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Rosinenpicker | Literatur
Schlimm, schlimmer, Camping

Frau mit Stoffbeutel (Buchcover: Kaspar: Echte Camper)
© Tyrolia / Canva

Campingurlaub? Ist für Benni ein Horrortrip. Erst als die Eltern seine Ängste und Wut akzeptieren, wird daraus für ihn ein großes Ferienabenteuer.

Von Roswitha Budeus-Budde

Sommerferien auf dem Campingplatz. Wenn es um dieses Thema geht, wird in vielen Kinderbüchern von Freiheit und Abenteuer pur erzählt, von fröhlicher Anarchie ohne Pflichten und ohne die Aufsicht der Erwachsenen. Alles mündet schließlich in die Vorfreude auf den nächsten Campingurlaub. Doch bis die bei dem 12jährigen Helden in Echte Camper oder wie Benni Papas Traumurlaub überlebte endlich zündet, geht er durch seine private Campinghölle.

Dabei fingen Bennis Ferien gut an. Sein Vater gewinnt einen Campingbus! Endlich kann er sich seinen Herzenswunsch erfüllen, von Wien aus bis nach Griechenland zu fahren und unterwegs zu campen. Er freut sich so sehr auf dieses Abenteuer mit der Familie. Während Bennis Mutter dagegen leicht skeptisch ist, platzt Bennis kleine, wilde Schwester ebenfalls vor Vorfreude. Und Benni selbst? Der merkt schon bald, dass er viel lieber ins Hotel will. Er braucht eine pikobello saubere Umgebung, leckeres Essen, ein gutes Bett und ein eigenes Klo. Dazu einen Swimmingpool, denn er hasst freie Gewässer und besonders das Meer, weil es ihn vor allem graust, was darin schwimmt und treibt. Und statt immer mit seiner kleinen, nervigen, trubeligen Schwester abhängen zu müssen, wünscht er sich Kinder in seinem Alter.

Ekel (fast) ohne Ende

Die Autorin Ella Kaspar hatte wohl die eigenen Familienerlebnisse im Campingbus und auf den Zeltplätzen noch in Erinnerung, als sie Benni nun alles das erleben lässt, was echte Outdoor-Freaks lässig ignorieren: Benny bricht der Schweiß aus, weil alle Campingplätze besetzt sind und sie immer weiterfahren müssen. Oder es gibt nur noch einen Platz neben den Müllcontainern. Als es beim Wildcampen zu einer Begegnung mit der Polizei kommt, erschreckt ihn das fast zu Tode.

Auch die intensive Nähe seiner Familie lässt Benni, der unbedingt Ordnung, Sauberkeit und Ruhe braucht, immer verzweifelter werden. Er schreibt eine Ekelliste, die fast wie eine Inhaltsangabe funktioniert, weil ihn die Autorin alles erleben lässt, was er darauf versammelt. Benni bemüht sich, Struktur in all das Abscheuliche zu bringen, indem er es nach Stufen beurteilt, zum Beispiel „Stufe 200 – Haare/Sand im Essen, Dreck im Bett“. Nächste Steigerung: „angerotzte Taschentücher, schwitzige, fremde T-Shirts, die Bennis Körper berühren, Gelsen am Körper, Sonnencreme.“  An Ekelhaftigkeit fast nicht zu toppen: „Stufe 900 – Urin, Kotreste am Klo oder auf der Straße sehen: Erbrochenes, Abwassertank, Gulli.“ Die Suche nach sauberen Toiletten und Waschanlagen – er ist noch traumatisiert vom Mobbing in der Grundschule nach einem miesen Kloerlebnis – gleicht für Benni mittlerweile einem Alptraum.

Aber die Klo-Misere führt auch zum Wendepunkt der Geschichte: Ein Unwetter zieht auf, und Benni muss im Bus auf das Töpfchen seiner Schwester gehen. Er verlangt daraufhin mit aller Kraft ein Hotel, weil er endlich eine saubere Toilette haben will. Sein Vater aber beschließt stattdessen, wild zu campen. Da wird es für Benni alles nur noch schlimmer. Er schnappt sich sein Zeug und will dieses Elend verlassen.

Und so kommt es zu dem Moment, in dem der Vater zum ersten Mal die Nöte seines Sohnes begreift. Demokratisch wird nun in der Familie entschieden, es noch ein einziges Mal auf einem anderen Campingplatz zu versuchen. Glücklicherweise sind die Verhältnisse dort so, wie sie sich der Junge wünscht. Das endlich geäußerte Verständnis der Eltern hilft ihm, seine Abneigungen zu überwinden. Benni freundet sich sogar mit einer Gruppe gleichaltriger Kinder an. Dazu gehört ein Mädchen, das ihn ermuntert, seine Angst vor dem Meer einzugestehen. Zum guten Schluss erlebt der bis dahin so unglückliche Junge eine Woche voller verrückter Abenteuer und erfreut sich am Leben in Zelt und Wohnwagen.

Crashkurs vor dem Urlaub

Ella Kaspars Camper-Odyssee ist sehr zu empfehlen als Ferienlektüre für die ganze Familie. Man sollte das Buch vor dem ersten gemeinsamen Campingurlaub unbedingt zusammen lesen! Schön anzusehen ist es auch, dank der Illustratorin Sonja Stang: Die Karikaturen und Zeichnungen mit Pop-Art-Elementen bringen Sommerstimmung und Leichtigkeit in die Geschichte.
 
Ella Kaspar / Sonja Stangl (Ill.): Echte Camper oder wie Benni Papas Traumurlaub überlebte
Innsbruck: Tyrolia, 2024. 154 S.
ISBN: 978-3-7022-4193-3 (ab 9 Jahre und Familienlektüre)
Diesen Titel finden Sie auch in unserer Onleihe

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