Auszug aus dem Interview mit Loubna Alnabulsi und Mohamed Abd Alslam
Frau Alnabulsi und Herr Abd Alslam, erzählen Sie uns bitte von sich: Wie lange und in welcher Position arbeiten Sie am Goethe-Institut?
Loubna Alnabulsi: Ich bin Loubna Alnabulsi, komme ursprünglich aus Marokko und lebe mit meinem Mann (Palästinenser) und meiner Tochter seit 2012 in Gaza. Ich arbeite seit April 2014 als Sachbearbeiterin im Sprachbüro und bin zertifizierte Prüferin. Seit Januar 2018 arbeite ich auch als Assistentin der Institutsleitung für Programmarbeit in Gaza, habe seit Juli 2020 eine Lizenz zur Tutorierung und arbeite auch als Deutschlehrerin.
Mohamed Abd Alslam: Nach einem Pharmaziestudium und der Arbeit in Deutschland kam für mich der Zeitpunkt, wieder in die Heimat zu gehen. Ich habe alles hinter mir gelassen, aber ein Wunsch ist geblieben: in der Heimat ja, aber mit Deutschland weiterzuarbeiten. Da ich Deutsch sehr schön finde und immer für die Sprache der Logik gehalten habe, kam der Job als Deutschlehrer bei mir gut an. Er bedeutet nicht nur zu unterrichten, sondern auch Erfahrungen weiterzugeben. Wie ist das Leben in Deutschland? Wie sind die Menschen? Goethe Institut... Sprache, Kultur, Deutschland ist der einfachste und beste erste Schritt für die Zukunft in Deutschland.
Ich bin Online-Tutor, Lehrer und Prüfer für alle Stufen. Ich koordiniere Kurse und Prüfungen. Ich fühle mich wohl bei der Arbeit und habe viel Spaß daran.
In der Begründung der Jury heißt es: „Trotz der hohen psychischen, emotionalen und körperlichen Belastungen an diesem Ort haben Sie, Loubna Alnabulsi und Mohamed Abd Alslam, die Arbeit für das Goethe-Institut nie außer Acht gelassen. Ihr Engagement und ihre Loyalität müssen mit großem Respekt und großer Anerkennung hervorgehoben werden.“ Wie schaffen Sie das? Wie behalten Sie die Kraft für die tägliche Arbeit?
Es ist in der Tat sehr schwierig und gefährlich, in Gaza zu leben und zu arbeiten. Es gibt unzählige militärische Konflikte und von einer Minute auf die andere könnte sich die Lage drastisch ändern und eskalieren. Nichts und nirgends ist es sicher, es gibt keine Luftschutzkeller und keine Sirenen. Man fühlt sich ohnmächtig und hilflos. Aber die Kraft, die wir in der Arbeit stecken, bekommen wir zurück. Gerade an den ersten Tagen nach den Konflikten sind die Arbeit und der Umgang mit den Kund*innen wie eine Therapie, man macht dadurch einen Schritt in Richtung Normalität.
Liebe Frau Alnabulsi, Ihre Aufgaben umfassen neben der Spracharbeit auch die kulturelle Arbeit im Gazastreifen. Wie sieht die Programmarbeit in diesem schwierigen Kontext für Kulturschaffende aus? Was können Sie bewirken?
Die Lage im Gaza-Streifen ist durch die seit über zwölf Jahren anhaltende, umfassende Blockade katastrophal. Nicht nur die Ein- und Ausfuhr von Gütern und medizinischer Ausrüstung ist massiv eingeschränkt, auch die Ein- und Ausreise aus dem Gazastreifen ist für Palästinenser*innen nur unter strengen Ausnahmeregelungen möglich. Umso wichtiger ist die Kulturarbeit hier, wir ermöglichen Kultur- und Bildungsprogramme und fördern den interkulturellen Austausch.
Wir haben zum Beispiel ein sechsmonatiges digitales Programm mit Künstler*innen aus Gaza gestartet, das von einer Reihe herausragender Mentor*innen unterstützt wird. Das Projekt After The Turn steht für ein Konzept digitaler Bildung im Bereich der Künste. In Gaza stehen Künstler*innen vor massiven Herausforderungen – von mangelnden Materialien und Ressourcen bis hin zur künstlerischen Ausbildung und Entwicklung. Durch die Einschränkung des öffentlichen Lebens im Rahmen der Corona Pandemie wird nun weltweit erlebt, wie es ist, unter einer Blockade (also unter anderen Bedingungen) zu leben. Das ist für die Menschen in Gaza seit über zwölf Jahren Alltag.