Interview mit Pieter Vermaas
Quantencomputing und Gesellschaft
Als Pieter Vermaas kürzlich gebeten wurde, auf einer Konferenz zum Thema Quantencomputing zu sprechen, wurde ihm die Frage gestellt: Wird die Quantentechnologie von der Gesellschaft abgelehnt werden? Für Vermaas war das die falsche Frage.
„Es herrscht die Mentalität: ‚Okay, wir entwickeln die Technologie. Dann brennt möglicherweise die Gesellschaft nieder.‘ Diese Denkweise … sollten wir vermeiden.“
Stattdessen meinen Vermaas und seine Kolleg*innen, zu denen auch Alexei Grinbaum gehört, dass die Quantencommunity die Gesellschaft dazu einladen sollte, bei der Richtungsbestimmung von Quanteninnovationen eine aktive Rolle zu spielen. Schließlich hoffen wir alle, dass Quantentechnologie zum Nutzen unserer gesamten Welt und Gesellschaft eingesetzt werden wird – die Gesellschaft sollte dabei mitreden können, wie das geschieht.
Vermaas und Grinbaum griffen auf ihre Expertise als Quantenphysiker und Wissenschaftsphilosophen zurück, um ein Manifest für die Richtung der neu aufkommenden Technologie zu verfassen. Sie möchten, dass sich die Darstellung von einer polarisierten Perspektive, bei der die Quantencommunity auf der einen Seite und der Rest der Gesellschaft auf der anderen Seite steht, hin zu einer kollaborativen Perspektive ändert, bei der Quantencommunity und Gesellschaft Hand in Hand an der Gestaltung unserer Quantenzukunft arbeiten.
Dazu müssen wir jedoch bei den Grundlagen anfangen und umdenken, wie Quantenmechanik diskutiert und gelehrt wird, wer Zugang zu der Technologie hat und wie ihre Fortschritte und Perspektiven der Öffentlichkeit kommuniziert werden.
„Quantentechnologie“ ist ein weit gefasster Begriff für alle Anwendungen, die die Gesetze der Quantenmechanik für die Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Geräten wie Computern, Kommunikationssystemen oder Sensoren nutzen. In diesem Bereich können eigentümliche Aspekte der Quantenmechanik wie „Überlagerung“, bei der sich ein Teilchen verhalten kann, als sei es an zwei Orten gleichzeitig, und „Verschränkung“, bei der zwei oder mehr Teilchen über riesige Distanzen verbunden sein und einander scheinbar direkt beeinflussen können, als neue „Ressourcen“ eingesetzt werden. Genau wie eine Wärmekraftmaschine die Ressource Wärme nutzbar macht, um Arbeit zu leisten, können auch Quantengeräte die neuen Quanteneigenschaften nutzbar machen, um neue Aufgaben zu bewältigen, die klassische Geräte nicht erfüllen können.
Es handelt sich dabei um eine ganz neue Art, über Quantenmechanik zu sprechen, frei von der „Spukhaftigkeit“ oder geheimnisvollen Aura, die normalerweise mit dem Thema assoziiert wird. Grinbaum hält das für wichtig. „Meiner Ansicht nach sollten wir uns von der Meinung ‚Quanten? Das kann ich gar nicht verstehen‘ verabschieden.“ Er glaubt, dass die Wiederholung abgedroschener Klischees wie „Niemand versteht Quantenmechanik“ dem Gebiet einen Bärendienst erweist. Natürlich gibt es nach wie vor offene Fragen zu den Implikationen der Theorie, aber diese Fragen lassen sich von Anwendungen der Theorie auf die Technologie trennen. Wir können auch Fortschritte machen, ohne Debatten über die Quantennatur der Realität wieder aufzuwärmen. Grinbaum stellt klar:
„Wir sagen natürlich nicht, dass diese Debatten verschwunden sind, aber es geschieht etwas Neues. Man muss sich nicht mit dem ganzen Erbe dieser geheimnisumwobenen Debatte über ‚Was ist real? Ist die Wellenfunktion real?‘ belasten, um über Quantentechnologien sprechen zu können. Diese Debatte gibt es noch, aber man braucht sie nicht. Wir müssen sie hinter uns lassen, um über Quantentechnologien zu sprechen. Wir müssen der Diskussion um Quantentechnologien in der Gesellschaft gar nicht den alten Nimbus, die alte Aura dieses Quantenmysteriums anhängen.“
Nicht nur ist diese Darstellungsweise unnötig, sie vergrault Menschen aktiv aus dem Gebiet. Wenn Fachleute als Personen gesehen werden, die Zugang zu diesem „unerreichbaren“ Wissen haben, wird zwischen ihnen und der breiteren Gesellschaft eine Spaltung vollzogen. Es liegt an den Fachleuten, diese Barriere niederzureißen und die Quantenmechanik zu entmystifizieren.
