Menschenrechte sichern...Mit Amnesty International
Es ist nun schon drei Jahre her, seit ich das erste Mal ein Freiwilligen-Treffen der Amnesty International (AI) Gruppe in Brno besuchte. Seitdem bin ich Mitglied der Gruppe, obwohl ich mit schlechtem Gewissen hinzufügen muss, dass ich aus Zeitmangel nicht mehr zu jenen gehöre, die mit Elan bei jeder Aktion von AI dabei sind. Aber der Reihe nach: wie fing das eigentlich alles an?
Als ich mit der Uni anfing, fiel mir auf, wie viele meiner Freunde davon sprachen, dass sie zu einem Gruppentreffen müssen, eine Filmvorführung zu organisieren haben, eine Pressemeldung vorbereiten oder ein Programm zusammenstellen müssen – kurz gesagt, dass sie ständig etwas zu tun haben. Bald merkte ich, was dahinter steckt. Ihr Engagement betraf weder Pflichten an der Uni noch handelte es sich um irgendeinen Job; vielmehr waren sie als Freiwillige in unterschiedlichen gemeinnützigen Organisationen aktiv. So etwas wollte ich auch selbst mal ausprobieren. Und so kam ich zu Amnesty International.
Die Organisation interessierte mich aufgrund ihrer Zielsetzung und der Art der Tätigkeit. Mir war besonders sympathisch, dass nicht nur darüber geredet wurde, was zu tun sei, sondern dass man gleich Taten folgen ließ. Wie sieht also die „Arbeit“ als Amnesty-Freiwillige aus? Die regelmäßigen Treffen finden an der Uni oder im Café statt; dort werden Aktionen geplante und überhaupt alles besprochen, was so ansteht. Denn es ist nicht ganz einfach, diese ganzen Aktivitäten in den vollen Terminkalender zu integrieren. Die Aufgaben werden untereinander verteilt, wir versuchen uns originelle Ideen auszudenken, mit denen wir Aufmerksamkeit erzeugen können, wir überlegen, wen wir ansprechen werden und mit wem wir zusammenarbeiten wollen.
Die Gruppe in Brno organisiert im Laufe des Jahres diverse Filmvorführungen und Unterschriftenaktionen, gleichzeitig beteiligen wir uns auch an Aktionen von anderen gemeinnützigen Organisationen in der Stadt. Wir haben unter anderem den inhaftierten chinesischen Cyber-Dissidenten Huang Jinqiu „adoptiert“. Das bedeutet, dass wir für seine Freilassung Unterschriften sammeln und seinen Fall in der Öffentlichkeit bekannt machen wollen. Manchmal schicken wir Huang einen Brief ins Gefängnis, in dem wir ihm Mut und Kraft wünschen. Wer dieser Huang eigentlich ist? Er arbeitete als Journalist, schrieb unter anderem politisch engagierte Artikel und kündigte die Gründung einer politischen Partei an. Das war wohl der endgültige Anlass für seine Verhaftung im September 2003, ein Jahr darauf wurde er zu zwölf Jahren Haft wegen „Subversion“ verurteilt.
Kürzlich erreichte Huang und auch unsere Gruppe in Brno eine sehr gute Nachricht. Dem Cyber-Dissidenten wurde die Haftzeit verkürzt, er könnte demnach noch im Jahr 2011 entlassen werden, ursprünglich war dies erst für den Juli 2013 vorgesehen. Solche Nachrichten bedeuten für uns Freiwillige immer eine große Aufmunterung und Ermutigung, denn die Ergebnisse unseres Engagements sind im Prinzip unsicher und nicht vorhersagbar, das gilt vor allem im Bereich der Menschenrechte. Immer wenn etwas gelingt, bedeutet dies einen weiteren Motivationsschub, und Motivation ist bei unbezahlter Arbeit immens wichtig. Unsere AI-Gruppe engagiert sich natürlich weiter für zu Unrecht Verfolgte. Jetzt „kümmern“ wir uns um die inhaftierte Chen Zenping, sie ist eine Anhägerin der Falun-Gong-Bewegung, die in China verboten ist und staatlich verfolgt wird.
Unsere Begeisterung für die Sache bekommt jedoch oft einen Knacks, und wir werden schweren Proben unterzogen. Oft müssen wir dabei kleinere und größere Hürden bewältigen. Unsere Organisation muss jede Krone zweimal umdrehen, und deshalb stellen wir Dinge oft selber her oder versuchen alles möglichst günstig oder kostenfrei zu organisieren, damit unser kleines Budget nicht unnötigen Belastungen ausgesetzt wird. Ein weiteres Problem ist ein gewisses Desinteresse, dem wir bei unseren Unterschriftenaktionen und an unseren Infoständen begegnen. Manche Passante flüchten geradezu vor uns, als hätten sie Angst, dass wir ihnen irgendwelche Waren andrehen wollen. Deshalb muss man lernen, mögliche Enttäuschungen gut wegzustecken und sich an kleinen Erfolgen zu freuen.
Warum sich also als Freiwilliger engagieren? Die Tatsache, dass man etwas „umsonst“ tut, bedeutet nicht gleichzeitig, dass man nichts „davon hat“. Neben dem guten Gefühl und dem Bewusstsein, dass ich mich etwas Sinnvollem widme, lernte ich eine Menge Leute mit ähnlichen Ansichten und Denkweisen kennen, das hat meinen Horizont und meine Kenntnisse erweitert. Und natürlich ist das alles eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Außerdem bedeutet diese Art Engagement nicht ausschließlich Anstrengung und Ernst. Nach unseren Treffen diskutieren wir im Café oder in der Kneipe auch gerne mal über nicht ganz so ernste Angelegenheiten. Und noch einen Vorteil möchte ich hervorheben: Mit unseren Infoständen präsentieren wir AI, vor allem im Sommer, auf diversen Festivals und können somit an diesen Kulturveranstaltungen umsonst teilnehmen. Auch das kann man als eine Art Belohnung für unsere Bemühungen empfinden. Und das lohnt sich dann schon, oder?