Aktuelle Musik aus Deutschland  Popcast #10/2024

Popcast 10/24 grün © Karaoke Kalk

Mit Musik von: 

Die Nerven | Glitterhouse Records
International Music | Timeless Melancholic Music
Nitsch | Staatsakt
DYL & Senking | Karaoke Kalk
Principess | Trikont
Autorin und Sprecherin (Deutsch): Angie Portmann

Wir nehmen die letzten Stunden, fetten Jahre gerne mit

„Das Glas zerbricht und ich gleich mit“ Die Nerven

© Die Nerven/Glitterhouse
Deutschlands bestes Power-Rock-Trio Die Nerven um den Starproduzenten Max Rieger waren mittlerweile schon häufiger Gäste in der Popcast-Redaktion. Auf Wir Waren Hier (das siebte Album, wenn wir richtig gezalhlt haben) setzen sie ihre dystopische Vision der Zukunft der Welt fort, die zehn, wie gewohnt teilweise enorm krachigen Stücke sind ein einziger Abgesang auf die Menschheit. Texter, Sänger, Gitarrist und Produzent Max Rieger zeigt sich in all seinen Funktionen in absoluter Bestform, seine Wut, Abscheu und Frustration angesichts einer Gegenwart der Zerstörung und Kriege findet so vielfältigen Ausdruck, dass das Album einen Spannungsbogen aufbaut, der bis zum letzten Ton gefangen hält.
International Music

International Music | © Lukas Vogt

International Music tragen Alles mit Fassung. Betrachtet durch das Monokel von Hans Arp ist das leben doch ein Kinderspiel, und Sorgen kichern sich einfach weg. Vor einer Kulisse aus kompetent umgesetzten, dick aufgetragenen Folk-Pop-Hymnen, die auf dem neuen Album mal durchsetzt sind von hemdsärmeligen Americana-Elementen, mal mit den den für sie typischen Weird Folk Einflüssen und auch immer mal wieder mit zwinkernden Neue Deutsche Welle-Zitaten verziert sind. Endless Rüttenscheid, so der Titel des Albums, ist eine Art herablassende Referenz an an einen stark von Gentrifizierung betroffenen Bezirk ihrer Heimatstadt Essen, einer unscheinbaren aber vielbevölkerten Stadt im Zentrum Europas. Spöttische Ironie ist der Schutzraum dieser außergewöhnlichen Band, was bereits der Blick aufs Artwork verrät: Auch optisch geben sich die drei Herren etwas merkwürdig, aber immer freundlich (lächelnd), in abgestimmten Anzügen, lila Krawatten, bewaffnet mit einer einzelnen 12-saitigen Gitarre, die, wie auch die gesamte Produktion, bestimmt nicht ganz billig war, denn am Ende zählen doch wieder nur weltliche Dinge : „Weniger ist mehr, Nichts ist viel, Knie kaputt, Frisur ist scheiße“.
Nitsch

Nitsch | © Carina Pyrek

Der Türöffner für das Münchner Duo Nitsch ist ohne Zweifel, dass einer der beiden Musiker als Songwriter und Gitarrist der englischen Band Franz Ferdinand weltbekannt geworden ist, obwohl das Presseinfo des tollen Berliner Staatsakt-Labels diese Tatsache in für die Industrie seltenem Understatement verschweigt. Nick McCarthy hat aber nicht nur seinen Ruhm, sondern auch sein Talent als Songwriter mitgebracht. Gemeinsam mit dem Grazer Musiker und Schauspieler Niklas Mitteregger vermeidet er aber allzu direkte Referenzen an seine vorige Band. Vielmehr findet sich auf ihrem Debutalbum Bar von Josefine eine Reihe entspannter midtempo Popsongs, die wie es scheint ohne Druck produziert wurden. Das Album ist komplett auf Deutsch getextet, was bemerkenswert ist, genau wie das quasi akzentfreie Deutsch des Briten, einer notorisch schwer zu erlernenden Sprache.
 
DYL & Senking

DYL & Senking | © Karaoke Kalk, Roberta Rotariu (DYL), Michaela Hoffman (Senking)

Der Kölner Jens Massel aka Senking und Eduard Costea aka DYL aus Cluj-Napoca, einer äußerst lebendigen Studierendenstadt in Rumänien kennen sich schon lange, und kooperieren jetzt zum zweiten Mal für eine gemeinsame EP, Diving Saucer Attack. Die sechs Stücke, von denen zwei individuell produziert wurden, zeigen sowohl das gemeinsame Interesse des Duos an dublastiger, abenteuerlicher elektronischer Musik als auch die produktive Reibung, die durch die subtilen Unterschiede zwischen ihren jeweiligen Ansätzen entsteht. Noch weniger als bei ihren individuellen Tracks entlarven sich die beiden als gewiefte Komponisten, deren akustische Erzählungen voller unerwarteter Wendungen stecken.
 
Principess

Principess | © Sophie Wanninger

Das deutsch-italienische Trio Principess aus München zeigen der Welt, wie weit man mit Bass, Schlagzeug, ein paar Synthies und einer Orgel kommen kann. Der leichtfüßige Beat und die mal auf Deutsch, mal auf Italienisch vorgetragenen, oftmals dreistimmigen Texte der drei Frauen offenbaren dabei ein sehr unterhaltsames Talent, eine kritische, feministische, aber auch humorvolle und selbstironische Haltung zu vereinen. Abgerundet durch eine funkelnde Produktion voller eingängiger Popmelodien weisen die drei Musikerinnen den Weg in eine bessere Zukunft, selbst in Südtirol!
 
© DYL & Senking / Karaoke Kalk

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