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Deutschkurse im Ausland
Mit Goethe nach Wien

Wien, Hofburg
Wien, Hofburg | Foto: Wolfgang Zwanzger, Colourbox

Die Journalistin und Moderatorin Jana Kománková ist im Sommer nach Wien zum Deutschkurs gefahren. Und wie anders als mit dem Goethe-Institut? Lesen Sie hier, was ihr in der Donaustadt gefallen hat und was nicht, was sie gelernt hat und was nicht.

Von Jana Kománková

„Das Ziel des Deutschen ist es, sämtliches menschliches Wissen in ein einziges zusammengesetztes Wort zu packen.“ Das konstatierte ein gewisser User auf dem Server okoun.cz. Dass an dieser Meinung etwas dran ist, weiß wohl jeder Tscheche, der ab und an einen LKW sieht, dessen Länge gerade so ausreicht für die Aufschrift des Firmennamens. Oder deutsche Nachrichten hört und dort so entzückende Wörter wie das Arbeiterunfallversicherungsgesetz aufnimmt. Mich faszinieren diese Bezeichnungen und Deutsch gefällt mir, aber meine Kenntnisse sind mit der Zeit verblasst. Und so ist in meinem Kopf die Idee gereift, dass ich mir im Sommer Zeit für einen Deutschkurs nehme.

Warum das Goethe-Institut

Vor etwa zwanzig Jahren hat mir Jaroslav Rudiš, damals noch Musikjournalist, heute Träger des Chamisso-Preises/Hellerau verraten, dass das Goethe-Institut in Berlin einen Deutschkurs für Journalisten und Lehrer anbot, den er damals selbst absolviert hatte. Bingo! Und so habe ich dort einen tollen Monat erlebt mit Unterricht am Vormittag und einem Rahmenprogramm am Nachmittag wie etwa einer Exkursion mit jungen Architekten durch die Berliner Innenhöfe. Bis heute denke ich gern an die Zeit zurück. Der Lehrer war ein wohlwollender Herr mittleren Alters aus Bayern, dessen Liebe für die Sprache sehr inspirierend war. Und bis heute erinnere ich mich an das gute Gefühl, das die Organisation des Programms hinterlassen hat.
 
In der Erwartung eines ähnlich bereichernden Aufenthalts habe ich mich abermals für das Goethe-Institut entschieden, das mir auch wegen seiner Kulturarbeit sympathisch ist, und diese Idee erwies sich als leicht realisierbar. Und so konnte ich im September mit dem Zug nach Wien fahren, wo das Institut zwar keine dauerhafte Niederlassung hat, aber einen sog. Sommerkursort, und zwar im Gebäude des Instituto Cervantes, wo ansonsten Spanisch unterrichtet wird.

Wie, wann und für wen

Die Interessenten für Deutschkurse kommen bei weitem nicht nur aus Europa. In unserem Kurs war eine Dame aus Argentinien, in einem anderen ein Brasilianer („Warum Deutsch? Nun, warum nicht? Mir macht das Spaß!“). In meinem Kurs war ein Dutzend Lernender in einer angenehmen Altersmischung: eine Frau aus Frankreich, die Philosophie studiert hatte und ein Jahr vor der Rente war, aber auch Studentinnen, zum Beispiel eine sehr aktive Engländerin mitten im Chemiestudium in Oxford („Ich will eine weitere Sprache lernen und die anderen haben mir nicht so gefallen“) oder eine angehende italienische Pharmakologin, die einen Studienaufenthalt in Hamburg plante. Auch hatten wir einen technikorientierten jungen Mann aus Polen und eine fleißige Russin, die sich in der Schweiz niedergelassen hatte. Der Unterricht verlief oft in Gruppen, was nicht unbedingt meine präferierte Arbeitsweise darstellt. Dennoch war alles so vielfältig, dass mich Aufgaben wie „fragen Sie sich gegenseitig nach Ihren Familienverhältnissen entlang dieser Themenliste“ nicht einmal gestört haben.
 
Es lief. Die Aufmerksamkeit der Studierenden zu halten ist etwas, was ich für außerordentlich schwer halte, dank der gut gemischten Aktivitäten aber gelang dies mit einer bewundernswerten Perfektion: In zwei Wochen Intensivkurs (8:30-13:00 Uhr) haben weder ich noch meine Mitkursisten das Interesse verloren, und dies nicht einmal nachdem die Mehrheit der Lernenden einen recht heiteren Abend bei einem der Teilnehmenden hinter sich hatte. Die Lehrerin aber hat sich abgerackert, indem sie in die motivierte Runde immer wieder neue Materialien warf – aktuelle Zeitungsartikel, Tabellen, Bilder, Übersichten – und Grammatikübungen gut mit spielerischeren oder multimedialen Lernformen kombinieren musste. Ein Lehrbuch haben wir auch bekommen. Fein war auch, etwas über den Wiener Dialekt zu erfahren, auch wenn der Unterricht selbstverständlich in der schriftsprachlichen Form des Deutschen verlief, also auf „Hochdeutsch“.

Unsere Pädagogin unterrichtet außerhalb der Sommersaison an der Wiener Universität und hat die Dinge gut im Griff. Ich denke, dass es motivierend für sie sein muss, zu sehen, wie aus Leuten, die als verwirrte Mitschüler von Hyman Kaplan (dem Englisch-Schüler in den humorvollen Büchern von Leo Rosten) erscheinen, dank ihr Personen werden mit einer Sprachkompetenz, die alltägliche Gespräche ermöglicht.

