Zum 125. Stadtjubiläum war Sebastian Lörscher für eine Woche vom Goethe-Institut nach Nowosibirsk eingeladen, um über den Alltag und die Kunstszene zu berichten. Eine Millionenstadt als Besucher in nur einer Woche zu erfassen, ist unmöglich, und so beschränkt sich Sebastian Lörscher auf kleine Begebenheiten und Begegnungen, aus denen zusammen sich ein größeres Bild des Lebens in der Stadt bildet.
Wenn Sebastian Lörscher in den Straßen saß und zeichnete, in Indien, Haiti oder Nigeria, konnten die Leute ihm über die Schulter schauen und fragen, was er da mache – und er konnte zurückfragen. So war für ihn das Zeichnen auch immer ein Türöffner zu den Menschen und zu ihren Geschichten.
Nowosibirsk ist die Hauptstadt Sibiriens und mit 1,6 Millionen Einwohnern die drittgrößte Stadt Russlands. Sie wurde 1893 als Knotenpunkt für die Transsibirische Eisenbahn gegründet. Nowosibirsk machte sich nicht nur als obligatorischer Stopp auf der Reise mit der weltberühmten Bahn einen Namen. Sondern auch als Zentrum für Kultur, Wissenschaft, Tourismus und Verkehr.
Die Hauptattraktionen konzentrieren sich im Zentrum. Gesehen haben muss man etwa die St. Nikolaus-Kapelle mit ihrer wechselvollen Historie: 1914-1915 erbaut, dann im Jahr 1930 abgerissen, wurde sie 1993 zum Gedenken an das hundertjährige Bestehen der Stadt wieder aufgebaut. Ebenfalls sehenswert: das Akademische Opern- und Ballett-Theater, das größer ist als das berühmte Bolschói Theater in Moskau.
Wenn Weltraumsuperhelden mit Einhörnern zu russischem Techno tanzen und Super Mario, Pikachu und Jesus Rammstein imitieren – dann ist ZNAKI. Das Festival junger Subkulturen findet seit 2009 alljährlich in Nowosibirsk statt. Junge Cosplayers, Gothics, Emos, Science-Fiction-Fans, Tänzer, Artisten und Poeten treffen aufeinander, um gemeinsam zu feiern.
Das Interessante an Sebastian Lörschers ZNAKI-Serie ist nicht nur, dass dort allerhand kurios verkleidete Menschen und skurrile Persönlichkeiten zu sehen sind, sondern insbesondere auch die Tatsache, dass sich das Militär unter die Veranstaltung geschlichen hat. Mit dem Ziel, unter den Besuchern dort Werbung zu machen, nicht nur für Waffen.
Etwa 20 km südlich vom Zentrum Nowosibirsks liegt der Stadtteil Akademkogorod (wörtlich „Akademische Stadt“), das Silicon Valley Sibiriens. Zwischen Birken, Kiefern und Eichhörnchen liegen Universitätsgebäude, Plattenbauten und die Villen der Rektore und Dekane. Vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 lebten hier ca. 65.000 Wissenschaftler und deren Familien.
Jonas Engelmann über "Nowosibirsk"
Die Zeichnungen Lörschers sind wie bereits in seinem Reisebuch „Making Friends in Bangalore“ dominiert von skizzenhaften Strichen, leichten Farbgebungen mit Bunt- und Filzstiften, die Akzente setzen."