Online-Lecture #5
Literaturpreise und Jurys
Die fünfte Ausgabe der Online-Lectures widmete sich der Frage, wie Literaturpreise und Jurys ausschließen oder inkludieren können und welche Strukturen und Mechanismen dabei ins Spiel kommen. Gemeinsam mit Maryam Aras, Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Jurymitglied, diskutierten Maha El Hissy und Ela Gezen, Literatur- und Kulturwissenschaftlerin, die unsichtbaren Machtverhältnisse im Literaturbetrieb.
Ausgangspunkt der Diskussion war die Kontroverse um den Preis der Leipziger Buchmesse 2021, bei dem ein offener Brief kritisierte, dass keine Schwarzen Autor*innen oder Autor*innen of Color auf der Shortlist vertreten waren. Trotz vieler relevanter Werke, die eine Platzierung verdient hätten, blieben diese Stimmen ungehört. Maryam Aras, Mitverfasserin des Briefs, erklärte, wie diese Kritik eine größere Debatte über Ausschlussmechanismen und unbewusste Vorurteile in der Literaturkritik und Juryarbeit angestoßen hat.
Für Aras ist Literaturkritik mehr als die bloße Bewertung von Texten: Sie versteht sie als eine gesellschaftlich und politisch geprägte Praxis, die immer durch die Lesebiografien und sozialen Hintergründe der Kritiker*innen beeinflusst wird. Diese Prägungen, so Aras, müssen in der Juryarbeit reflektiert werden, um die blinden Flecken und Ausschlussmuster der eigenen Perspektive zu erkennen. Besonders in Jurys, die häufig von weißen, etablierten Kritiker*innen dominiert sind, fehlen oft die notwendigen diversifizierten Lesarten, um Werke von marginalisierten Autor*innen angemessen würdigen zu können.
Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Frage nach den literarischen Kriterien. Aras betonte, dass diese nie objektiv sind, da jede*r Leser*in Werke durch den eigenen kulturellen und politischen Filter wahrnimmt. Figurenzeichnung, sprachästhetische Konzepte oder die Verarbeitung von Bildern seien zwar wichtige Merkmale, doch auch diese seien abhängig von der individuellen Wahrnehmung. Literatur müsse deshalb immer im Kontext ihrer Zeit und ihrer gesellschaftlichen Relevanz gelesen werden, um historische Ausschlussmuster zu hinterfragen und neue Perspektiven einzubringen.
Die Diskussion beleuchtete auch die strukturellen Barrieren im Literaturbetrieb. Aras hob hervor, dass der Zugang zu Jurys für freie Kritiker*innen oft durch schlechte Bezahlung und hohe Einstiegshürden erschwert wird. Gleichzeitig kritisierte sie die Homogenität der Literaturkritik, die sich in einer oft weißen und elitären Zusammensetzung vieler Jurys widerspiegle. Diese Strukturen führten dazu, dass innovative und unkonventionelle Werke – besonders solche, die mit experimentellen Formen oder neuen Referenzrahmen arbeiten – häufig nicht verstanden oder abgelehnt werden.
Die Diskussion griff auch die Idee solidarischer Juryarbeit auf, bei der marginalisierte Perspektiven bewusst berücksichtigt werden. Aras erläuterte, dass eine ausgleichende Ungerechtigkeit, wie etwa eine Quotierung, sinnvoll sein könne, um jahrzehntelange Benachteiligungen auszugleichen. Noch wichtiger sei jedoch die Bereitschaft der Jurymitglieder, die eigenen Vorurteile und sozialen Prägungen zu reflektieren, um eine diversere und gerechtere Literaturauswahl zu ermöglichen. Die Veranstaltung bot einen tiefgehenden Einblick in die Mechanismen, die darüber entscheiden, welche Werke und Autor*innen sichtbar werden. Sie war zugleich ein Aufruf, die Strukturen der Literaturkritik zu hinterfragen und aktiv an einer inklusiveren Praxis zu arbeiten.
Für Aras ist Literaturkritik mehr als die bloße Bewertung von Texten: Sie versteht sie als eine gesellschaftlich und politisch geprägte Praxis, die immer durch die Lesebiografien und sozialen Hintergründe der Kritiker*innen beeinflusst wird. Diese Prägungen, so Aras, müssen in der Juryarbeit reflektiert werden, um die blinden Flecken und Ausschlussmuster der eigenen Perspektive zu erkennen. Besonders in Jurys, die häufig von weißen, etablierten Kritiker*innen dominiert sind, fehlen oft die notwendigen diversifizierten Lesarten, um Werke von marginalisierten Autor*innen angemessen würdigen zu können.
Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Frage nach den literarischen Kriterien. Aras betonte, dass diese nie objektiv sind, da jede*r Leser*in Werke durch den eigenen kulturellen und politischen Filter wahrnimmt. Figurenzeichnung, sprachästhetische Konzepte oder die Verarbeitung von Bildern seien zwar wichtige Merkmale, doch auch diese seien abhängig von der individuellen Wahrnehmung. Literatur müsse deshalb immer im Kontext ihrer Zeit und ihrer gesellschaftlichen Relevanz gelesen werden, um historische Ausschlussmuster zu hinterfragen und neue Perspektiven einzubringen.
Die Diskussion beleuchtete auch die strukturellen Barrieren im Literaturbetrieb. Aras hob hervor, dass der Zugang zu Jurys für freie Kritiker*innen oft durch schlechte Bezahlung und hohe Einstiegshürden erschwert wird. Gleichzeitig kritisierte sie die Homogenität der Literaturkritik, die sich in einer oft weißen und elitären Zusammensetzung vieler Jurys widerspiegle. Diese Strukturen führten dazu, dass innovative und unkonventionelle Werke – besonders solche, die mit experimentellen Formen oder neuen Referenzrahmen arbeiten – häufig nicht verstanden oder abgelehnt werden.
Die Diskussion griff auch die Idee solidarischer Juryarbeit auf, bei der marginalisierte Perspektiven bewusst berücksichtigt werden. Aras erläuterte, dass eine ausgleichende Ungerechtigkeit, wie etwa eine Quotierung, sinnvoll sein könne, um jahrzehntelange Benachteiligungen auszugleichen. Noch wichtiger sei jedoch die Bereitschaft der Jurymitglieder, die eigenen Vorurteile und sozialen Prägungen zu reflektieren, um eine diversere und gerechtere Literaturauswahl zu ermöglichen. Die Veranstaltung bot einen tiefgehenden Einblick in die Mechanismen, die darüber entscheiden, welche Werke und Autor*innen sichtbar werden. Sie war zugleich ein Aufruf, die Strukturen der Literaturkritik zu hinterfragen und aktiv an einer inklusiveren Praxis zu arbeiten.