Buchkritik #11
Yeama liest "Adikou"

Eine junge Schwarze Frau irgendwo zwischen New York und Paris auf der Suche nach sich selbst. Yeama  begleitet in ihrer neusten Rezension für #Vorzeichen die Protagonistin von Raphaëlle Reds Debütroman Adikou auf ihrer Reise.

Zu sehen ist das Portrait einer jungen Schwarzen Frau, die vor einer Hecke mit grünen Blättern und rosa Blüten steht. Oben links in der Ecke ist ein halbtransparentes Hashtag-Zeichen und darüber in weiß das Wort Vorzeichen zu sehen. Unten rechts in der Ecke befindet sich das Logo des Goethe-Instituts. © Josiane A.-H.
Ich möchte Adikou folgen, auf ihrer “Suche nach einer greifbaren Herkunft.”

Eine Hitzewand in Lomé weicht “der Mississippi-Luft voller Blut und Schwefel” und führt mich von den Straßen New Yorks nach Paris. Wir sind on the road, wie man so schön sagt und bemerken recht schnell, dass wir uns eigentlich in Erinnerungen verheddern, die tiefer sind und mehr sagen, als auf den Seiten steht. Die von kleinen Mückenstichen erzählen, die Adikou als junge Schwarze Frau jeden Tag spürt. Erinnerungen, die über die unterschiedlichen Kontinente hinweg ein Netz aus Resilienz spinnen. Dieses Netz trägt generationsübergreifendes Trauma in sich, erzählt von Scham, dem Wunsch nach Zugehörigkeit und von so viel mehr.

Raphaëlle Red lässt mit ihrem Debütroman Adikou meinen Atem stocken. Der Roman erschien im Januar bereits auf Französisch. Raphaëlle Reds kunstvolle Sprache findet neue Worte für eine Suche nach sich selbst und diese Suchbewegungen spiegeln sich auch formal im Text wider. Denn wir Lesende werden mit einer Erzählstimme konfrontiert, die sowohl in der Ich-Form spricht als auch in eine auktoriale Erzählweise wechselt. Ich bin zunächst verwirrt und merke Seite für Seite, dass Adikou mit sich selbst spricht und innere Konflikte ausfechtet. Ein innovatives ästhetisches Mittel, um Themen wie Ankommen und Heimkehr zu verhandeln. Und so möchte ich Adikou immer noch auf ihrer Reise folgen, die auch geprägt ist vom Finden einer eigenen Sprache. Eine Sprache, die immer wieder neue Formen annimmt und der eigenen Ahnenlinie auf der Spur ist, mal wüst daherkommt und dann in minutiös beobachteten Situationen sehr zärtlich die intimsten Emotionen beschreibt.

Raphaëlle Red zeichnet mit ihren schönen Formulierungen Szenarien, die bildgewaltig Machtverhältnisse offenlegen. Findet Adikou zu sich? Finden wir sie? Wird sie finden, was sie sucht? 
 

Blauer Hintergrund mit Pfeilen, Titel, Name der Autorin und Zitat. © Yeama Bangali