Familiäre Bande und Wurzeln  Aber ich bin am Leben

Dieses Haus könnte Geschichten erzählen. Jetzt wird ein neues Kapitel seiner Geschichte geschrieben.
Dieses Haus könnte Geschichten erzählen. Jetzt wird ein neues Kapitel seiner Geschichte geschrieben. Foto: © Barbora Halušková

Wie ist es, unerwartet eine Immobilie zu erben, an der man eigentlich gar kein Interesse hat? Wenn man sich gar davor fürchtet, darin zu übernachten? Es bleibt nichts anderes übrig als dieses „Geschenk“ unter die Lupe zu nehmen, zur Ruhe zu kommen und Wurzeln zu schlagen. Kristýna Boháčová beschreibt in ihrem Essay den Weg zur eigenen Emanzipation und Individuation.

Spätherbst 2021

„Vom ganzen zu Hause Eingesperrtsein fällt mir die Decke auf den Kopf. Ich halt das nicht mehr aus. Mutti und ich haben im Schrank ein Testament gefunden. Onkel hat dir das Haus vermacht.“ Was? Ich stehe hinter dem Nationaltheater, wir sind auf dem Weg in die Sauna. Ich schnappe nach Luft, schreie meinen Vater durchs Telefon an. Vermutlich der Beginn der Individuation, bemerkt meine Psychotherapeutin rückblickend. Warum haben sie mir das nicht gleich gesagt? Angeblich wollten sie mich schützen, mich nicht belasten (ich bin 30!) und das Schriftstück sogar verbrennen. Ein antikes Drama ist gar nichts dagegen. Corona sei dank: Durch die Isolation in der kleinen Wohnung in der Siedlung waren die schützenden elterlichen Zügel, die mir die Luft abschnürten, gelockert gewesen. Und warum hat er es mir vermacht? Mir, die in der ganzen Familie am wenigsten praktisch veranlagt ist, noch vor zwei Jahren mit einem Bein in Kanada im Kloster war.

Die eine Oma brach den Stab über mir, als ich mit zehn Jahren noch nicht häkeln konnte, sie habe dafür keine Nerven, solle ich mich doch verkriechen und lesen. Die zweite wiederholte immerzu, ich würde nie so schön werden wie die anderen, und als ich sie zu meiner zweiten Masterfeier einlud, fragte sie mich gereizt, wann ich endlich anfangen wolle zu arbeiten (gemeint war: am Fließband). Abwechselnd gabt ihr mir zu verstehen, dass wir in verschiedenen Welten leben, und dass euch die meine so gar nicht interessiert, also warum jetzt noch einen auf Familie machen?

Mein Onkel hat sich im Fabrikschichtdienst abgerackert, zehn Minuten entfernt von dem Haus, in dem er die letzten zwanzig Jahre mit meiner Oma gelebt hatte. Sie sind beide innerhalb eines Monats an den Folgen von Covid gestorben, er war noch keine 50, hatte weder Frau noch Kinder. Seit zwei Jahren besucht er mich in meinen Träumen und Bildern.

Herbst 2023

„Und warum wollen Sie nicht hier wohnen, Frau Boháčová?“ Meint er das ernst, oder ist ihm nicht klar, dass er seine Provision verschenkt? „Ich fühle mich hier nicht wohl.“ Fünf Sekunden Stille. „Aha.“ Habe ich nie. Immer, wenn ich hier übernachtet habe, bekam ich Bauchschmerzen. „Ich muss Ihnen sagen, ich verkaufe alles, bin ja als Makler des Jahres 2021 ausgezeichnet worden. Es reicht, das Haus vor der Besichtigung zu parfümieren, und schon wirkt es auf die Leute positiv. Sie werden sich hier total entspannen.“ Deine Zuversicht hätte ich gerne.
 

Auf Omas Beerdigung habe ich ihn am Brunnen umarmt. Bewusst und lange. Zum ersten Mal in meinem Leben.

