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Studieren in Deutschland
„Am Anfang war ich ein bisschen nervös“

Aus aller Welt kommen junge Menschen nach Deutschland zum Studieren. Welchen sprachlichen und kulturellen Herausforderungen begegnen sie? Und welche Tipps haben sie für Interessierte? Acht Studierende aus vier Kontinenten berichten über ihre persönlichen Erfahrungen und verraten, wie sie das Studium gemeistert haben.

Anna Rozum Foto (Ausschnitt): Anna Rozum „Eigenverantwortung und Motivation sind das A und O“

Anna Rozum (17), Ukraine, 3. Semester Maschinenbau in Bochum

In einem Deutschkurs an einer privaten Sprachschule erfuhr ich von der Studienbrücke. Schon die Bewerbung für die Teilnahme war hilfreich. Vorher hatte ich nur vage Ideen gehabt, jetzt musste ich konkret begründen, warum mir das Studium in Deutschland so wichtig war: Ich hatte nicht viel Geld, wünschte mir aber eine Qualitätsausbildung. In diesem Land, das von der Autoindustrie geprägt  ist, konnte ich mir das gut vorstellen. Nach dem Vorstellungsgespräch nahm ich an einer dreiwöchigen MINT-Akademie in Bochum und Göttingen teil, die aus einem Sprachkurs, dem Besuch verschiedener Hochschulen und der Vorbereitung auf TestDaF und TestAS bestand. Hier wurde mir klar, dass ich an der Ruhr-Universität Bochum Maschinenbau studieren wollte. Als Teilnehmerin der Studienbrücke konnte ich mein Studium direkt nach der elften Klasse beginnen. In den ersten Monaten bereitete ich mich intensiv auf jede Vorlesung vor: Um auf Deutsch zu studieren, musste ich erst viele Fachbegriffe lernen. Wenn ich das Studium heute noch einmal beginnen würde, würde ich wieder eine kleine Lerngruppe mit russisch- oder deutschsprachigen Studierenden besuchen. Mir gefällt besonders, dass hier viel allein gelernt wird: Es ist wichtig, die Verantwortung für das eigene Studium zu übernehmen. Man muss Motivation mitbringen, um alle Prüfungsleistungen zu erfüllen.
 

Farhad Faraji Foto (Ausschnitt): Farhad Faraji „Ich arbeite hart und bekomme viel Unterstützung“

Farhad Faraji, (31), Iran, 1. Semester Business and Management Marketing in Wildau

Ich hatte in der Ukraine Radioelektronik studiert und fünf Jahre im Iran in meinem Beruf gearbeitet. Doch nach meiner Flucht nach Deutschland sagten mir meinen Bekannten, dass ein deutscher Abschluss hier mehr wert ist. Deshalb wollte ich nochmal studieren. Ich besuchte erst an der Volkshochschule drei Monate lang Deutschkurse und schloss die B1-Prüfung ab. Später bestand ich auch die B2-Prüfung und die C1-Prüfung. Dabei half mir, dass ich schon Englisch, Russisch, Spanisch, Türkisch, Arabisch, Ukrainisch und natürlich Persisch spreche. Dann konnte ich in einem berufsbegleitenden Fernstudium die wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnisse nachholen, um den Master in Business and Management Marketing zu beginnen. Anfangs hatte ich große sprachliche Probleme. Wörter wie „Betriebswirtschaft“ kannte ich nicht. Im ersten Bachelorsemester musste ich alle Prüfungen wiederholen, weil mir nicht klar war, worauf es ankommt. Aber schon im zweiten Semester lief es besser. Über die Volkshochschule fand ich eine Rentnerin, die mich beim Lernen unterstützte. Und meine Nachbarn halfen mir, indem sie meine Texte korrigierten. Ich finde es in Deutschland leichter, ältere Menschen kennenzulernen als jüngere. In der deutschen Sprache gibt es zwar Regeln, aber auch viele Ausnahmen. Und genauso ist es bei der Kultur: Manche Leute grüßen dich direkt, aber manche gucken dich zunächst gar nicht an. Ich versuche einfach immer, Kontakte zu knüpfen. So bin ich zum Beispiel jede Woche nach der Vorlesung zu meinem BWL-Professor gegangen und habe ihm meine Fragen gestellt. Und er hat sich gefreut, dass ich so fleißig bin. Ich dolmetsche auch nebenbei ehrenamtlich für andere Flüchtlinge und das hilft mir sehr beim Sprachenlernen.

