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Café der Stille

Foto: © Isabelle Daniel

Der gehörlose Gastronom Sezer Yigitoglu betreibt ein Café in Berlin-Neukölln

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Sezer Yigitoglu hat als erster Gehörloser Deutschlands im Juli 2012 ein Café eröffnet. Foto: © Isabelle Daniel

Es ist ziemlich still im Berliner Café Ole. „Ist die Musik zu leise?“ Sezer Yigitoglu weiß es nicht. Der 30-jährige Gastronom kann nicht hören. Als erster Gehörloser Deutschlands hat er im Juli 2012 ein Café eröffnet und sich damit einen Lebenstraum erfüllt.

Wirklich still sitzen kann Sezer Yigitoglu nicht. Immer wieder steht er während des Interviews auf, um kurz in die Küche zu verschwinden, einen Cappuccino zuzubereiten oder einem Gast die Rechnung zu bringen. „Sezer ist ein richtiges Arbeitstier“, sagt Spunk Seipel, der seinem Freund und Arbeitgeber öfter seine Stimme leiht. Wer als Hörender mit Yigitoglu kommunizieren will und keine Gebärdensprache kann, braucht einen Dolmetscher. Als solcher fungiert während unseres Gesprächs Spunk Seipel, der die in Gebärdensprache formulierten Antworten seines Chefs übersetzt.

Yigitoglu ist von Geburt an gehörlos. Irgendwann ein eigenes Café zu betreiben, war immer sein Traum.

Gehörlose Touristen aus ganz Deutschland kommen hierher

Nach einem aufwändigen Gang durch den Berliner Behördendschungel hat er sich diesen Traum erfüllt. Yigitoglu macht kein Geheimnis daraus, dass er bei der Planung seiner Selbstständigkeit keine große Hilfe aus dem Jobcenter erfuhr. Wohl auch weil sein Fall beispiellos ist, gab es dort niemanden, der den als schwerbehindert eingestuften Yigitoglu bei der Verwirklichung seiner Karriere wirklich unterstützt hätte.

Dessen Wille, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, war jedoch groß: 2011 war der gelernte Bäcker plötzlich arbeitslos, „kein Zustand, mit dem so ein Workoholic umgehen könnte“, wie Arbeitsassistent Seipel einwirft.

Bis er seinen Traum von der Selbstständigkeit verwirklichen konnte, verging jedoch fast ein Jahr. „Die Skepsis bei den Mitarbeitern im Jobcenter war groß“, sagt Yigitoglu. „Sie hat sich eigentlich erst gelegt, als der erste Zeitungsartikel über das Café erschienen ist.“

Natürlich braucht ein besonderes Café auch einen geeigneten Ort. Als ein Laden genau in dem Kiez frei wurde, in dem Yigitoglu 1982 geboren wurde und in dem er auch heute noch wohnt, griff er zu.

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Nicht jeder weiß, dass Yigitoglu gehörlos ist

Das Café, das etwas abseits der hippen Berliner Kieze im Stadtteil Neukölln liegt, hat tatsächlich einmaligen Charakter. Selbst wenn Gäste da sind, ist es vergleichsweise still. „Die absolute Mehrheit der Gäste sind zwar Hörende, aber es kommen auch sehr viele Gehörlose – darunter Touristen aus ganz Deutschland – ins Café“, erzählt Yigitoglu, der die Bestellungen gehörloser Gäste in Gebärdensprache entgegennimmt. Andere Gäste können auf die Karte zeigen, um ihre Bestellung aufzugeben oder langsam sprechen. Dann liest Yigitoglu seinem Gast den Wunsch von den Lippen ab.

Bei Menschen, die er kennt, kann der 30-Jährige das ziemlich gut. „In den achtziger Jahren, als Sezer geboren wurde, war es eine pädagogische Vorstellung, dass es für die Integration Gehörloser besser sei, wenn ihr enges Umfeld keine Gebärdensprache beherrscht“, weiß Seipel. Yigitoglus Familie hat deshalb nie die Gebärdensprache gelernt.

Nicht jeder, der ins Café Ole kommt, weiß, dass der Betreiber nicht hören kann. „Manche wundern sich, wenn Sezer nach der Bestellung zur Kaffeemaschine geht und sich nicht noch einmal umdreht, wenn man ihm etwas hinterherruft. Die meisten bemerken dann aber doch schnell, dass er gehörlos ist. Er geht ja ziemlich offensiv damit um“, erzählt Seipel aus dem Alltag seines Chefs.

Noch lieber als an der Theke steht Yigitoglu allerdings in der Küche. Alles, was man im Café Ole essen kann, ist selbstgemacht. An manchen Tagen backt Yigitoglu fünf Kuchen, daneben gibt es in der Regel Quiche und türkische Spezialitäten.

In Neukölln hat sich das Café mit den hausgemachten Speisen herumgesprochen. Meistens ist viel los. Deswegen will Yigitoglu zwei Mitarbeiter einstellen. Weil beide schwerbehindert sind, steht ihm eine erneute Auseinandersetzung mit der Bürokratie bevor. „Offenbar hat das Jobcenter Angst, dass alles zusammenbricht, wenn hier zwei Schwerbehinderte für ein paar Stunden pro Woche arbeiten“, bedauert Yigitoglu.


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April 2013

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