„Os últimos dias de Gilda” (The Last Days of Gilda) ist die erste brasilianische Serie auf einer Berlinale. Ausgezeichnet dargestellt von Karine Teles behandelt sie mit einer gewissen Leichtigkeit schwerwiegende Probleme der brasilianischen Gesellschaft. Im Interview spricht Regisseur Gustavo Pizzi über seine Arbeit.
Herr Pizzi, wieso haben Sie sich entschieden, das Stück „Os últimos dias de Gilda“ als Serie zu adaptieren?Schon als ich 2004 den Monolog von Rodrigo de Roure in der Regie von Camilo Pellegrini sah, mit Karine Teles als Protagonistin, wollte ich das Stück auf die Leinwand bringen. Ich war fasziniert von dieser freien, mutigen, unabhängigen Frau. Mein Gedanke war, immer so ehrlich wie möglich mit dem Grundgedanken des Originaltexts umzugehen und gleichzeitig die heutige Welt zu behandeln, im Hinterkopf immer ein Land nach dem Staatsstreich von 2016 und eine Welt, in der die extreme Rechte zunehmend Raum gewinnt.
Milizen und religiöser Radikalismus sind in Brasilien seit Jahren auf dem Vormarsch, was nun immer sichtbarer wird. Wie ist die Serie dort aufgenommen worden?
Wir hatten eine recht schöne Resonanz. Es gab viele Nachrichten, in denen sich Leute dafür bedankt haben, dass wir das Thema auf diese Weise aufgreifen. Ich habe das Gefühl, dass die Leute in Brasilien und auch anderswo in der Welt irgendwo zwischen Angst und Hoffnung schwanken. Wie Gilda. Viele Leute identifizieren sich mit der Figur und würden gern an ihrer Seite streiten, frontal dem begegnen, was sie alltäglich unterdrückt und vergewaltigt. Das Streben nach Gerechtigkeit und Freiheit eint viele Menschen schon immer und an vielen Orten.
The Last Days of Gilda. Brasilien 2020. Regie: Gustavo Pizzi. Im Bild: Julia Stockler, Higor Campagnaro. Berlinale Series 2021. | © Marcinho Nunes
Ist es seit der Prekarisierung kultureller Produktion in Brasilien, für das Fernsehen zu arbeiten für Filmschaffende eine Alternative geworden?
Das konventionelle Fernsehen gibt es noch, und es wird es auch noch für lange Zeit geben. Aber dieser Gestaltungsraum deckt nicht die gesamte Produktionskette der audiovisuellen Industrie ab. Wer im Markt bereits eine starke Stellung hatte, kann so überleben, aber wir reden von mehr als 300.000 Arbeitsplätzen, die in Brasilien in der Branche gerade verloren gehen. Wir werden von einer rechtsextremen Regierung bedrängt, deren Ziel, wie an vielen anderen Orten, die Zerstörung einiger traditionell kritischer Sektoren ist. Das Gefühl, wieder in einer Kolonie zu leben, wird hier bei uns, nach ein paar Jahren bedeutender Fortschritte, zunehmend deutlich.
März 2021