Atlas of Mediterranean Liquidity
Künstler*innen aus der Mittelmeerregion und darüber hinaus gestalten in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen interaktive Karten rund um das Kulturgut Wasser. Ziel ist es, eine vielstimmige Kartensammlung mit spannenden Perspektiven und neuen Erzählungen rund um unser Verhältnis zum Element Wasser zu entwickeln.
Über das Projekt
Der Atlas geht Fragen zum Umgang mit Wasser, zu Wasser als Lebensraum, zu Umweltbelastung und -katastrophen im Meer nach. Wie stellt sich unser Verhältnis zum Wasser in Vergangenheit und Gegenwart da und was ist für die Zukunft zu erwarten? Wie werden sich Flora und Fauna und die Küstenlinien verändern und was macht das mit uns? Wie beeinflusst Wasserknappheit unser Zusammenleben? Der Atlas will alternative Blickwinkel und überraschende Denkansätze eröffnen und zum Dialog über ein für uns alle lebensnotwendiges Element einladen. Er will Kulturakteur*innen in der Mittelmeerregion und darüber hinaus vernetzen. Ergänzt wird er durch lokale Veranstaltungen in ganz unterschiedlichen Formaten an den beteiligten Orten.
Lokales Projekt: Bring uns zum Wasser
Kunstwerke von Stelios Kallinikou, Korallia Stergides
Kuratiert von Evagoras Vanezis
Design und Entwicklung von Demetris Shammas
„Die Gewässer, die uns umfassen, sind niemals neutral; ihre Ströme werden durch die Intensität von Macht und Ermächtigung gelenkt. [...] Die Wasserströme sind weder notwendigerweise wohlwollend, noch sind sie notwendigerweise gefährlich. Sie sind vielmehr materielle Karten unserer vielschichtigen Formen von Marginalität und Zugehörigkeit.“
Astrida Neimanis, Bodies of Water: Posthuman Feminist Phenomenology, 2017
Während eine Nichte ein Gedicht für ihren geliebten Onkel schreibt, vermischen sich beider Stimmen und wandern von einem Zimmer auf dem Akamas-Kap am nordwestlichen Ende Zyperns bis zur Spitze der nordöstlichen Halbinsel Karpasia. Schlammige Körper formen sich aus dem Sand und lernen zu laufen, zu schwimmen und zu lieben. Und während ein Fotograf über die Insel streift, um jene flüchtigen Momente festzuhalten, in denen sich die Realität als serpentinenförmiger Weg – mehr als jede Projektion entpuppt, eine Seeschlange, die ihren Körper am Ufer des Flusses Eagle Baths streckt und sich auf ihren Eintritt ins Wasser vorbereitet.
In Bring uns zum Wasser erhält die Gegenwart als umstrittener Schauplatz von Politik und Erinnerung die Textur neuer Möglichkeiten. Landschaften, Infrastrukturen. Gegenständliche Erfahrungen und nicht-menschliche Akteure sind in Erzählungen mit offenem Ausgang über Wasser und seine Übergänge miteinander verbunden, welche sowohl als Material als auch als Metapher für die Erforschung von Formen der Zugehörigkeit und des Ausschlusses gesehen werden. Die Suggestivität der Liquidität wird zu einem Mittel, um nuancierte Netzwerke und Ströme zu kartieren und die komplexen Verbindungen zwischen Zypern und dem weiteren mediterranen Kontext zu erforschen.
Jeder Versuch, diese Ströme zu navigieren, setzt voraus, dass man sich auf dichte Minenfelder der Ideologie und Geschichte begibt. Die Betrachtung Zyperns von oben und in der dunkelsten Stunde, wie diese Karte nahelegt, ist eine Möglichkeit anzuerkennen, dass die dringenden Ströme unserer Zeit, wie die des Klimawandels und der Umweltkatastrophen, neue Navigationsinstrumente erfordern, die es uns ermöglichen, über die Trennlinien zu gleiten, die in anderen Karten der Insel vorherrschen.
Der Status von Akamas als Naturschutzgebiet und die Rufe von Umweltaktivisten, die in der Wildnis von Karpasia widerhallen, geben den neuen Körpern die Kraft, aus dem Sand zu wachsen. Ihre Vergänglichkeit wird am besten durch die Regentropfen veranschaulicht, die an den Rändern einheimischer Pflanzen haften bleiben - ein fragiler Tanz aus Osmose und Transformation.
Die Fotografien von Stelios Kallinikou und die Gedichte von Korallia Stergides laden dazu ein, die Landkarte auf unterschiedliche Weise zu erkunden: indem man sich auf die Fragmentarität einlässt, indem man einen Teil des rezitierten Gedichts anhört, während man die Fotografien seiner Wahl betrachtet, oder indem man die gesamten Fotografien betrachtet, während man das Gedicht als Ganzes hört, oder in jeder anderen Kombination. Indem widersprüchliche Impulse in einer nicht-hierarchischen Weise aufgenommen werden, stellt das Mapping hegemoniale Narrative in Frage und schlägt gegenständliche Wege der Verortung vor. Die Erzählungen, die dabei entstehen, haben ebenso viel mit Ihnen zu tun wie mit den Verbindungen, die die Künstler herstellen.