Ende November 2021

Warum mir? Wenn ich ihn besuchen kam und mit ihm reden wollte, machte er belegte Brote und ging hinunter in den Keller. Dort schaltete er das Radio ein, rauchte, trank Bier. Er war allein. Auf Omas Beerdigung habe ich ihn am Brunnen umarmt. Bewusst und lange. Zum ersten Mal in meinem Leben. Die Vysočina, die Böhmisch-Mährische Höhe, ist eine urwüchsige Landschaft, die herbstlichen Ackerfurchen seufzen vor Einsamkeit, die Leute drücken ihre Gefühle nicht mit Worten aus, geschweige denn durch Berührungen. Eher durch belegte Brote. Zumindest bei uns. Ich habe ihm gesagt, er brauche in dem großen, ausgekühlten Haus nicht alleine zu sein. Bei meinen Eltern sei schon seit ein paar Jahren ein Zimmer frei, meine Schwester und ich wohnten nicht mehr dort. Meine Eltern seien zwar kein Hauptgewinn, aber zumindest lebendige Wesen. Du hast erleichtert gelacht.  

Frühling 2022

Alleinige Erbin des Nachlasses und der Schulden K.B. Überweisen Sie innerhalb von fünf Tagen die Summe von 363 520 Kronen auf das Konto soundso/undsoundso. Wie bitte? Mir flimmert es vor Augen. Die Schulden im sechsstelligen Bereich hat mir die Notarin verschwiegen. Der Schock trocknet mir gar den Tränenkanal aus. Ich schminke mich, ziehe mir meine glänzend-schwarzen Schuhe und meine rote Jeansjacke an und gehe zur Bank. Das müssen sie mir erklären. In der Bank schickt man mich zur Sparkasse. Nervös klackere ich durch die Prager Fußgängerzone Na Příkopě. Sie haben das Original der Sterbeurkunde nicht dabei? Tja, leider, leider. Ich breche in Tränen aus. Die letzten beiden Monate habe ich die Sterbeurkunde überallhin mitgenommen. Falls sie jemand im Supermarkt anstelle meines Personalausweises sehen will, wenn ich Wein kaufe. Heute habe ich allerdings nur eine Kopie dabei.

Die Sparkassen-Frau tröstet mich. Sie sieht zwar, dass sie den Auftrag wegen des fehlenden Dokuments nicht ins System eintippen kann, aber sie will mich auch nicht so verheult und verzweifelt unter die Leute lassen. Schade, dass man auf den Ämtern den Hinterbliebenen nicht automatisch Tranquilizer ausgibt. Alles werde gut, sie verschöben die Fristen, ich solle mir Zeit lassen, je nachdem, wie viel Kraft ich hätte. Ich habe überhaupt keine. Und eine Krise muss auch nicht immer eine Chance sein, wie Pfarrer-Celebrity Orko dauernd behauptet. Echt nicht.

Ich sitze perfekt gestylt in der Fußgängerzone, der Lippenstift hält, der Lidstrich zerläuft bis zum Hals. Um mich herum heulen die Laubsauger, und eine Mitarbeiterin des Straßenreinigungsdienstes der Hauptstadt Prag sieht mich mitfühlend an. Ich schreie sehr laut, telefoniere mit meiner Schwester.

Oktober 2021

Am Mittwoch haben wir telefoniert. Du hast mich gefragt, ob ich für Omas Grab lilafarbene Kunstblumen kaufen könnte, in Hlinsko hätten sie keine, in Prag aber schon. „In Prag habt ihr einfach mehr Auswahl.“ Ich nehme mir vor, am Wochenende bei den Olšany-Friedhöfen vorbeizugehen und sie dir am Montag mitzubringen. Als ich am Samstagmorgen aufwache, fühle ich mich eigenartig. Ich besuche die Messe in Prag-Liboc, Hieronymus von Prag sagt, es sei ein Glück, in Frieden zu sterben, und dass uns die Engel schützten. Auf dem Rückweg esse ich in einem Imbiss ein Würstchen. Zu Hause sortiere ich Socken, fühle Leere. Mein Vater ruft an, sagt, dass sie „bei dir sind“. Das verstehe ich nicht. „Er ist gestorben,“ höre ich.

Die Linde, die zu Omas Beerdigung letztes Jahr noch voller Laub war, hat nun ihre Blätter verloren. Ich blicke in die Ferne, auf die Ackerfurchen.

