Franz Fühmann: Das ideale Publikum sind die Kinder
![Franz Fühmann, Schriftsteller DDR, März 1973, Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 183-M0323-0300, Foto: Katscherowski (verehel. Stark), CC-BY-SA Franz Fühmann, Schriftsteller DDR, März 1973, Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 183-M0323-0300, Foto: Katscherowski (verehel. Stark), CC-BY-SA](/lrn/prj/mlg/mmo/priv/9039160-STANDARD.jpg)
![Franz Fühmann, Schriftsteller der DDR, März 1973, Deutsches Bundesarchiv, Bild 183-M0323-0300, Foto: Katscherowski (verehel. Stark), CC-BY-SA Franz Fühmann, Schriftsteller DDR, März 1973, Deutsches Bundesarchiv, Bild 183-M0323-0300, Foto: Katscherowski (verehel. Stark), CC-BY-SA](/lrn/prj/mlg/mmo/priv/9039162-STANDARD.jpg)
„Die Kinder sind das dankbarste, das intelligenteste, das kritischste, das verständigste, das aufgeschlossenste, das sachkundigste, kurzum, das ideale Publikum.“ So überschwänglich lobte der Schriftsteller Franz Fühmann sein Lieblingspublikum. Dieses lag ihm so am Herzen, dass er die vielleicht erste Märchenerzählfirma der Welt gründete: Er verfasste Märchen auf Bestellung. Fühmann begann „Kundenwünsche“ anzunehmen, weil seine Enkelin Marsha ihn dazu aufforderte. Er hätte keine Geschichte für neunjährige Kinder? Dann, so Marsha, möge er eben extra eine schreiben. „Zum Beispiel über eine feuerspeiende Fee.“ Und so entstand das Märchen von der Fee, die Feuer speien konnte. Fühmann entführt die Leser in einen Wald, in dem es nie schneit, „hinter dem zweiundzwanzigsten Hügel zwischen Sachsen und Mecklenburg.“ Dort wohnt die Fee Anna Susanna Lachdochmal, die „lustig und luftig und duftig“ die Wolken zum Lachen bringt, so dass Schnee immer nur als Regen fällt. Bis der Winterkönig garstig wird und Kälte und Eis schickt. Aus der Not lernt die Fee nun das Feuerspeien vom benachbarten Drachen. Ebenfalls auf Bestellung entstanden ist das Märchen von Anna Humpelbein, einer Hexe, die humpelt und dann doch schneller laufen kann als alle anderen Fabelwesen. Ein Mädchen mit Behinderung hatte sich diese Geschichte gewünscht.
Großer Erfindungsreichtum
![Buchcover „Das Wintermärchen“ von Franz Fühmann, Hinstorff-Verlag Buchcover „Das Wintermärchen“ von Franz Fühmann, Hinstorff-Verlag](/lrn/prj/mlg/mmo/priv/9046646-STANDARD.jpg)
„Einmal die Ideologien des 20. Jahrhunderts und zurück, bitte.“
![Buchcover „Die Sage von Trojas Fall“ von Franz Fühmann, Hinstorff-Verlag Buchcover „Die Sage von Trojas Fall“ von Franz Fühmann, Hinstorff-Verlag](/lrn/prj/mlg/mmo/priv/9046664-STANDARD.jpg)
Shakespeare für Kinder
Ein wichtiges Anliegen war ihm dabei, berühmte Stoffe der Weltliteratur für Kinder verständlich zu machen und sie schon früh für die großen Texte zu begeistern. Angefangen bei antiken Mythen wie Troja und Odysseus (Das hölzerne Pferd, Irrfahrten des Odysseus), über mittelalterliche Sagen wie dem Nibelungenlied oder Reineke Fuchs, bearbeitete er auch Shakespeares Dramen. Nur „weil Kinder abends nur selten ins Theater dürfen und Theaterstücke meist nicht gern lesen“, dürfe man ihnen Theaterstücke nicht vorenthalten. So begann Fühmann, sie kindgerecht aufzuschreiben.
Ein Besuch im Elfenreich
![Buchcover „Irrfahrt und Heimkehr des Odysseus“, Hinstorff-Verlag Buchcover „Irrfahrt und Heimkehr des Odysseus“, Hinstorff-Verlag](/lrn/prj/mlg/mmo/priv/9046650-STANDARD.jpg)
Neuentdeckung Fühmanns
Fühmanns Bekanntheit ist vor allem in Ostdeutschland groß. Trotzdem waren seine Werke lange Zeit nur antiquarisch erhältlich. Der Rostocker Hinstorff-Verlag, der zu Lebzeiten Fühmanns seine Kinderbücher veröffentlichte, macht sich jetzt wieder neu um den Autor verdient. So erschien hier eine autorisierte Werkausgabe; seit 2002 werden außerdem viele der Märchen neu aufgelegt. Elke Heidenreich, eine der bekanntesten Literaturkritikerinnen in Deutschland, las die Märchen auf Bestellung für eine Audiobook-Veröffentlichung ein und weckte so das gesamtdeutsche Interesse für den Dichter. So kann sich nicht nur das „ideale Publikum“ auch heute noch an diesen wunderschönen Märchen erfreuen.ist Literaturwissenschaftlerin und Koreanistin und seit 2010 am Goethe-Institut beschäftigt.
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März 2012
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