Goethe_FM
Die Wurzeln der deutschen Popmusik
"Ende 1951 initiierte der Komponist und Musikwissenschaftler Herbert Eimert im Kölner WDR das Studio für elektronische Musik, das unter seiner Leitung und mit dem wachsenden Renommée Karlheinz Stockhausens zu einem Treffpunkt internationaler Komponisten wurde. In seinem Werk Studie 1 von 1953 benutzte Stockhausen Sinustöne (also reine, obertonfreie Töne) und Tonband-Maschinen. „Jeder existierende Klang, jedes Geräusch ist ein Gemisch solcher Sinustöne – ein Spektrum. Anzahl, Intervall und Lautstärkeverhältnisse solcher Sinustöne machen die Eigenart jedes Spektrums aus. Sie bestimmen die Klangfarben“ sagt Stockhausen im Textheft Elektronische Musik3. Durch ihre Addition ist die Klangfarbe eines Tonspektrums exakt zu komponieren," behauptet Marcus Schneider in seinem Artikel über Anfänge der elektronischen Musik.
Karlheinz Stockhausen
Der Klang der Zukunft
Eine andere deutsche Musiklegende ist eine Musikgruppe aus Düsseldorf. Über Kraftwerk und ihre mehr als 40 Jahre andauernden Erfolge auf der Musikszene schreibt der deutsche Journalist Thomas Winkler."Heute geben ganze Legionen von Musikern sie als Vorbilder und Inspiration an, zwei bis drei musikalische Genres feiern sie als Gründerväter und David Bowie ist ihr größter Fan. In der eigenen Heimat mögen sie immer noch umstritten sein, im Ausland aber gelten sie als der zweifellos gewichtigste deutsche Beitrag zur Geschichte der Popmusik."
Musik von allem Ballast befreien
"Mit ihren damals noch nicht im Computer erzeugten, sondern auf dem Schlagzeug eingespielten, aber dennoch maschinenhaften Rhythmen nahmen Kraftwerk in den Siebzigerjahren eine Musikrichtung vorweg, die erst in den Neunzigern erfunden wurde: den Techno. Eine erstaunliche Leistung, vor allem wenn man bedenkt, dass die damalige Rockmusik dominiert war von Langhaarigen, die sich in endlosen Solo-Improvisationen verloren, und ihren Antipoden, den Punks, die jedes allzu ausgefeilte Handwerk kategorisch ablehnten."„Ihre Musik klang wie Science-Fiction, in ihr übernahmen die Maschinen die Macht, das Serielle der industriellen Produktion wurde endlich in die Popkultur übersetzt. In ihrer ästhetischen Strenge sprengte die Kraftwerk-Musik jede damals herrschende musikalische Konvention.“
Auch die Idee, dieses radikale Gesamtkonzept mit einem konsequenten visuellen Erscheinungsbild zu ergänzen, war damals eine Neuerung. Bis heute treten Kraftwerk in einer uniformierten Bühnenkleidung auf, verziehen vor Publikum keine Miene, zeigen – Automaten gleich – keinerlei Emotionen. Zu Pressekonferenzen schickten sie Pappfiguren oder selbstgebastelte Roboterattrappen, ins Fernsehen dann später ihre digitalen Avatare. Für Kraftwerk gab es den Künstler nicht mehr, sie bezeichneten sich nicht einmal als Musiker, sondern als „Musikarbeiter“. Oder sie nannten sich gleich „Menschmaschine“.
„Dieses Konzept beeinflusste Generationen von Musikern. Der Synthie-Pop der Achtzigerjahre, Bands wie Depeche Mode oder Heaven 17, wären nicht denkbar ohne Kraftwerk. Auch die frühen Produzenten des Hip-Hop wie Afrika Bambaata liebten Kraftwerk und sampelten ihre futuristischen Sounds ausgiebig.“
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