Statt zu den Olšany-Friedhöfen fahre ich zum Sparta-Fanshop und wähle dir einen Dress für den Sarg aus. Über nichts hättest du dich mehr gefreut. Als ich dir dort letztes Jahr zu Weihnachten ein Fähnchen gekauft habe, war mir das so peinlich. Was, wenn mich da einer aus meinem pomadierten Intellektuellen-Milieu gesehen hätte? Der Sarg wird weggefahren, die Nachbarn spielen auf der Trompete Näher, mein Gott, zu dir. Die Linde, die zu Omas Beerdigung letztes Jahr noch voller Laub war, hat nun ihre Blätter verloren. Ich blicke in die Ferne, auf die Ackerfurchen.

Februar 2023

Es schüttet, wir räumen den Keller aus. Ich ertaste die Knochen und Flügel eines toten Vogels. Schnell eine Tüte. Mein Gott. Wie ist der bloß hierhin gekommen? Wer hat ihn hier gelassen? Sofort verdrängen. Ich öffne einen Schrank und werde von einer Lawine stinkender Braník-Bier-Plastikflaschen erfasst. Ich stopfe sie in vier Säcke. Sechs Flaschen sind noch voll. Dichter Regen, Dunkelheit, ich gehe hinaus und gieße das Bier in den Gulli. Blicke auf den Schaum, der auf der Straße zurückbleibt.

Dezember 2021

„... also Besitz, wertlose Dinge des persönlichen Bedarfs.“ Wer hat das Recht, den Wert von Dingen des persönlichen Bedarfs festzulegen? „Die Gebühr für die Frau Notarin bitte binnen dreier Tage auf das Konto.“ Die Alleinerbin wird in den kommenden zwei Jahren das Nachlassverfahren noch zweimal eröffnen, die Frau Notarin hat hier und dort etwas übersehen. Die Gebühr ist jedes Mal fällig. „Und den Beschluss schicke ich an Ihre Mutter.“ Wieso denn meiner Mutter? Ich diktiere Ihnen meine Mailadresse. „Das können Sie sich doch wohl persönlich geben, oder?“ Professionalitätslevel gleich Null.

September 2022

Ich übernachte hier. Im Haus müffelt es ganz schön, weil nicht gelüftet ist (das wurde es nie) und alles vollgestopft mit Möbeln, Kleidung, Zeitungsausschnitten, Geschirr. 116 Quadratmeter, aber begehbar sind nur ungefähr zwei davon. Ich räume die Sachen zur Seite und schlafe ein, irgendwie müssen wir uns doch anfreunden. Ich mache das Licht an, drei Minuten später klingelt die Nachbarin. „Wollte nur mal nachsehen, ob hier vielleicht Einbrecher sind. Übernachtest du hier? Du meine Güte. Dann mal Tschüss.“ Kryštof sieht mich lange an, ob ich’s wirklich ernst meine. Ich weiß, er spürt die Last, auch wenn er nichts sagt. Auch ich sage nichts, entschlossen. Eigenartige Verbindung. Er umarmt mich und geht. Ich aktiviere meine Energy-Boost-Playlist, springe, schreie und versuche das Haus aufzulockern. Wie wenn ich mit jemandem auf eine Party gehe, der sich zwar danach sehnt zu tanzen, aber Panik vor dem Hüftschwung kriegt. Ein bisschen gelingt mir das. Aber unten schlafen kann ich beim besten Willen nicht, es gibt einfach keinen Platz für meine Isomatte, außerdem habe ich hier das Gefühl zu ersticken. Ich gehe nach oben in die erste Etage, die mein Großvater für seine Kinder gebaut hat.

Meine Mutter ist mit 14 ausgezogen ins Internat und mit 22 dann zu ihrem Mann, mein Onkel hat in seinem Kinderzimmer weitergewohnt. Bis zu seinem Tod. Oben sind die Wände nur grob verputzt, es wurde kein Boden verlegt, nackte Drähte, wie es heute in hipsta Cafés cool ist, die Fenster haben keine Griffe. Immerhin Platz, nur eine alte Küche und Kinderkleidung von mir und meiner Schwester, die unsere Eltern hier lagern. Ich lege mich hin und höre mir den Podcast Métamorphose an. Zwei weitere Stunden wälze ich mich hin und her, kann nicht atmen, von Verwandlung keine Spur. „Darf ich fragen, was hier bei euch los ist? Was hier noch immer festhängt? Lasst es doch verdammt noch mal los. Das ist doch lächerlich. Sechs Zimmer, und in allen habe ich das Gefühl zu ersticken.“ Das Haus antwortet auf meine Schreie gegen zwei Uhr morgens mit seinem leichenhaften Widerstand. Ich gehe zum Schlafen nach draußen. Lege meine Isomatte auf das nasse Gras. Es ist zwar bitterkalt, doch als ich mir die Sterne ansehe, atme ich endlich tief ein und aus.

