Mit acht Nominierungen gewann Der Staat gegen Fritz Bauer in sechs Kategorien, darunter Bester Spielfilm, Beste Regie und Bestes Drehbuch. Der Beste Spielfilm in Silber ging an Herbert und 4 Könige erhielt Bronze.
© zero one film / Martin Valentin Menke
Am Freitag, 27. Mai fand in Berlin die Verleihung des Deutschen Filmpreises 2016 statt. Sie stellte sich als Chronik einer vorangekündigten Prämierung heraus, da
Der Staat gegen Fritz Bauer als der Favorit galt und in sechs Kategorien abräumte, einschließlich Bester Spielfilm, Beste Regie (für Lars Kraume), Bestes Drehbuch (von Lars Kraume selbst gemeinsam mit Olivier Guez geschrieben) und Bester Nebendarsteller für Ronald Zehrfeld. Darüber hinaus wurde ihm der Preis für Bestes Szenenbild und Bestes Kostümbild zuteil.
Wie ich schon zuvor in diesem Blog erwähnt hatte, waren die Kritiker*innen diesem Film von Anfang an wohlwollend gesinnt, weil er sich traute, den Staatsanwalt Fritz Bauer, der die Auschwitzprozesse initiierte, in den Mittelpunkt der Erzählung zu stellen. Dieser Punkt wurde immer mehr hervorgehoben als seine filmischen Verdienste. Bauer ist eine sehr starke Figur und diesem Film gelang es mit guten Schauspieler*innen und einem exzellenten Szenenbild, den Staatsanwalt dem großen Publikum näher zu bringen, und ihn vor dem Vergessen, in das er gefallen war, zu bewahren. In Deutschland sahen den Film mehr als 250.000 Menschen und bald wird er in die chilenischen Kinos kommen.
Der Staat gegen Fritz Bauer versucht, die Licht- und Schattenseiten und vor allem die Schwächen des Helden darzustellen, wie seine angebliche Homosexualität. Um diesen Erzählfaden zu entwickeln, wird auf die fiktive Figur des Staatsanwaltes Angermann zurückgegriffen, ein Mitarbeiter von Fritz Bauer, zu dem er eine angebliche Zuneigung entwickelt. Er vertraut sich Fritz Bauer an und erzählt ihm, nur aus dem Konzentrationslager entlassen worden zu sein, weil er einen Unterstützerbrief der Nazis unterschrieb. Beide Punkte sind historisch nicht bewiesen. Aufgrund dessen haben Wissenschaftler*innen und die Biografin Fritz Bauers, Irmtrud Wojak, in verschiedenen deutschen Medien ihre Stimmen erhoben, um anzuprangern, dass die Wahrheit falsch wiedergegeben wurde. Ronald Zehrfeld, der den Staatsanwalt Angermann verkörpert, wurde bei der Soirée am Freitag als Bester Nebendarsteller ausgezeichnet. Dieser Film wird in Schulen verwendet werden, um über diese Zeit zu lehren, in der Deutschland sich nicht traute, seiner Vergangenheit ins Auge zu blicken, während Fritz Bauer sich dafür entschied, gegen den Strom zu schwimmen. Das Problem ist, dass der Fritz Bauer dieses Filmes einige fiktive Elemente beinhaltet, die – laut Irmtrud Wojak – Gefahr laufen, Fritz Bauers Profil zu verfälschen und Teil der "offiziellen Wahrheit" und somit Studienmaterial zu werden. Es ist möglich, dass diese Polemik sich noch ausweitet. Auf alle Fälle ist es positiv, dass die Figur Bauers, dem Deutschland die Grundlagen seiner aktuellen Demokratie verdankt und der ungerechtfertigt unter den Teppich gekehrt wurde, wieder aufersteht.
Andere nominierte Filme gingen mit leeren Händen aus, wie
Grüße aus Fukushima, den Doris Dörrie auf der Berlinale uraufführte. Dasselbe passierte
Colonia Dignidad – Es gibt kein Zurück von Florian Gallenberger. Dasselbe Schicksal ereilte andere Nominierten, wie
Kaminski und Ich, der neue Film von Wolfgang Becker (
Goodbye Lenin), oder
Er ist wieder da, von David Wnendt, der auf dem erfolgreichem Roman über Hitler, der im modernen Berlin wieder auftaucht, beruht.
Der Preis für den Besten Spielfilm in Silber ging an
Herbert, ein Drama von Thomas Stuber, der beim letzten Toronto Filmfestival seine Erstaufführung feierte und der zweite Film des jungen Regisseurs ist. Der Film erzählt die Geschichte eines Boxers, der seine glorreichen Zeiten im Leipzig der DDR feierte und jetzt, dreißig Jahre später, einer neurologischen Krankheit den Kampf ansagt und versucht, seine Tochter und Enkelkinder zurückzuerobern. Der Hauptdarsteller Peter Kurth nahm die Trophäe für den Besten Hauptdarsteller entgegen.
Der Preis für den Besten Spielfilm in Bronze wurde an ein weiteres Drama,
4 Könige, vergeben. Bei dem Film handelt es sich um den ersten Film von Theresa von Eltz, die in Großbritannien studierte, und handelt von einem Weihnachtsfest, das vier Jugendliche in einer Jugendpsychiatrie verbringen. Er gewann bereits den Preis für den besten Spielfilm beim Filmfest Rom 2015.
Die Überraschung des Abends war Laura Tonke, die in zweierlei Hinsicht gewann, nämlich als Beste Hauptdarstellerin für
Hedi Schneider steckt fest und zudem als Beste Nebendarstellerin für
Mängelexemplar.
Die restlichen technischen Preise gingen an
Ein Hologramm für den König, den neuen Film von Tom Tykwer mit Tom Hanks als Hauptdarsteller, während die Filmmusik von Alexandre Desplat für Wim Wenders neuen Streifen
Every Thing Will Be Fine die Lola, den sogenannten deutschen Oscar bekam. Die neue Version von
Heidi -der am 9. Juni in den chilenischen Kinos kommt- wurde als Bester Kinderfilm gewählt und der Beste Dokumentarfilm war
Above and Below, der auch für seine Bildgestaltung ausgezeichnet wurde.
Es lässt sich zusammenfassen: Alle Preise, die vorhersehbar waren, keine großen Namen, eine herausragende Schauspielerin und viele Filme, die es in unseren Breiten noch zu entdecken gibt, was wir hoffentlich im Rahmen des nächsten SANFIC und anderen chilenischen Festivals ermöglichen werden.