  Carlos Tchoua Mbideth Foto (Ausschnitt): Carlos Tchoua Mbideth „In den Hochschulbibliotheken gibt es tolle Lehrmaterialien“

Carlos Tchoua Mbideth (29), Kamerun, 5. Semester BWL in Paderborn

Ich hatte in Kamerun schon den Bachelor und Master gemacht, aber ich wollte auch in Deutschland studieren, weil die Ausbildung hier besser und noch dazu kostenlos ist. An meiner Heimatuni besuchte ich Deutschkurse bis zum B1-Niveau und an der Uni Paderborn dann bis zum C1-Niveau. Die ersten Vorlesungen waren nicht einfach, das hat sich aber schnell verbessert. Am Anfang fühlte ich mich ein bisschen allein, weil nur ein Bekannten meiner Familie in Hannover lebt. Ich fand beim Fußball aber einige deutsche Freunde und die Gespräche mit ihnen halfen mir auch sehr beim Deutschlernen. Wenn ich Wörter nicht verstand, konnten mir auch meine Kommilitonen weiterhelfen, die ich in Lerngruppen kennengelernt hatte. Außerdem hatte ich schnell Kontakt zur Afrikanische Studierenden Gemeinschaft Paderborn. In den Prüfungen musste ich meine Meinung auf Deutsch ausdrücken, das fand ich am Anfang schwer. Auch mein Englisch musste ich verbessern, weil ich es im deutschsprachigen Studium brauche. Wer in Deutschland studieren möchte, sollte schon Grundlagen in Deutsch oder Englisch mitbringen. Man muss hier sehr diszipliniert sein, vor dem Semester seinen Stundenplan erstellen und sich an den eigenen Zeitplan halten. Der Kontakt zu den Professoren ist hier aber leichter, sie sind sehr nett. Und das Studium ist besser organisiert. Ich weiß jetzt schon, welche Veranstaltungen ich in einem Jahr besuchen werde. Die Bibliothek ist gut ausgestattet mit E-Books und vielfältigen Lehrmaterialien, die den Studenten helfen, das Fach besser zu verstehen. Und in den Lehrveranstaltungen gibt es Tutoren, die uns bei den praktischen Übungen helfen, das ist eine große Hilfe.

Lea Knezevic Foto (Ausschnitt): Lea Knezevic „Die Wissenschaftssprache unterscheidet sich von der Alltagssprache“

Lea Knezevic (21), Kroatien, 5. Semester Politik und Recht in Münster

Ich bin mit elf Jahren mit meinen Eltern von Deutschland nach Kroatien gezogen. Dort besuchte ich eine PASCH-Schule und nahm im Laufe der Jahre an verschiedenen Projekten des Goethe-Instituts teil, was meinen Wunsch bestärkte, in Deutschland zu studieren. Obwohl ich Deutsch neben Kroatisch als meine Muttersprache betrachte, war es anfangs schwierig für mich, auf Deutsch Hausarbeiten und juristische Gutachten zu schreiben. Auch in der gesprochenen Sprache musste ich mich verbessern, weil in einer wissenschaftlichen Präsentation ein anderer Stil gefragt ist als im Alltag. Ich habe also abends mit Unterlagen aus dem Studium, dem Internet und dem Deutschunterricht aus Kroatien an meinen Sprachkenntnissen gearbeitet. Außerdem musste ich mich in der Bibliothek mit dem politischen System Deutschlands auseinandersetzen, das die deutschen Kommilitonen selbstverständlich kannten. Auch methodisch lerne ich viel, zum Bespiel wie man Hausarbeiten gliedert oder wie eine inhaltlich und optisch gute Präsentation aussieht. Meine Professoren sagen, dass man nicht von heute auf morgen perfekt wird, sondern sein ganzes Leben lang lernt. Das motiviert mich. Toll finde ich auch, dass man an der Hochschule in Deutschland neben Theorie viel Praxis lernt, und dass Themen offen bearbeitet werden. Jeder kann sich dadurch seine eigene Meinung bilden und sich einbringen. Bei meinem Neuanfang damals in Kroatien und jetzt in Deutschland hat mir geholfen, dass ich auf die Menschen zugehe, gerne quatsche und Fragen stelle anstatt zu warten, bis jemand auf mich zukommt.

