AU COEUR DE LA LITTÉRATURE
Le Malheur de vivre oder eine Lebenslehre

Ndeye Fatou Kane
Foto (Ausschnitt): Stéphanie Nikolaïdis

Indem er die Notwendigkeit des Respektes vor  den Werten und Traditionen hervorhebt, ist Ndèye Fatou Kanes Roman, der das genaue Gegenteil von Vorurteilen ist, nicht nur die Erzählung einer Liebe, die tragisch endet.
 

Es geht um die Geschichte einer Tochter und ihrer Familie, die in Frankreich leben. Die Eltern Amadou und Mariam, die an ihre senegalesischen bzw. Pulaar-Wurzeln ganz fest glauben, wünschen, dass ihre Tochter Sakina ihre Wurzeln nicht vergisst. Diesen Wunsch kommt letzterer sehr entgegen, denn sie verfügt während ihres Urlaubs im Senegal, wo sie ihre Kousinen Bousso und Salimata wiedersehen kann – paradoxerweise -  über noch mehr Freiraum.
 
Als Sakina in August 1980 in Begleitung ihrer Cousinen eine Diskothek in Dakar besuchte, lernte sie den „boy Dakar“ (einen jungen Mann, der in Dakar einen unbekümmerten Lebensstil führt) Ousmane kennen. Das war Liebe auf den ersten Blick. Nur wenige Tage danach zögert die junge Frau aus Paris schon gar nicht, ihren Cousinen ihre Liebe zu Ousmane zu offenbaren, der ab diesem Moment und für immer den absoluten Vorrang im Leben des Mädchens haben wird.

Sakina wird zu einer « ungehorsamen » jungen Frau, die im Namen der Liebe, die sie für Ousmane empfindet, dem sie allerlei Geschenke macht, dazu fähig ist, ihre Eltern und Freunde zu trotzen. Als sie nach Paris zurückfliegen musste, war sie außerdem sehr traurig, was aber überhaupt nicht der Fall von ihrem Verliebter war, der nach ungerechtem Gewinn trachtet und der von der Idee besessen ist, eines Tages nach Paris zu fliegen.

In Begleitung ihrer Eltern flog Sakina im Sommer 1981 wieder nach Dakar. Trotz der Enthüllungen seitens ihrer Cousinen über  das wahre Gesicht von Ousmane bezüglich der Tatsache, dass er in Drogenangelegenheiten verwickelt war, machte Sakina ihrer Umgebung klar und deutlich, dass sie, was ihre Gefühle für Ousmane betrifft, vor nichts zurückschrecken wird.  

Infolge zahlreicher Verhandlungen war Amadou schließlich einverstanden, dass Ousmane seine Tochter heiratet. Gerade ab diesem Augenblick traf er, ohne es zu wissen, eine Entscheidung, die seine Familie in den Abgrund führen wird.  

Dank der Unterstützung von Sakina und ihrer Eltern Ousmane, der sich später in Frankreich niederließ, verwirklichte endlich seinen Traum. Sehr schnell musste die junge Frau feststellen, dass sie Studenten- und Eheleben nicht miteinander vereinbaren konnte. Sie gibt das Studium auf, um ihren Haushalt zu versorgen, wo ein raues Klima bereits herrscht.

Ousmane, der Alkoholiker ist und der als eingefleischter Besucher der Pariser Kneipen gilt,  war es total egal, als seine Frau später ein Mädchen gebar. In der Folge realisierte er aber, dass seine Tochter eigentlich die einzige Person ist, die für ihn zählt. Er  führte seine Frau Sakina in den Alkoholkonsum ein und überzeugte seine Schwiegereltern, ihre Tochter nach Dakar zu schicken, damit sie ihren Wurzeln nachspüren kann. Diesen Vorschlag nehmen sie an und geben ihm sehr viel Geld, damit er für den Haushalt seiner kleinen Familie ein Jahr lang sorgen kann. Ousmane verlässt seine Familie in Dakar und fliegt nach einem unbekannten Reiseziel. Amadou und Mariam werden ihre Tochter nie mehr wiedersehen. In Folge einer langen Krankheit und wegen des Untertauchens seiner Tochter stirbt inzwischen übrigens Amadou.

Sowohl was den Reichtum des Vokabulars und der Syntax als auch was die direkte Schreibweise betrifft, ist Ndèye Fatou Kanes Roman ein beeindruckendes, ergreifendes, leichtes und spaßig zu lesendes Buch. Und das Versprechen, das sie im Vorwort macht, d.h., dass das Buch eine „wirkungsvolle, strenge, klare, verständliche, elegante Schreibweise“ beinhaltet, ist tatsächlich klar festzustellen.  

Das ist ein leidenschaftliches Werk, aber neben der erzählten Geschichte, die äußerstenfalls tragisch endet, schildert die Romanschriftstellerin den ganzen Reichtum der Pulaar-Kultur oder schlicht und einfach den ganzen Reichtum ihrer Kultur. Ihr Roman macht eine Präsentation der Traditionen und stellt sich heraus als ein Beweis für den Habitus und das Substrat dieser Zeit.