Wohnen in Deutschland
Die Schlossgemeinschaft
Schloss Tonndorf wurde im 12. Jahrhundert auf einer Anhöhe nördlich des gleichnamigen Dorfes im heutigen Thüringen errichtet. | Foto (Zuschnitt): © Paul-Ruben Mundthal
Wohnen im Schloss, leben mit der Natur: So könnte man die Philosophie der Bewohner von Schloss Tonndorf im Thüringer Wald zusammenfassen. Rund 60 Menschen leben auf dem idyllischen Anwesen als Wohn-, Arbeits- und Lebensgemeinschaft zusammen.
Von Paul-Ruben Mundthal
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Auf einer kleinen Anhöhe gelegen, ist Schloss Tonndorf schon von weitem gut sichtbar: Seine rund 60 Bewohner, darunter viele Familien, haben sich im Jahr 2005 in einer Genossenschaft organisiert. Gemeinsam wollen sie das denkmalgeschützte Schloss erhalten, solidarisch zusammenleben und eine ökologische Lebensweise verfolgen. -
Das Wahrzeichen des Schlosses ist der 44 Meter hohe Burgfried, dessen Mauern stolze 3,70 Meter breit sind. Bewohnbar ist er nicht, er wird lediglich als Aussichtsplattform genutzt. Das Schloss, der Burgfried und der Vorhof sind von einer hohen Mauer und einem Burggraben umschlossen. -
Eine steinerne Brücke führt vom Schlosshof hinaus auf das Gelände. Rund 30 Hektar umfasst das gesamte Gemeinschaftsgrundstück, zu dem weitere Gebäude, Felder, Streuobstwiesen, Weiden und Wälder gehören. Teile davon stehen unter Naturschutz. -
Der Architekt Thomas Meier ist Mitbegründer der Gemeinschaft. In den vergangenen 13 Jahren hat er viel über Tierhaltung und Obstplantagen gelernt, zwei Drittel seines Tages verbringt er in der Natur – unter anderem bei den rund 150 Bienenvölkern der hauseigenen Imkerei. -
Die Gemeinschaft strebt weitgehende Selbstversorgung an – dazu gehört Viehzucht ebenso wie ein eigenes Abwassersystem. Die erwirtschafteten Produkte verkaufen sie unter anderem an die Bewohner der umliegenden Dörfer. Insgesamt 20 Genossenschaftsmitglieder sowie einige Angestellte finden so Arbeit auf dem Gut, die anderen arbeiten auswärts. -
Schlossromantik kommt auf, wenn man die herrschaftliche Eingangshalle betritt. In der unteren Etage befinden sich die gemeinschaftlich genutzten Räume wie Küche, Billard-Zimmer und Café; im oberen Stockwerk liegen die privaten Wohnflächen. -
Die Gemeinschaftsräume von Schloss Tonndorf stehen allen offen – auch den vielen Besuchergruppen, die aus der ganzen Welt anreisen. Beim allwöchigen Sonntagscafé können sie das Gemeinschaftsleben kennenlernen. Teile des Schlosses wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, gehört zu den Zielen, die sich die Gemeinschaft gesetzt hat. -
Bei den Führungen von Thomas Meier können sich Besucher und Anwohner die Gebäude und den Außenbereich ansehen – wie hier die Räume des Cafés, das derzeit restauriert wird. Anfangs sei die Skepsis in den Dörfern groß gewesen, ob die Gemeinschaft ein so großes Sanierungsprojekt würde stemmen können, erzählt er. Doch die Fortschritte seien nun für alle sichtbar. -
In der Gemeinschaftsküche treffen sich nicht nur die Schlossbewohner, sondern auch Seminargruppen und Freiwillige, die an internationalen Workcamps oder an einem der zahlreichen Workshops teilnehmen, die von Yoga bis zu gewaltfreier Kommunikation reichen. Abspülen muss jeder Gast selbst. -
Nicht alle Bewohner leben auf dem Schlossgelände. Dieser Wohnbereich befindet sich in einem Waldstück, idyllisch gelegen zwischen Eichen und Trauerweiden. Hier können sich die Bewohner zurückziehen und die Natur genießen. -
Thomas Meier und seine Frau haben sich in einem etwa 300 Meter vom Schloss entfernten Wohngebäude eingerichtet. Für die rund 80 Quadratmeter Wohnfläche, die auch ein kleines Gartenhaus umfassen, zahlen sie 650 Euro Miete im Monat. Darin enthalten sind die anteilige Miete für die Gemeinschaftsräume und die Nebenkosten. -
Dass auch die Kinder naturnah aufwachsen, gehört für die Gemeinschaft ganz selbstverständlich dazu. Der Waldkindergarten „Grashüpfer“ etwas außerhalb des Geländes bietet eine Halbtagsbetreuung für 15 Kinder an, darunter auch Kinder aus der Umgebung. -
Für die Zukunft wünscht sich Thomas Meier, dass die Gemeinschaft und die Dorfbewohner noch enger zusammenarbeiten. Einige gemeinsame Projekte haben sie bereits angestoßen: Auf Mitfahrbänken an den Ortsausgängen sollen Bewohner in Zukunft auf eine Mitfahrgelegenheit warten können, und auch Obstbaumpflanzen zwischen den Dörfern ist geplant.