Vermaas und Grinbaum sind der Meinung, dass wir hier auf einem guten Weg sind. Bildungs- und Informationsinitiativen verschiedener Quantencomputing-Firmen und -Institutionen tragen zur Ausbildung einer neuen Generation zukünftiger Quantenphysiker*innen und -ingenieur*innen bei.
Für besonders spannend halten sie Rätsel und Spiele, die die Prinzipien der Quantenmechanik einsetzen. Diese Quantenspiele bringen den Nutzer*innen die Regeln der Quantenmechanik auf unterhaltsame und fesselnde Art bei, während gleichzeitig der Schwerpunkt darauf beibehalten wird, Quanteneigenschaften als verwertbare Ressource statt als obskures Mysterium zu behandeln. Quantenspiele werden immer beliebter. Sie werden in Klassenzimmern und anderswo eingesetzt und bei manchen, wie etwa beim Quantenschach, wo sich die Figuren in Überlagerungen und verschränkten Zuständen befinden können, während sie sich über das Spielbrett bewegen, gibt es öffentliche Turniere und Wettbewerbe.
Grinbaum hält es für wesentlich, dass die Öffentlichkeit zumindest ein allgemeines, intuitives Verständnis von den Regeln der Quantenmechanik hat. Geschichten und Analogien sind wichtig, um diese Botschaften zu vermitteln. Schrödingers Katze ist ein klassisches Beispiel. „Das Überlagerungsprinzip“ wirkt wie ein unbegreifliches und unverständliches Konzept, bis es mit etwas verbunden wird, das leichter vorstellbar ist: einer Katze in einem Kasten, die irgendwie sowohl lebendig als auch tot ist. Grinbaum fände es gut, wenn es mehr solche Analogien gäbe, um andere Aspekte der Quantenmechanik zu vermitteln. „Eine Katze ist gut, aber vielleicht brauchen wir noch ein paar andere Haustiere“, sagt er.
Diese Veränderung der Art, wie Quantenmechanik diskutiert und gelehrt wird, wird zu einer Veränderung der Dynamik zwischen Fachleuten und Öffentlichkeit beitragen, weg von einer polarisierten Mentalität, die die beiden Gruppen in Opposition zueinander stellt, und hin zu einer der Zusammenarbeit und Inklusion.
Ein ähnlicher Wandel muss in der Beziehung zwischen den Entwickler*innen der Quantentechnologie und dem Rest der Bevölkerung stattfinden. Quantentechnologie hat das Potential, zahlreiche Aspekte der Gesellschaft zu verändern und sogar zu Lösungen für den Klimawandel beizutragen. Sie könnte für die Öffentlichkeit von großem Nutzen sein. Aber wie Vermaas bei der Frage sah, die ihm auf der Quantenkonferenz gestellt wurde, sehen in der Quantenindustrie so manche die Öffentlichkeit als Hindernis für den Fortschritt.
Aber wem wird dieser Fortschritt zugutekommen, wenn nicht der Öffentlichkeit?
Vermaas warnt davor, einfach nur Fortschritt anzustreben, ohne zuerst die Rolle zu verstehen, die die Technologie in der Gesellschaft spielen wird. Diese Denkweise hat in der Vergangenheit zu einem „Wettrüsten“ mit anderen Technologien geführt und hat das Potential, das auch bei der Quantentechnologie zu tun.
Ein Verständnis der gesellschaftlichen Auswirkungen der Quantentechnologie erfordert den Dialog mit der Gesellschaft. In dieser Hinsicht ist Vermaas optimistisch. Er glaubt, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben.
So veröffentlichte das Weltwirtschaftsforum im Januar dieses Jahres beispielsweise einen Insight Report zum Quantencomputing, in dem es einen Strategieplan für die Entwicklung der neuen Technologie skizziert. Vermaas erklärt: „Die schauen wirklich nach vorne und sagen, ‚Naja gut, neue Technologien sollten nicht nur für wirtschaftliches Wachstum für neues Geld da sein, sondern auch, um die Gesellschaft zu festigen.‘“
Das Ziel des Weltwirtschaftsforums ist es, mögliche ethische, rechtliche und gesellschaftliche Probleme vorherzusehen, zu denen kommerzialisiertes Quantencomputing führen könnte, und diese im Vorfeld zu lösen, anstatt erst später zu reagieren, wenn die Probleme auftreten. Es möchte die Mentalität, die Technologie jetzt zu entwickeln und über ihre Auswirkungen später nachzudenken, dahingehend ändern, dass Grundwerte von Anfang an definiert werden und sichergestellt wird, dass jeder Schritt in der Entwicklung mit diesen Grundwerten in Einklang steht.
