Israel Das Radio läuft immer
Seit seiner Kindheit hört Oded aus Israel Radio. Und das ist noch heute so: im Auto, bei der Arbeit und zuhause. – Dort hat er sogar eine kleine Sammlung historischer Radiogeräte.
Sobald ich einen Raum betrete, schalte ich das Radio an. Sei es bei der Arbeit im Goethe-Institut oder zuhause. In meiner kleinen Werkstatt, auf der großen Dachterrasse oder in der Küche, überall steht bei mir zuhause in der Stadt Petach Tikwa bei Tel Aviv ein Radio. Ein Schalter in unserem Bad hat sogar eine Doppelfunktion: Licht und Radio, mit einer Berührung wird es hell und die Musik spielt.Ohne Radio verging kein Tag – und das war bereits so, als ich noch ein Kind war. Wenn meine Mutter in der Küche arbeitete, hörte sie Radio, vor allem klassische Musik, sehr gern Johann Sebastian Bach. Heute steht ihr altes Radio in meiner Küche. Mein Vater hingegen setzte sich in den 1970er-Jahren vor allem am Schabbat ganz dicht an unser Gerät, immer zur gleichen Zeit, und mit Papier und Stift. Die Sendung שירים ושערים („Shirim veshearim“, „Lieder und Tore“) war ein Muss. Drei bis vier Stunden saß er gebannt vor dem Radio, verfolgte die Live-Übertragung von Fußballspielen, notierte akribisch die Ergebnisse aller Fußballklubs in Israel, dazwischen wurden im Programm beliebte hebräische Lieder gespielt. Heute wäre das natürlich undenkbar, selbst das gemeinsame Radiohören. Für die Generation meiner Enkel, zwischen elf und 22 Jahre alt, ist jeder sein eigener DJ, jeder hat sein Smartphone und seine Earpods.
Wer mich zuhause besucht, könnte glauben, dass er ein kleines Museum betritt. Ich bin ein Sammler. Seien es Münzen, alte Schreibmaschinen, Ventilatoren, Projektoren und natürlich auch alte Radios, vom kleinen handlichen Transistor-Radio bis zu einem besonders schönen Gerät von Grundig. Ist doch faszinierend, wie sich die Designs über die Jahre verändert haben und wie zeitlos schön manche Geräte noch immer sind, Klassiker eben.
Wenn ich Radio höre, dann am liebsten den Sender 96,3fm, weil er zwei Drittel hebräische Lieder und ein Drittel Lieder in anderen Sprachen spielt. So wird auch die Zeit hinterm Steuer unseres Goethe-Busses auf den Wegen zum Flughafen oder zum Aufbau einer neuen Ausstellung erträglich, denn bei den vielen Großbaustellen an jeder Ecke der Stadt und mit den engen Einbahnstraßen ist das Fahren in Tel Aviv derzeit wirklich keine Freude. Beim Warten an der roten Ampel denke ich manchmal: Wie gern würde ich selbst irgendein Instrument spielen können. Ich bewundere Musiker, die einen mit ihrem Spiel in den Bann ziehen und mitziehen. – Meine Frau und mich ziehen sie auch sehr oft auf die Tanzfläche. Genau deswegen drehe ich auch bis heute in jedem Raum sofort die Musik an: Ohne Radio ist ein Zimmer für mich wie tot.