Meet the Author #5
Şeyda Kurt
Im September 2024 traf Maha El Hissy Şeyda Kurt zu einer Diskussion über das Buch Hass. Von der Macht eines widerständigen Gefühls (2023). Das Gespräch bot einen tiefgehenden Einblick in die Entstehung und die zentralen Thesen des Buches, das die kulturellen, politischen und ästhetischen Dimensionen von Hass beleuchtet.
Şeyda Kurt schilderte, wie ihr zweites Buch aus einer ursprünglichen Schreibblockade heraus entstand. Geplant war zunächst ein humorvolleres Werk, doch die Resonanz auf ihr erstes Buch Radikale Zärtlichkeit (2021) und die weiterführenden Fragen, die es aufwarf, führten sie schließlich zum Thema Hass. Sie beschrieb, wie sie das Konzept des Hasses in seinem ambivalenten und oft widersprüchlichen Charakter untersuchte, fernab von einer einfachen Gegenüberstellung von Hass und Liebe. Kurts Ziel war es, Hass als politische, produktive und widerständige Kraft zu betrachten und dabei die Subjektwerdung marginalisierter Gruppen durch Hass in den Fokus zu rücken.
Das Buch ist in zwei Kapitel unterteilt: Hass, eine Genealogie des Begriffs im Kontext westlicher Kultur, Philosophie und Ideengeschichte, und Hassen, in dem sie Hass als Handlung und ethische Praxis betrachtet. Kurt unterscheidet dabei verschiedene Modi des Hasses, wie die Zuschreibung von Hass an kolonisierte Subjekte, den Selbsthass oder den Hass der Herrschenden. Sie untersucht, wie marginalisierte Menschen Hass strategisch nutzen können, um Machtverhältnisse zu hinterfragen und zu transformieren. Dabei kritisierte sie die dichotome Darstellung von Liebe und Hass in der westlichen Kulturgeschichte und zeigte, wie beide Gefühle einander bedingen und aufeinander verweisen.
Ein zentraler Bezugspunkt in Kurts Arbeit ist Rojava, die autonome Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien, die auf Prinzipien wie radikaler Demokratie, Feminismus und Ökologie basiert. Rojava ist für Kurt ein Beispiel für eine Gesellschaft, die sich inmitten von Unterdrückung und Gewalt aktiv gegen koloniale und patriarchale Strukturen stellt und eine Vision alternativer Lebensformen entwickelt. Diese Erfahrungen und Geschichten sind integraler Bestandteil ihrer Reflexion über widerständigen Hass und die Möglichkeiten gesellschaftlicher Transformation.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Form des Buches, das durch fragmentarische Strukturen, Wiederholungen und eine theatralische Ästhetik bewusst mit Konventionen bricht. Kurt erklärte, dass sie durch diese stilistischen Entscheidungen die Komplexität und Gleichzeitigkeit von Gefühlen und Erfahrungen einfangen wollte. Die Struktur des Buches spiegelt eine vielschichtige Auseinandersetzung mit dem Thema Hass wider, die von historischen Figuren wie Frantz Fanon bis zu zeitgenössischen Kontexten wie Rojava reicht.
Im Gespräch hob Kurt hervor, dass Hass nicht per se gut oder schlecht ist. Sie plädiert dafür, das widerständige Potenzial des Hasses zu nutzen, ohne dabei die Gefahr der destruktiven Kraft zu ignorieren. Mit einem Ansatz, der auf die Abschaffung unterdrückender Systeme abzielt und von Bewegungen wie der Polizeikritik inspiriert ist, argumentiert sie, dass Hass ein wirkungsvolles Mittel sein kann. Er könne genutzt werden, um untragbare Strukturen abzubauen und Raum für Fürsorge, Zärtlichkeit und soziale Gerechtigkeit zu schaffen.
Das Publikum erlebte eine lebendige Diskussion über das Schreiben in der Ich-Form, das Verhältnis von Sachlichkeit und Subjektivität sowie den Umgang mit persönlichen Erfahrungen im Kontext eines Sachbuches. Şeyda Kurt gelang es, das komplexe Thema Hass sowohl ernsthaft als auch mit einem humorvollen Blick zu betrachten, was sich in ihrem Umgang mit Karl Marx als fiktivem Chatpartner und anderen spielerischen Elementen ihres Buches zeigt.
Das Buch ist in zwei Kapitel unterteilt: Hass, eine Genealogie des Begriffs im Kontext westlicher Kultur, Philosophie und Ideengeschichte, und Hassen, in dem sie Hass als Handlung und ethische Praxis betrachtet. Kurt unterscheidet dabei verschiedene Modi des Hasses, wie die Zuschreibung von Hass an kolonisierte Subjekte, den Selbsthass oder den Hass der Herrschenden. Sie untersucht, wie marginalisierte Menschen Hass strategisch nutzen können, um Machtverhältnisse zu hinterfragen und zu transformieren. Dabei kritisierte sie die dichotome Darstellung von Liebe und Hass in der westlichen Kulturgeschichte und zeigte, wie beide Gefühle einander bedingen und aufeinander verweisen.
Ein zentraler Bezugspunkt in Kurts Arbeit ist Rojava, die autonome Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien, die auf Prinzipien wie radikaler Demokratie, Feminismus und Ökologie basiert. Rojava ist für Kurt ein Beispiel für eine Gesellschaft, die sich inmitten von Unterdrückung und Gewalt aktiv gegen koloniale und patriarchale Strukturen stellt und eine Vision alternativer Lebensformen entwickelt. Diese Erfahrungen und Geschichten sind integraler Bestandteil ihrer Reflexion über widerständigen Hass und die Möglichkeiten gesellschaftlicher Transformation.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Form des Buches, das durch fragmentarische Strukturen, Wiederholungen und eine theatralische Ästhetik bewusst mit Konventionen bricht. Kurt erklärte, dass sie durch diese stilistischen Entscheidungen die Komplexität und Gleichzeitigkeit von Gefühlen und Erfahrungen einfangen wollte. Die Struktur des Buches spiegelt eine vielschichtige Auseinandersetzung mit dem Thema Hass wider, die von historischen Figuren wie Frantz Fanon bis zu zeitgenössischen Kontexten wie Rojava reicht.
Im Gespräch hob Kurt hervor, dass Hass nicht per se gut oder schlecht ist. Sie plädiert dafür, das widerständige Potenzial des Hasses zu nutzen, ohne dabei die Gefahr der destruktiven Kraft zu ignorieren. Mit einem Ansatz, der auf die Abschaffung unterdrückender Systeme abzielt und von Bewegungen wie der Polizeikritik inspiriert ist, argumentiert sie, dass Hass ein wirkungsvolles Mittel sein kann. Er könne genutzt werden, um untragbare Strukturen abzubauen und Raum für Fürsorge, Zärtlichkeit und soziale Gerechtigkeit zu schaffen.
Das Publikum erlebte eine lebendige Diskussion über das Schreiben in der Ich-Form, das Verhältnis von Sachlichkeit und Subjektivität sowie den Umgang mit persönlichen Erfahrungen im Kontext eines Sachbuches. Şeyda Kurt gelang es, das komplexe Thema Hass sowohl ernsthaft als auch mit einem humorvollen Blick zu betrachten, was sich in ihrem Umgang mit Karl Marx als fiktivem Chatpartner und anderen spielerischen Elementen ihres Buches zeigt.