Wenqi Peng Foto (Ausschnitt): Wenqi Peng „Die Grammatik lernt man nur durch wiederholen, wiederholen, wiederholen“

Wenqi Peng (20), China, Studienvorbereitung Maschinenbau in Wildau

„Made in Germany“ ist in der ganzen Welt berühmt. Deshalb ist es mein Traum, ein Maschinenbaustudium in Deutschland abzuschließen. Ich habe in China angefangen, an einer Sprachschule Deutsch zu lernen. Mit dem B1-Niveau bin ich dann nach Deutschland gekommen, um am Studienvorbereitungsprogramm der TH Wildau teilzunehmen. Ich finde die Grammatik und den Wortschatz der deutschen Sprache schwer, vor allem die trennbaren Verben. Aber da hilft nur wiederholen, wiederholen, wiederholen. Die deutsche Lehrerin ist sehr gut. Hier ist Deutsch meine Umgangssprache und ich habe im Alltag, zum Beispiel beim Einkaufen, die Möglichkeit, mit Deutschen zu sprechen. Am Anfang war ich ein bisschen nervös, weil ich nicht wusste, ob ich neue Freunde finden würde. Aber ich habe schon Leute aus Pakistan und Aserbaidschan kennengelernt, das freut mich sehr. Ich spiele auch Basketball, um Kontakte zu knüpfen.
 

Meghna Sreedar Foto (Ausschnitt): Meghna Sreedar „Im Studienkolleg habe ich das Fachvokabular gelernt“

Meghna Sreedar (20), Indien, 2. Semester Informatik in München 

In Indien bin ich zu einer PASCH-Schule gegangen, weil sie in der Nähe meines Wohnortes war und ich mich für  Fremdsprachen interessierte. Unsere Schule und die Lehrer nahmen sehr aktiv an Projekten und Aktivitäten des Goethe-Instituts teil. Mir gefiel, dass ich etwas dazu beitragen konnte. Dann habe ich ein Stipendium für einen Jugendkurs bekommen, der in einer niedersächsischen Kleinstadt stattfand. Dort habe ich Schüler aus der ganzen Welt kennengelernt und an der Uni Göttingen viele Informationen zum Studium in Deutschland bekommen. Ich fand es eine gute Idee, hier zu studieren, weil ich mich für ein technisches Fach interessierte. Jetzt bin ich seit einem Jahr hier. Ich habe anfangs ein Studienkolleg besucht, da haben wir gelernt, technische Texte zu lesen und zu schreiben. Das hat mir sprachlich sehr geholfen. Besondere Schwierigkeiten hatte ich selbst am Anfang nicht. Das liegt sicherlich daran, dass ich in Indien im Schulunterricht nur auf Deutsch gesprochen und Texte geschrieben habe. Trotzdem verbessert sich mein Deutsch immer noch. Neu war für mich, dass wir Vorlesungen mit hunderten anderer Studenten besuchen. Man darf sich nicht allein auf die Vorlesungen verlassen, sondern muss sich mit den Materialien selbst hinsetzen und für die Uni lernen. Dafür ist es wichtig, dass man sehr motiviert ist.