Die „Governance-Grundsätze“ empfehlen, alle Interessengruppen zu berücksichtigen, einschließlich zukünftiger Konsument*innen der Technologien. Sie definieren acht Themen, die die Entwicklung des Quantencomputing lenken sollten, darunter: breiter Zugang zu Quantencomputing-Hardware, Förderung der Zusammenarbeit, Information und Einbeziehung der Öffentlichkeit in den Dialog und die Entwicklung einer nachhaltigen Zukunft mit und für Quantencomputing. Die Prinzipien selbst wurden von Quanten- und Sozialwissenschaftler*innen sowie politischen Entscheidungsträger*innen in gemeinsamer Arbeit erstellt.
Vermaas freut sich sehr darüber. „Wir möchten unser Werte ... in die Entwicklung der Technologie miteinbeziehen“, erklärt er. „Der Idealfall wäre, dass sie alle zusammenarbeiten oder an einer gesellschaftlichen Debatte darüber teilnehmen, wohin diese Technologie unserer Meinung nach gehen soll. Natürlich möchten sie Geld verdienen und wachsen und konkurrieren. Aber es sollte auch Initiativen geben, die darüber nachdenken, wie das der Gesellschaft zugutekommen kann.“
Vermaas merkt an, dass Unternehmen gelernt haben, dass sozial verantwortliches Handeln in ihrem finanziellen ebenso wie in ihrem ethischen Interesse liegt. „Eine der Lektionen, die meiner Meinung nach in den 2000er Jahren gelernt wurde, war: Wer eine erfolgreiche Firma haben will, muss dafür sensibel sein, was seine Angestellten möchten. Die Vorstellung, dass die Leute zu skrupellosen Kapitalist*innen werden, sobald sie das Büro ihrer Firma betreten ... das ist überholt.“
Wir sehen schon jetzt, dass die aufkeimende Quantencomputing-Industrie sehr viel Zeit und Mühe in Information und Bildung zum Thema Quanten investiert, von der Schaffung neuer Lehrbücher, Spiele und Lehrmaterialien bis hin zu echten Quantencomputern, die der Öffentlichkeit kostenlos online zur Verfügung gestellt werden.
Hoffentlich wird diese ermutigende Abwendung vom alten Status Quo anhalten und unsere Quantenzukunft tatsächlich etwas sein, das allen zugutekommt.
Stattdessen meinen Vermaas und seine Kolleg*innen, zu denen auch Alexei Grinbaum gehört, dass die Quantencommunity die Gesellschaft dazu einladen sollte, bei der Richtungsbestimmung von Quanteninnovationen eine aktive Rolle zu spielen. Schließlich hoffen wir alle, dass Quantentechnologie zum Nutzen unserer gesamten Welt und Gesellschaft eingesetzt werden wird – die Gesellschaft sollte dabei mitreden können, wie das geschieht.
Vermaas und Grinbaum griffen auf ihre Expertise als Quantenphysiker und Wissenschaftsphilosophen zurück, um ein Manifest für die Richtung der neu aufkommenden Technologie zu verfassen. Sie möchten, dass sich die Darstellung von einer polarisierten Perspektive, bei der die Quantencommunity auf der einen Seite und der Rest der Gesellschaft auf der anderen Seite steht, hin zu einer kollaborativen Perspektive ändert, bei der Quantencommunity und Gesellschaft Hand in Hand an der Gestaltung unserer Quantenzukunft arbeiten.
Dazu müssen wir jedoch bei den Grundlagen anfangen und umdenken, wie Quantenmechanik diskutiert und gelehrt wird, wer Zugang zu der Technologie hat und wie ihre Fortschritte und Perspektiven der Öffentlichkeit kommuniziert werden.