Als der Morgen anbricht, habe ich das Gefühl, als liege auf mir ein massiger Männerkörper, der mir die Luft abdrückt.

Als der Morgen anbricht, habe ich das Gefühl, als liege auf mir ein massiger Männerkörper, der mir die Luft abdrückt. Ich schlüpfe aus dem Schlafsack, mache mir einen Melissentee, schließe das Haus ab und warte am Bahnhof zwei Stunden auf den ersten Zug. Die Vereinigung mit der Familie ist nicht eingetreten. Auf diesem Weg wird es nichts.

Dezember 2022

„Was grübelst du immerzu? Hör mal, du machst dir einfach zu viele Gedanken, du musst jetzt weitergehen.“ Ich verliere viele Leute, die Trost gesucht haben, wenn es ihnen dreckig ging, doch als ich Halt und Geborgenheit brauchte, haben sie sich aus lauter Unbeholfenheit herausgeredet. Einige blaue Flecken spüre ich noch heute.  

Januar-Dezember 2022

Ich schäme mich. Fühle mich peinlich. Es ist ungerecht. Wie viele Kinder im Jemen sollten besser an meiner Stelle sein. Ich wollte doch nie etwas besitzen.

Aber es geht nicht nur um 2 mal 116 Quadratmeter plus 760 Quadratmeter Garten. Das größere Spiel wird um die Übertragung von mit Unsicherheit angefüllten familiären Waden, mit Minderwertigkeit bemuskelten Schenkeln, eines vor Schuldgefühlen leeren Magens, von verkrampften Schulterblättern ohne Selbstbewusstsein und Köpfen voller Ablehnung ausgetragen. Gegen diesen Körper habe ich mich so lange gewehrt und war bereit, mich auch über den Ozean hinweg davonzumachen, um mich seinem Anblick nicht aussetzen zu müssen. Geschweige denn zuzulassen, dass er sieht, wie es mir geht.

Januar 2023

Bruch. Diese Familie birgt eine unheimliche Kraft. In sie eintauchen, ihr Raum geben, sie nicht verändern, die ganze Geschichte, so wie sie ist, umarmen. Und selbst gehen.

November 2021

Ich kann überhaupt nicht schlafen. Die ganze Zeit denke ich an sie. Wechsle von Johanniskraut zu Melisse zu Schlaftees. Nichts. Völlige Leere. Minütlich aktualisiere ich den Messenger und schaue nach, wer hinter seinem Namen den grünen Punkt hat. Er lebt. Noch.

Februar 2022

Ich gehe nun mit Barau regelmäßig ins Fitnessstudio. Martin macht sich im Theater darüber lustig, das hätte er nicht gedacht. Bloß kann das Lesen von Heidegger den Stress und die Enge nicht von mir abschütteln. Nur wenn ich wie blöd auf dem Laufband renne, die Geschwindigkeit beschleunige, mich auf meinen Atem / mein Schnaufen konzentriere, spüre ich, dass ich lebe. Ich habe überlebt. Ich lebe noch immer.