Aleksandr Vlasov Foto (Ausschnitt): Aleksandr Vlasov „Wer motiviert ist und viel auf Deutsch kommuniziert, kann das Studium schaffen“

Aleksandr Vlasov (19), Russland, 3. Semester Biologie in Bochum

Ich habe seit der 7. Klasse in der Schule Deutsch gelernt und wollte in Deutschland studieren, um eine gute Bildung zu bekommen. Für die Teilnahme an der Studienbrücke, von der ich im Internet gelesen hatte, habe ich einen Motivationsbrief geschrieben. Nach dem erfolgreichen Vorstellungsgespräch habe ich dann mit den anderen Studenten aus Russland, Kasachstan, der Ukraine und Georgien Universitäten im Ruhrgebiet besucht sowie am TestDaF und am TestAS teilgenommen. Als ich meine Schulnoten gezeigt hatte, bekam ich eine Einladung und jetzt bin ich hier. In einem Vorkurs habe ich die Basiskenntnisse der Schulfächer Mathematik, Chemie und Physik gemeinsam mit deutschen und ausländischen Studierenden wiederholt. In einem Seminar der Studienbrücke wurde die Organisation des Studiums erklärt. Wer in Russland Biologie studiert, muss etwa auch Geschichte belegen. Hier lernen wir nur fachbezogene Fächer wie Chemie, Mathe und Physik, das gefällt mir gut. Am Anfang des Studiums hatte ich Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Im ersten Semester habe ich die Biologieprüfung deshalb nicht bestanden, aber im zweiten Semester hat es dann geklappt. Ich kommuniziere viel mit Deutschen und sehe die Nachrichten auf Deutsch, das hilft mir. Das Wichtigste ist, dass man wirklich in Deutschland studieren will und viel Zeit in das Lesen der Fachbücher investiert, um das Studium zu bestehen.

Nicole Aranibar Foto (Ausschnitt): Nicole Aranibar „Man muss sich trauen, vor vielen Leuten Deutsch zu sprechen“

Nicole Aranibar (25), Bolivien, 8. Semester VWL und Politik und 1. Semester Regionalstudien Lateinamerika in Köln

Ich habe in Bolivien eine deutsche Schule besucht, ab der 3. Klasse Deutsch gelernt und das deutsche Abitur gemacht. Mit 16 Jahren war ich für einen Schüleraustausch vier Monate in München bei einer Gastfamilie. Das war für mich eine andere Welt, die mir aber sehr gut gefallen hat. Deshalb wollte ich gerne in Deutschland studieren. Ich habe in Bolivien eine Ausbildung gemacht, eine Berufsschule absolviert und gearbeitet, um das nötige Geld anzusparen. Ich war von Anfang an begeistert davon, wie international die Uni Köln ist. Die lateinamerikanische Hochschulgruppe hat mich gleich aufgenommen. Das hat mir in der ersten Zeit geholfen, die nicht ganz einfach war, weil ich mich erst an die Sprache gewöhnen musste. In den Vorlesungen konnte ich nicht alle Worte verstehen, vor allem, wenn die Dozenten mit einem Akzent sprachen. In der Wirtschaft werden viele internationale und englische Wörter benutzt, das war kein Problem für mich. Aber in meinem Nebenfach Politik gab es viele Fachbegriffe, die ich noch nie gehört hatte und erst lernen musste. Den Wortschatz, der auf den Folien verwendet wurde, konnte ich gut nacharbeiten. Die Möglichkeit, in den Prüfungen ein Wörterbuch zu verwenden, habe ich nie genutzt, weil ich dadurch zu viel Zeit verloren hätte. Wer an einer großen Uni studiert, muss sehr extrovertiert sein und sich trauen, auch in großen Vorlesungen oder Seminaren etwas zu sagen. Anfangs habe ich unterschätzt, was es bedeutet, ein Studium in Deutschland zu organisieren. Es ist eine Herausforderung, zum ersten Mal für sich selbst, die eigene Wohnung, das Essen und vieles andere zu sorgen. Heute weiß ich, dass auch die Fachschaften Unterstützung bei der Organisation des Studiums anbieten. Ich würde jedem empfehlen, solche Angebote von Anfang an zu nutzen.

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