„Quantentechnologie“ ist ein weit gefasster Begriff für alle Anwendungen, die die Gesetze der Quantenmechanik für die Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Geräten wie Computern, Kommunikationssystemen oder Sensoren nutzen. In diesem Bereich können eigentümliche Aspekte der Quantenmechanik wie „Überlagerung“, bei der sich ein Teilchen verhalten kann, als sei es an zwei Orten gleichzeitig, und „Verschränkung“, bei der zwei oder mehr Teilchen über riesige Distanzen verbunden sein und einander scheinbar direkt beeinflussen können, als neue „Ressourcen“ eingesetzt werden. Genau wie eine Wärmekraftmaschine die Ressource Wärme nutzbar macht, um Arbeit zu leisten, können auch Quantengeräte die neuen Quanteneigenschaften nutzbar machen, um neue Aufgaben zu bewältigen, die klassische Geräte nicht erfüllen können.
Es handelt sich dabei um eine ganz neue Art, über Quantenmechanik zu sprechen, frei von der „Spukhaftigkeit“ oder geheimnisvollen Aura, die normalerweise mit dem Thema assoziiert wird. Grinbaum hält das für wichtig. „Meiner Ansicht nach sollten wir uns von der Meinung ‚Quanten? Das kann ich gar nicht verstehen‘ verabschieden.“ Er glaubt, dass die Wiederholung abgedroschener Klischees wie „Niemand versteht Quantenmechanik“ dem Gebiet einen Bärendienst erweist. Natürlich gibt es nach wie vor offene Fragen zu den Implikationen der Theorie, aber diese Fragen lassen sich von Anwendungen der Theorie auf die Technologie trennen. Wir können auch Fortschritte machen, ohne Debatten über die Quantennatur der Realität wieder aufzuwärmen. Grinbaum stellt klar:
Man muss sich nicht mit dem ganzen Erbe dieser geheimnisumwobenen Debatte über ‚Was ist real? Ist die Wellenfunktion real?‘ belasten, um über Quantentechnologien sprechen zu können.
Nicht nur ist diese Darstellungsweise unnötig, sie vergrault Menschen aktiv aus dem Gebiet. Wenn Fachleute als Personen gesehen werden, die Zugang zu diesem „unerreichbaren“ Wissen haben, wird zwischen ihnen und der breiteren Gesellschaft eine Spaltung vollzogen. Es liegt an den Fachleuten, diese Barriere niederzureißen und die Quantenmechanik zu entmystifizieren.
Vermaas und Grinbaum sind der Meinung, dass wir hier auf einem guten Weg sind. Bildungs- und Informationsinitiativen verschiedener Quantencomputing-Firmen und -Institutionen tragen zur Ausbildung einer neuen Generation zukünftiger Quantenphysiker*innen und -ingenieur*innen bei.
Für besonders spannend halten sie Rätsel und Spiele, die die Prinzipien der Quantenmechanik einsetzen. Diese Quantenspiele bringen den Nutzer*innen die Regeln der Quantenmechanik auf unterhaltsame und fesselnde Art bei, während gleichzeitig der Schwerpunkt darauf beibehalten wird, Quanteneigenschaften als verwertbare Ressource statt als obskures Mysterium zu behandeln. Quantenspiele werden immer beliebter. Sie werden in Klassenzimmern und anderswo eingesetzt und bei manchen, wie etwa beim Quantenschach, wo sich die Figuren in Überlagerungen und verschränkten Zuständen befinden können, während sie sich über das Spielbrett bewegen, gibt es öffentliche Turniere und Wettbewerbe.
Grinbaum hält es für wesentlich, dass die Öffentlichkeit zumindest ein allgemeines, intuitives Verständnis von den Regeln der Quantenmechanik hat. Geschichten und Analogien sind wichtig, um diese Botschaften zu vermitteln. Schrödingers Katze ist ein klassisches Beispiel. „Das Überlagerungsprinzip“ wirkt wie ein unbegreifliches und unverständliches Konzept, bis es mit etwas verbunden wird, das leichter vorstellbar ist: einer Katze in einem Kasten, die irgendwie sowohl lebendig als auch tot ist. Grinbaum fände es gut, wenn es mehr solche Analogien gäbe, um andere Aspekte der Quantenmechanik zu vermitteln. „Eine Katze ist gut, aber vielleicht brauchen wir noch ein paar andere Haustiere“, sagt er.
Diese Veränderung der Art, wie Quantenmechanik diskutiert und gelehrt wird, wird zu einer Veränderung der Dynamik zwischen Fachleuten und Öffentlichkeit beitragen, weg von einer polarisierten Mentalität, die die beiden Gruppen in Opposition zueinander stellt, und hin zu einer der Zusammenarbeit und Inklusion.
