Kulturelles Erbe  3 min Der Klimawandel und die Damaszener-Rose: Landwirte im Wettlauf gegen die Zeit

Farida Ahmed wirft Rosenblätter in die Luft, Maarat al-Saleb, Hema, Syrien.
Farida Ahmed wirft Rosenblätter in die Luft, Maarat al-Saleb, Hema, Syrien. ©Safaa Sallal

Die Damaszener-Rose, die 2019 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde, gedeiht in trockenen Gebieten Syriens und verleiht den Produkten der Rose ihren einzigartigen lokalen Geschmack. Als Tausende von Damaszener-Rosen vorzeitig blühten, gerieten die Bauern in eine schwierige Lage.

Westlich der syrischen Stadt Hama liegt das kleine Dorf Maara Alsalib. Auf den grünen Feldern des Dorfes trifft man auf Landwirte, die unter großem Zeitdruck Schwerstarbeit leisten, um Hunderte von Knospen der Damaszener-Rose rechtzeitig zu ernten. Die Erntezeit kam früher als erwartet.

Inmitten des Trubels arbeiten die beiden alten Freundinnen und Rosenpflückerinnen Farida Ahmed (63) und Samara Khadhar (67). Sie mühen sich ab, so viele Knospen wie möglich zu pflücken und damit zu retten. Vor über 30 Jahren konnten die beiden Freundinnen ohne Anstrengung Hunderte von Rosen Ernten. Aber „das Alter fordert seinen Tribut“, wie es Khadhar ausdrückt.

Der Klimawandel fordert seinen Tribut

Mit den gestiegenen Temperaturen hat sich auch die Erntesaison verändert, die traditionell vom 15. Mai bis zum 05. Juni dauerte. Inzwischen müssen die Landwirte eine Woche früher starten und obwohl Ahmed und Khadhar keine Expertinnen für Klimawandel sind, so können sie seine Auswirkungen unmittelbar erleben.

„Aus dieser wunderschönen Rose gewinnen wir fünf Produkte, die unsere Lebensgrundlage darstellen: Rosenwasser, Saft, Marmelade, Rosenöl und getrocknete Blütenblätter für Kräutertee“, erzählt Khadhar. „Wir arbeiten hart, damit wir die Knospen vor der Blüte ernten können. Ich bin auf die diesjährige Ernte angewiesen, um die Ausgaben für die anstehende Hochzeit meines Sohnes zu finanzieren.“

Laut mehreren Landwirten aus der Gemeinschaft, beträgt der Preis für einen Liter syrisches Rosenöl 200 US-Dollar. Trotzdem hat das verfrühte Aufblühen von Tausenden Damaszener-Rosen die Rosenfarmer in eine schwierige Situation gebracht. Die Wirtschaftssanktionen gegen Syrien, die den Export von Rosenprodukten beschränken, haben ihre Situation noch verschlimmert.

„Die um sieben Tage vorgezogene Erntesaison kann für lokale Landwirte fatal sein“, erläutert der Agraringenieur Bashar Houras. „Fast alle von ihnen sind von den Rosenprodukten abhängig, insbesondere vom Rosenöl. Das instabile Klima in Syrien mit unregelmäßigen Regenfällen und plötzlich auftretenden Hitzewellen setzt die Rosen unter Stress. Dadurch werden sie anfällig für Krankheiten wie Rosenrost und Rosenfäule.“

Die Damaszener-Rosen, die 2009 auf die Liste des immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO gesetzt wurde, prosperiert in Nerab, Aleppo; Maara Alsalib, Hama; Mrah, Damaskus; Mahlaba, Latakia; sowie in weiteren trockenen Regionen auf dem syrischen Land. Alle diese Orte tragen ihr einzigartiges lokales Aroma zu den Rosenprodukten bei.

In Nerab, das am südlichen Rande Aleppos gelegen ist, sank der Ertrag des bewirtschafteten Bodens auf einer Fläche von 30 Hektar um etwa eine Tonne pro Hektar im Vergleich zu früheren Jahren. Laut Radwan Harsouni, dem Agrardirektor der Region, ist dieser Rückgang auf den Klimawandel und die gestiegenen Preise für Düngemittel zurückzuführen.

Als Familie das Erbe bewahren

Vor rund 25 Jahren fanden Asia und Hassan Ibrahim inmitten von Feldern blühender Damaszener-Rosen zueinander. Das Ehepaar traf sich und sie tauschten bei der Ernte Blicke aus. Heute führen sie die Tradition als Familie gemeinsam fort. Sie sind auf die Ernte von Damaszener-Rosen und weiterer Früchte angewiesen, die Hassan auf dem von seinem Vater geerbten Land anbaut.
Asiya und Hassan Ibrahim kümmern sich um die Ernte in Nayreb, Syrien.

