec

„Zuerst müssen Sie Ihre Schuhe ausziehen“ – so empfängt mich der Programmierer Eduard Fischer. Kaum schlüpfe ich in die gemütlichen Pantoffeln mit sonderbaren, an den Spitzen befestigten Sensoren, werde ich weiter aufgerüstet: Kopfhörer, Handbewegungscontroller und natürlich VR-Brille. So ausgestattet und verdrahtet warte ich einige Sekunden in absoluter Dunkelheit. Dann fängt es an: Ein Licht blinkt auf und ich finde mich im Jahr 1915, im Zimmer von Gregor Samsa in der Prager Altstadt und in einem völlig anderen Körper wieder.
 

Von der Buchseite in die virtuelle Realität

Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ beschreibt die Gefühle eines Vertreters, der eines Morgens im Körper eines Käfers erwacht; dabei wird nicht aufgelöst, wie und warum das geschehen ist. Der Schwerpunkt liegt eher in der Frage, wie er sich nun damit arrangieren wird: Wie werden die Eltern reagieren? Und was wird der Chef dazu sagen? Kafkas expressionistische Erzählung gibt auch nach mehr als hundert Jahren Rätsel auf. Das Prager Goethe-Institut lässt den armen Gregor Samsa nun in der fantastischen Welt der virtuellen Realität auferstehen.
 
„‚VRwandlung‘ überträgt Franz Kafkas Werk von den Seiten eines Buches in die virtuelle Realität. Der Held ist dabei nicht mehr Gregor Samsa, sondern Sie selbst“, erklärt Mika Johnson, der Regisseur, der mit seinem jungen Startup-Team den Themenraum „VRwandlung“ kreierte.

Что читает жук? Что читает жук? | Foto: Goethe-Institut

Ich bin Gregor Samsa

Und so ist es wirklich: In „VRwandlung“ bin ich Gregor Samsa. Ich bin ein ekliger, verwirrter Käfer. Mit wachsender Faszination und leichtem Grauen betrachte ich meine neuen Gliedmaßen: Sie sind lang, schmal, behaart und überhaupt sind es irgendwie ziemlich viele. Statt des Bauchs habe ich einen harten Panzer, in meinem Blickfeld zappeln meine eigenen Fühler. Und als ich mich zum ersten Mal im Spiegel erblicke, erschrecke ich. Hinter der Tür fängt mein Vater an zu schimpfen: „Gregor... Gregor, mach jetzt endlich die Tür auf.“
 
„Gerade Gregors Zimmer ist bei dieser ‚VRwandlung‘ das Beeindruckendste. Es macht dieses Projekt einmalig“, erklärt Vojtěch Jankovský von der Software-Firma Achtung4k. „Wir mussten uns die Erzählung wirklich im Detail anschauen. Nach Kafkas Beschreibung entstand ein sehr detailliertes Modell von Gregors Zimmer.“ Alles ist wie in der Erzählung: Der Sekretär mit Büchern, das weiße Metallbett, das Blumenmuster an den Wänden, die Koffer oder der Briefbeschwerer aus dem Dorf Zürau. „Dort, wo wir nicht weiterwussten, hat uns die Franz-Kafka-Gesellschaft geholfen. Die Titel der Bücher, die bei Gregor Samsa auf dem Tisch liegen, sind die gleichen, die Franz Kafka selbst in dieser Zeit gelesen hat“, fügt Jankovský hinzu.

Der geistige Vater der virtuellen Realität

„VRwandlung“ wird durch eine virtuelle Tour mit Reiner Stach, dem Autor der neuen Standard-Biografie Kafkas, ergänzt. Der Experte stellt nicht nur Kafkas Werk vor, sondern verweist gleichzeitig auf die Tatsache, dass er eigentlich der geistige Vater der virtuellen Realität sei. „Als begeisterter Kinobesucher und Betrachter stereoskopischer Bildserien hat er sich nämlich vorgestellt, dass ein zweidimensionales Bild eines Tages mit räumlichen Effekten verschmilzt und eine neue, komplett illusionierte Realität entsteht“, erläutert Stach.

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