August 2023

Konstellationen, Meditationen, Adorationen, Theater Butoh, Rituale. Tanzen im Wald, im Studio, Salbei, Gebete, Saunagänge, Massagen, Briefe an die Toten, weiße und rote Rosen für jedes Jahr, in dem du dein Testament fertig hattest (elf Jahre), es mir gegenüber aber nie erwähnt, mich nicht einmal ein kleines bisschen darauf vorbereitet hast. Es hätte gereicht, es mir anzudeuten, schließlich bin ich mit einer gut entwickelten Vorstellungskraft gesegnet. Imagination aus der Wüstung Ležáky, wo die Großeltern arbeiteten, aber just am 24. Juni 1942 Mehl holen fuhren. Den Jahren der Knappheit, Bitterkeit, manischen Depression, der unehelichen Kinder auf dem Dorf, der Angst vor den Nachbarn, der Errichtung der Festung, die ich geerbt habe, hauche ich Leben ein. Ich strenge mich an. Nehme Kontakt zu Verwandten auf, denen ich noch nie begegnet bin, und lasse mir stundenlang erzählen von der Über-Drei-Ecken-Verwandtschaft mit dem Dichter Petr Bezruč, der beschlagnahmten Kuh in den 1950er Jahren und von Theateraufführungen in der Scheune.

Januar 2023

Sehr unsicher spreche ich Soňa vom Theater an. Sie kümmert sich als Hobby um Nachlässe und schafft es, selbst im größten Chaos und Überfüllung, die mich so furchtbar verunsichert und erschlägt, eine Ordnung zu erkennen. Und ein System hineinzubringen. Es ist mir unangenehm, um Hilfe zu bitten. Wir fahren zusammen nach Hlinsko, einmal, zweimal, siebenmal. Wir zollen dem chaotischen Durcheinander Aufmerksamkeit. An konkretem Kram sehe ich, in wie vielen Momenten sich die Familiengeschichte bricht. Wir bemerken die Einschnitte, fügen einzelne Dinge zu einem breiteren Netz zusammen, gestatten ihnen eine neue Geschichte. Ich spüre körperlich, wie ich Wurzeln schlage. Indem ich in die Vergangenheit eintrete, entscheide ich mich für die Zukunft.

Indem ich in die Vergangenheit eintrete, entscheide ich mich für die Zukunft.


Wir sortieren – ins Asylant*innenheim, für das Verein Vesna – entsorgen, fotografieren. Leute kommen. Ein älteres Pärchen, um die Kreissäge abzuholen. Der Mann sieht aus wie mein Großvater, feines Gesicht, scharfe, gebräunte Arme. Ein Vater mit seinem Sohn für den riesigen Schrank aus dem Schlafzimmer. Der Vater ist in seinen Anweisungen seinem Sohn immer zwei Sekunden voraus: „Wenn es anfängt zu rutschen, nimm besser Handschuhe.“ Prompt rutscht es. Diese Verbindung rührt mich. Ein jüngeres Pärchen mit Sohn holt Stühle und Schränke für die Garage ab. Der Kleine rennt sofort in den Garten und schreit, dass es ihm hier gefallen werde. Die Mutter holt ihn zurück in die Realität, sie hätten nicht vor, hier einzuziehen. Ein altes Tesla-Fernsehgerät für die Sammlung eines Transmannes aus Olomouc. Der Betonmischer für ein junges Pärchen aus Hradec Králové, das gerade ein Haus baut. Den Herd nehmen sich Rentner mit für ihr Wochenendhäuschen in Olešnice. Das Holz nehme ich für unsere Sauna in Prag. Das kurze Bett kriegt Pít’a für die Küche. Die Bettdecken bekommen die Ukrainerinnen in Brno. Die Schreibmaschine der Fundus des Theaters Husa na provázku.

Bewusst sperre ich das Haus auf, lüfte, setze es den Blicken aus. Ich erwärme es mit Nähe, Interesse und Aufmerksamkeit. Wo so lange Angst und verschlossene Türen herrschten, biete ich mit Respekt eine Alternative an. Ich sehe immer nur den nächsten Schritt vor mir. Habe nur Kraft für diesen einen Schritt. Tausendmal sage ich mir, dass mir schon nichts Absurderes mehr passieren kann.

In dieser Zeit habe ich furchtbare Rückenschmerzen. Das Haus ist wie mein Körper. Jede Veränderung spüre ich gleich auch körperlich. Ich will, dass jemand an ihm Gefallen findet, sich in ihn verliebt, ihn aufbricht und sich hier neu einlebt. Es soll ein Ort der Freude werden, der ersten Worte, der Sonntagsnickerchen auf der Terrasse, der aufgeblühten Dahlien und duftenden Strudel. Das wird es. Ich kann es sehen.
 

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