Asiya und Hassan Ibrahim kümmern sich um die Ernte in Nayreb, Syrien. | ©Safaa Sallal

„Die Damaszener-Rose ist unser Leben, unser Lebensunterhalt und unsere Liebe. Wir warten jedes Jahr sehnsüchtig auf die Erntezeit, um den Bedarf der Familie zu decken. Wir stellen Rosenwasser, Marmelade für den Hausgebrauch und den Verkauf sowie getrocknete Blütenblätter als Heilmittel für alle Krankheiten her“, sagt Asia und fügt hinzu, dass der Ertrag an Damaszener-Rosen im Vergleich zu den Vorjahren zurückgegangen ist.

„Ich behandle die Rosen wie meine Kinder und mache mir Sorgen wegen dem Wind und der Sommerhitze. Die Damaszenerrose ist empfindlich und gedeiht nur bei moderatem Wetter.“

Bei einem Spaziergang durch die Felder weist Hassan darauf hin, dass die Ernte in diesem Jahr aufgrund der wärmeren Temperaturen eine Woche früher als üblich begonnen habe, was das Aufblühen der beliebten Rosenknospen beschleunigt habe.
Asiya Ibrahim pflückt Damaszenerrosenknospen in Nayreb, Syrien.

Asiya Ibrahim pflückt Damaszener-Rosenknospen in Nayreb, Syrien. | ©Safaa Sallal

„Es war ungewohnt für uns, so früh mit der Ernte zu beginnen. Wir waren nicht auf die Saison vorbereitet“, fügt er hinzu, während er eine offene Blüte pflückt und in einen Korb legt.

Arfan Ziada, Agrardirektor für Damaskus-Land, erläutert, dass bis zum Jahr 2011 ca. 270 Hektar mit der Damaszener-Rose bepflanzt waren.

„Dürre und Kriegsjahre haben große Teile des Ackerlandes unbrauchbar gemacht. Heute sind nur noch 120 Hektar mit Rosen bepflanzt.“

Da viele Bewässerungsanlagen und Wasserpumpen im Land durch den Krieg zerstört wurden, ist die Damaszener-Rose in hohem Maße von Niederschlägen abhängig. Wegen fehlendem Zugang zu Pumpstationen und der geringen Verfügbarkeit von Arbeitskräften sind viele Landwirte wohl oder übel auf Regenfälle angewiesen.

Die Suche nach nachhaltigen Lösungen 

Der Durchschnittliche Niederschlag in diesem Jahr belief sich auf ca. 125 mm, im Vergleich zu 140 mm in den Jahren 2022 und 2023. In den Vorjahren betrug er durchschnittlich 400 mm, laut Angaben von Houras.

In Mrah bei Damaskus sind 5.500 Menschen in großem Maße vom Rosenanbau abhängig. Durch andauernde Dürre und zurückgegangene Niederschlagsmengen müssen Landwirte auf Brunnenwasser zurückgreifen.

Ein soziales Projekt der syrischen Regierung und des Syrischen Entwicklungsfonds zur Behebung des Wassermangels hat einen Brunnen gegraben, der 30 Kubikmeter Wasser pro Stunde liefert.
„Der Fonds konnte allein in diesem Jahr Setzlinge an 85 Landwirte in Mrah verteilen und jetzt bewässert der Brunnen 60 Prozent der Rosenfelder in der Region“, sagt Reem Ibrahim, die für die Projekte des Fonds für immaterielles Kulturerbe zuständig ist, und fügt hinzu, dass die Organisation die Landwirte zu Ausstellungen und Basaren einlädt, wo sie ihre Produkte vorzustellen und verkaufen können
Kinder helfen ihren Familien während der Erntezeit, Syrien.

Kinder helfen ihren Familien während der Erntezeit, Syrien. | ©Safaa Sallal

Laut Ibrahim stellen neben dem Klimawandel die Wirtschaftssanktionen eine der größten Herausforderungen für die Züchter der Damaszener-Rosen dar, da sie die Ausfuhr von Rosenprodukten einschränken und die Entwicklung fortschrittlicher Anlagen zur Gewinnung von Rosenöl und zur Destillation von Rosenwasser behinderten, mit denen sie ihre wirtschaftlichen Ressourcen steigern könnten.

Trotz Krieg und Sanktionen setzt sich der Fond weiter für den Erhalt der Damaszener-Rosen ein. Dieses Engagement wurde im Erhaltungsplan festgelegt, der der UNESCO vorgelegt wurde, als die Rose im Jahr 2019 als syrisches immaterielles Kulturerbe eingetragen wurde.

Auch das syrische Agrarministerium plane die Urbarmachung von 300 Hektar und die Anpflanzung von 30.000 Setzlingen, so Ziada.

In Maara Alsalib haben die Landwirte die Erntearbeiten für heute beendet. Ahmed und Khadhar zählen ihren Ertrag und berichten von der herausfordernden Saison und den Auswirkungen auf ihre Gesamtproduktion. Aber man kann die beiden Frauen auch zusammen lachen und erzählen sehen. Sie geben nicht auf – allen Schwierigkeiten zum Trotz.

„Unsere Freundschaft ist mit der Ernte verknüpft“, berichtet Farida, während sie die letzte Blüte pflückt und in ihren Korb legt. „Diese Rose ist unser Leben. Sie war immer hier. Ich mache mir keine Sorgen.“


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit Egab veröffentlicht.