Ein ähnlicher Wandel muss in der Beziehung zwischen den Entwickler*innen der Quantentechnologie und dem Rest der Bevölkerung stattfinden. Quantentechnologie hat das Potential, zahlreiche Aspekte der Gesellschaft zu verändern und sogar zu Lösungen für den Klimawandel beizutragen. Sie könnte für die Öffentlichkeit von großem Nutzen sein. Aber wie Vermaas bei der Frage sah, die ihm auf der Quantenkonferenz gestellt wurde, sehen in der Quantenindustrie so manche die Öffentlichkeit als Hindernis für den Fortschritt.
Aber wem wird dieser Fortschritt zugutekommen, wenn nicht der Öffentlichkeit?
Vermaas warnt davor, einfach nur Fortschritt anzustreben, ohne zuerst die Rolle zu verstehen, die die Technologie in der Gesellschaft spielen wird. Diese Denkweise hat in der Vergangenheit zu einem „Wettrüsten“ mit anderen Technologien geführt und hat das Potential, das auch bei der Quantentechnologie zu tun.
Ein Verständnis der gesellschaftlichen Auswirkungen der Quantentechnologie erfordert den Dialog mit der Gesellschaft. In dieser Hinsicht ist Vermaas optimistisch. Er glaubt, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben.
So veröffentlichte das Weltwirtschaftsforum im Januar dieses Jahres beispielsweise einen Insight Report zum Quantencomputing, in dem es einen Strategieplan für die Entwicklung der neuen Technologie skizziert. Vermaas erklärt: „Die schauen wirklich nach vorne und sagen, ‚Naja gut, neue Technologien sollten nicht nur für wirtschaftliches Wachstum für neues Geld da sein, sondern auch, um die Gesellschaft zu festigen.‘“
Das Ziel des Weltwirtschaftsforums ist es, mögliche ethische, rechtliche und gesellschaftliche Probleme vorherzusehen, zu denen kommerzialisiertes Quantencomputing führen könnte, und diese im Vorfeld zu lösen, anstatt erst später zu reagieren, wenn die Probleme auftreten. Es möchte die Mentalität, die Technologie jetzt zu entwickeln und über ihre Auswirkungen später nachzudenken, dahingehend ändern, dass Grundwerte von Anfang an definiert werden und sichergestellt wird, dass jeder Schritt in der Entwicklung mit diesen Grundwerten in Einklang steht.
Die „Governance-Grundsätze“ empfehlen, alle Interessengruppen zu berücksichtigen, einschließlich zukünftiger Konsument*innen der Technologien. Sie definieren acht Themen, die die Entwicklung des Quantencomputing lenken sollten, darunter: breiter Zugang zu Quantencomputing-Hardware, Förderung der Zusammenarbeit, Information und Einbeziehung der Öffentlichkeit in den Dialog und die Entwicklung einer nachhaltigen Zukunft mit und für Quantencomputing. Die Prinzipien selbst wurden von Quanten- und Sozialwissenschaftler*innen sowie politischen Entscheidungsträger*innen in gemeinsamer Arbeit erstellt.
Vermaas freut sich sehr darüber. „Wir möchten unser Werte ... in die Entwicklung der Technologie miteinbeziehen“, erklärt er. „Der Idealfall wäre, dass sie alle zusammenarbeiten oder an einer gesellschaftlichen Debatte darüber teilnehmen, wohin diese Technologie unserer Meinung nach gehen soll. Natürlich möchten sie Geld verdienen und wachsen und konkurrieren. Aber es sollte auch Initiativen geben, die darüber nachdenken, wie das der Gesellschaft zugutekommen kann.“
Vermaas merkt an, dass Unternehmen gelernt haben, dass sozial verantwortliches Handeln in ihrem finanziellen ebenso wie in ihrem ethischen Interesse liegt. „Eine der Lektionen, die meiner Meinung nach in den 2000er Jahren gelernt wurde, war: Wer eine erfolgreiche Firma haben will, muss dafür sensibel sein, was seine Angestellten möchten. Die Vorstellung, dass die Leute zu skrupellosen Kapitalist*innen werden, sobald sie das Büro ihrer Firma betreten ... das ist überholt.“
Wir sehen schon jetzt, dass die aufkeimende Quantencomputing-Industrie sehr viel Zeit und Mühe in Information und Bildung zum Thema Quanten investiert, von der Schaffung neuer Lehrbücher, Spiele und Lehrmaterialien bis hin zu echten Quantencomputern, die der Öffentlichkeit kostenlos online zur Verfügung gestellt werden.
Hoffentlich wird diese ermutigende Abwendung vom alten Status Quo anhalten und unsere Quantenzukunft tatsächlich etwas sein, das allen zugutekommt.