Zungenbrecher und virale Hits – eigentlich kein Match. Doch dann kam „Barbaras Rhabarberbar“. Was es brauchte? Den Liedermacher Bodo Wartke, ein paar glückliche Zufälle und – natürlich – das Internet.
Die Menschen im Norden gelten als wortkarg. Der gebürtige Hamburger Bodo Wartke ist da allerdings eine Ausnahme. Bereits als kleiner Junge pflegt er eine Brieffreundschaft mit seiner Patentante, die zu besonderen Anlässen kurze Gedichte für ihn schreibt. Sehnsüchtig wartet er an seinen Geburtstagen auf den Briefträger, voller Vorfreude auf die neuen Zeilen. Reime aller Art faszinieren ihn von klein auf – sie bringen „die Sprache zum Klingen“, wie er später in Interviews erzählen wird.Eine Blüte des Bodoversums
Zunächst bleibt das Reimen jedoch ein privates Interesse. Als Sohn eines Ärzt*innen-Ehepaares schlägt Bodo zunächst eine gewöhnliche Laufbahn ein: Abitur, Zivildienst und ein Physikstudium in Berlin – doch dieses macht ihm keinen Spaß. Er überdenkt seine Berufswahl, entschließt sich, Musik auf Lehramt zu studieren, und absolviert schließlich eine renommierte Masterclass für talentierte Textdichter*innen in der Unterhaltungsmusik. In den kommenden Jahren geht er mit den unterschiedlichsten Programmen auf Tournee. Sein „Bodoversum“ ist vielseitig: von Liebesliedern und Popmusik über Zungenbrecher und Musiktheater bis hin zu antiken Dramen – kein Genre ist ihm fremd.Springen wir ins Jahr 2023: Bodo Wartke, mittlerweile in Deutschland etabliert, stößt im Internet auf den wohlklingenden Zungenbrecher „Barbaras Rhabarberbar“ – und kurze Zeit später veröffentlicht er gemeinsam mit Produzent Marti Fischer den gleichnamigen Song samt passendem Video. Das ulkige Deutschrap-Stück, in dem fast ausschließlich Wörter mit der Silbe „ba“ vorkommen, wird zu einem kleinen Internet-Hit und tausendfach geklickt. So weit, so gut. Die beiden Musiker sind zufrieden mit ihrem bescheidenen Erfolg. Ein paar Monate später nehmen die Dinge jedoch eine unerwartete Wendung: Die beiden jungen Australierinnen Stephanie und Christina tanzen zu „Barbaras Rhabarberbar“ und laden ihr Video auf TikTok hoch. Innerhalb weniger Stunden verbreitet sich der Tanz wie ein Lauffeuer – das Video und der Song gehen viral. Was als harmloser Spaß begann, entwickelt sich zu einem globalen Phänomen: Überall auf der Welt kennen die Menschen plötzlich Barbara und ihre Rhabarberbar. Fans laden eigene Choreografien hoch – von Uganda über die USA bis Mallorca. Wartke und Fischer landen sogar auf dem Titelblatt der New York Times und reagieren auf den immensen Hype mit einem eigenen Tanzvideo. Der Song und die zahlreichen Choreografien aus aller Welt werden millionenfach geklickt. Der Hype ist so groß, dass Wartke mittlerweile sogar im Ausland erkannt wird – eine völlig neue Erfahrung für den Künstler, dessen Karriere bis dahin abseits des internationalen Rampenlichts verlief.
Warum aber ist das Lied so erfolgreich? Wartke selbst hat darauf keine endgültige Antwort. „Vielleicht liegt es an der fröhlichen Melodie und der Liebe zur klangvollen Sprache – das scheint universell anzukommen“, erklärt er bescheiden. Eines jedoch ist sicher: Das Internet hat entscheidend dazu beigetragen, einige hartnäckige Klischees über deutsche Musik zu entkräften. Wer hätte nämlich gedacht, dass Deutschland einmal für seinen Humor und seine sprachliche Leichtigkeit gefeiert wird? Was auch immer das Geheimnis des Songs ist, eines steht fest: Der skurrile Zungenbrecher zeigt, dass Humor und die deutsche Sprache einander nicht ausschließen – im Gegenteil: Manchmal sind sie sogar ein überraschend harmonisches Paar. Barbaras Rhabarberbar = einfach unschlagbar.
November 2024