Erika Mann
Hartnäckiger Glaube an Demokratie und Freiheit
Sie war weit mehr als die Tochter aus berühmtem (Künstler-)Hause: Erika Mann arbeitete als Kriegsreporterin, baute eine Kabarettgruppe auf, hielt politische Reden – und trat dabei stets für Freiheit und Demokratie ein.
Von Romy König
Kabarett aus dem Exil
Vor allem wollte sie Theater spielen, reisen, schreiben. Aber dann kamen in Deutschland die Nationalsozialisten an die Macht – und Erika Mann begann ihren ganz eigenen Kampf gegen die Nazi-Ideologie. Geboren 1905, als älteste Tochter des berühmten deutschen Schriftstellers Thomas Mann und seiner Frau Katia, hatte sich die Münchnerin zunächst der Schauspielerei zugewandt, bevor sie begann feuilletonistische Texte, wie etwa Glossen für die Tageszeitung Tempo, Reise- und später auch Kinderbücher zu schreiben. Damit finanzierte sie 1927-1928 unter anderem eine Weltreise. Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus erwachte auch ihr politisches Bewusstsein: Anfang 1933 gründete sie, gemeinsam mit ihrem Bruder Klaus, die Kabarettgruppe Die Pfeffermühle, nur um damit schon zwei Monate später ins Exil gezwungen zu werden. Fortan trat sie mit ihrem politischen Programm aus Chansons, Rezitationen und Sketchen in anderen europäischen Ländern auf, zunächst vor allem in der Schweiz, dann auch in Belgien oder Holland. Drei Mal tourte sie auch durch die Tschechoslowakei – die Vorstellungen dort waren fast immer ausverkauft. Klaus Mann würdigte später die wichtige Rolle seiner Schwester innerhalb des Ensembles. Sie schrieb nicht nur die meisten Texte, sie war auch „Conférencier, Direktor, Organisator“: „Erika sang, agierte, inspirierte, kurz, war die Seele des Ganzen“, hielt er in seiner Autobiographie fest.
Politische Aufklärerin
Ihr politisches Engagement weitete Erika Mann im amerikanischen Exil – 1936 emigrierte sie in die USA – aus: Als sie erkannte, dass die Form des Kabaretts beim US-Publikum nicht ankam, begann sie als Rednerin – als so genannter „lecturer“ – zu arbeiten, reiste durch die Vereinigten Staaten und hielt politische Vorträge. Daneben schrieb sie weiter, veröffentlichte Bücher über die deutsche Kulturarbeit im Exil und Bände mit Dokumentarberichten über das Leben in Zeiten des Faschismus. Politische Aufklärung betrieb sie auch als Kriegskorrespondentin für verschiedene Medien. Nicht nur wandte sie sich in Radiobeiträgen an die Deutschen, sie begleitete auch amerikanische Streitkräfte nach Nordafrika, Belgien und Frankreich und war dabei, als die Westalliierten am 6. Juni 1944, dem D-Day, an der normannischen Küste anlandeten.
Glaube an Wahrheit und Toleranz
Der Einzug des Kalten Krieges beendete Erika Manns Arbeit als politische Aufklärerin, doch ihr Schaffen wirkt bis in die Gegenwart. „Das einzige Prinzip, an das ich mich halte“, so notierte sie schon 1943, „ist mein hartnäckiger Glaube an einige grundlegende moralische Ideale, Wahrheit, Ehre, Anstand, Freiheit, Toleranz.“ Davon ginge auch heute noch eine inspirative Kraft aus, urteilt Irmela von der Lühe, Erika-Mann-Biographin und Berliner Literaturprofessorin, anlässlich einer von ihr kuratierten Ausstellung im Oktober 2020 in Frankfurt am Main: „Erika Mann hatte ein Verständnis von Politik und publizistischer Aktivität, in der es nicht um Ideologie oder Utopie geht, sondern um den Glauben an eine demokratische Gesellschaft, die scheitern kann, wenn sie nicht verteidigt wird.“ Es sei diese Haltung, die Erika Mann aktueller und bedeutungsvoller denn je erscheinen ließe, und die eine Beschäftigung mit ihr gerade heute so wertvoll mache.