“Verfehlung” – ein stechender Blick auf die Schuld
Der Film versteht sich als Gegenpart zu dem Oscar-Gewinner Spotlight, aber erlaubt gleichzeitig einen tiefen Einblick in die Schuld als auch den individuellen Schmerz der Opfer.
Der Titel des Films ist schwierig zu übersetzen: Verfehlung bedeutet error, aber im Englischen wurde er mit The culpable übersetzt. Auf Spanisch heißt er Desliz, was näher am Original liegt. Die große Leistung dieses deutschen Filmes des Regisseurs Gerd Schneider ist, dass er von Jakobs Zweifel ausgeht, etwas, das letztendlich sehr schwierig zu filmen ist. Schneider weist eine dem Protagonisten ähnliche Biografie auf: er studierte Theologie in Bonn und Wien und absolvierte mehrere Praktika im Seelsorgebereich, unter anderem in einer Vollzugsanstalt. Diese Nähe zum Thema – welches er bis aufs Tiefgründigste beschreibt – verleiht dem Film eine Aura der Wahrhaftigkeit. Sicherlich gibt er sich wie der Gegenpart zum Oscar-Gewinner Spotlight, betrachtet dabei aber das Thema aus einem anderen Winkel und zwar sowohl mit Mut als auch mit viel Zurückhaltung und Respekt gegenüber dem Schmerz der Opfer. Das, was Spotlight nur andeutet, wird hier direkt, auch mit Barmherzigkeit, angesprochen.
Eines der wertvollsten Elemente dieses deutschen Filmes, ist ohne Zweifel die schauspielerische Leistung der drei Protagonisten. Keiner der drei Freunde ist wirklich unschuldig. Sebastian Blomberg (Zeit der Kannibalen) als Jakob, eine sehr starke Figur, die mit dem Gewissen kämpft und dabei die ganze Gefühlspallette durchgeht, ist sehr solide. Kai Schumann spielt Dominik, der von der Verneinung zum Ende der Unschuld geht. Jan Messutat verkörpert die Figur des Olivers, der als Priester lieber Karriere in der Amtskirche macht, die verleugnende Haltung der Kirche repräsentiert und eher den Skandal als die Wahrheit fürchtet.
Der Film beinhaltet außerdem einen Einblick in den Schmerz der Opfer und ihrer Familien. Dies ist ohne Zweifel ein aktuelles Thema und Verfehlung entfaltet alle Facetten des Themas, aber mit Ehrlichkeit und Eleganz. Dafür erhielt er in Deutschland den Preis der Filmkritik 2016 als Bestes Erstlingswerk. Dies ist ein Film, den es sich lohnt zu sehen, sich damit auseinander zu setzen und den das Goethe-Institut Chile im Rahmen von SANFIC 12 im August präsentieren wird.