 
  • Wiener Schnitzel Foto: Colourbox
    Wiener Schnitzel
  • Die Stadt Wien Foto: Colourbox
    Die Stadt Wien
  • Spass in Wien Foto: Getty Images
    Spass in Wien

Das Plus an Kultur

Fester Bestandteil des zweiwöchigen Kurses war auch ein Kulturprogramm und zwar von höchster Qualität. Jeden Tag fanden für gewöhnlich zwei Aktivitäten statt, ein nachmittäglicher kommentierter Stadtrundgang durch Wien mit örtlichen Angestellten des Goethe-Instituts, manchmal ein Museumsbesuch, am Abend konnte man ins Konzert gehen oder in die Kneipe, am Wochenende einen Spaziergang durch die riesigen Gärten von Schönbrunn und einen Ausflug in die Weinberge unternehmen. Für die Teilnehmer alles kostenlos, also natürlich bis auf die Ausgaben in der Kneipe ... Die Begleiterinnen brannten dafür, uns wirklich alles zu erzählen; für mich als Tschechin war einiges bekannt, weil unsere Geschichte natürlich mit der Wiens verbunden ist, für manche aus entfernteren Ländern war alles neu.

Die Rundgänge entlang der Denkmäler bekannter Persönlichkeiten, die Touren durch das Zentrum, wie etwa der Ausflug zum Thema Mittelalter oder einige Stunden in den sonnigen, gepflegten Parks waren interessant und man lernte Dinge, auf die man sonst nicht gekommen wäre (haben Sie jemals über den ökologischen Aspekt in Zusammenhang mit Opern nachgedacht?). Es ist aber auch wahr, dass dies in Kombination mit dem Unterricht sehr anstrengend war. Meine Vorstellung, dass ich viiiieeeel Zeit haben werde, um in Cafés abzuhängen und für ein paar Stunden allein das Museumsquartier genießen würde, war völlig falsch. Auch, sich nach der Rückkehr in das Quartier dazu zu bewegen, noch die Hausaufgaben zu erledigen, erforderte einige Überwindung. Die meisten Aufgaben waren zeitlich nicht besonders anspruchsvoll, erforderten aber ordentlich Hirnschmalz, vor allem wenn man sich im Dschungel der Endungen zurechtfinden musste (aber das Gefühl, wenn man fertig war!). Dennoch absolvierte niemand von uns alles, jeder mischte sich die Aktivitäten nach seinen persönlichen Präferenzen oder verzichtete auch einmal auf das organisierte Programm und ging auf eigene Faust in eine Galerie oder auf ein Schnitzel.

Ich habe an den Abenden und in den Pausen noch gearbeitet, was zwar schön in dem Sinne war, dass man sich zwei Wochen lang nicht um seine Abwesenheit kümmern musste und sich sagte, in was für einer tollen Zeit man lebt, dass man so viele Dinge aus der Ferne erledigen kann, aber manchmal war mir, als hörte ich meine Hirnwindungen ächzen ...

Stars ausgraben

Unterhaltsam waren für mich die Momente, als uns die Guides etwas in so einem völlig selbstverständlichen Ton erklärten, es ging einfach um Teile der Geschichte, die sie gut kannten, die aber aus der heutigen Sicht für jemanden, der keine Ahnung hat, schlichtweg bizarr waren. Für immer im Gedächtnis bleibt mir der Besuch auf dem Zentralfriedhof, und dies keineswegs nur wegen des dortigen Bestattungsmuseums, in dem skurrile Nudeln in Form von Totenschädeln verkauft werden oder eine Friedhofsszenerie aus Lego.

Wem würde einfallen, dass, wenn im 19. Jahrhundert ein neuer Friedhof weitab des Zentrums gebaut wird und sich die Leute dort nicht begraben lassen wollen, dass es ... einen Beamten geben würde, der attraktive und auf anderen Friedhöfen liegende Verschiedene aussuchen, exhumieren und an einen neuen Ort der letzten (?!) Ruhe bringen würde?!!! Mir jedenfalls nicht. Es klappte jedenfalls hervorragend; die gewöhnlichen Wiener wollten Seit‘ an Seit‘ neben einem der Stars vermodern und so kann man diese Idee im Jahre 2019 als „eine geniale Marketingidee“ bezeichnen. Man stelle sich so etwas heute vor ...

 
  • Zentralfriedhof in Wien © Jana Kománková
    Zentralfriedhof in Wien
  • LEGO-Trauerfamilie © Jana Kománková
    LEGO-Trauerfamilie
  • Totenkopf-Nudeln aus Wien © Jana Kománková
    Totenkopf-Nudeln aus Wien

Zum Schluss

Summa summarum halten die Kurse des Goethe-Instituts meiner Meinung nach ein super Niveau. Für mein Geld habe ich neben dem Unterricht auch eine Menge kulturell-historisches Futter und viele Materialien zum Selbststudium bekommen. Den nächsten Kurs mache ich früher als in zwanzig Jahren, das war wirklich gut angelegtes Geld. Wahrscheinlich versuche ich es in Hamburg und werde Ihnen dann wieder berichten.


Wien Wien | Foto: Colourbox

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