Über Kunst in Zeiten des Krieges
Ab dem 20. September ist in der Königlichen Bibliothek eine umfassende Ausstellung zum Werk des ukrainischen Fotokünstlers Boris Mikhailov zu sehen:
Ukrainian Diary – Photography by Boris Mikhailov from 1966 to the Present. In diesem Kontext wird in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Dänemark am 12. November um 19 Uhr ein Podiumsgespräch mit der ukrainisch-deutschen Schriftstellerin Katja Petrowskaja präsentiert.
Das Gespräch findet auf Englisch statt.
Die Schriftstellerin und Journalistin Katja Petrowskaja wuchs in Kiew auf, lebt und arbeitet aber bereits seit vielen Jahren in Berlin. Ihre Muttersprache ist Russisch, aber sie schreibt auf Deutsch. Ihr neuestes Buch,
Das Foto schaute mich an, eine Sammlung von Foto-Kolumnen aus den Jahren 2015 bis 2021, erschien 2022 beim Suhrkamp Verlag. Im Mai 2024 veröffentlichte der Palomar Verlag die dänische Übersetzung von Jacob Jonia. Die poetischen Essays über Fotografien, die die Autorin zufällig in Bildbänden, Ausstellungen, privaten Fotoalben oder im Internet entdeckt hat, verbinden persönliche Assoziationen und Erinnerungen mit Reflexionen über grundlegende Aspekte des Lebens wie Freundschaft und Verwandtschaft, aber auch Neuanfänge oder Tod. Im Hintergrund ist stets das Kriegsmotiv spürbar, auch wenn es nicht unbedingt im Mittelpunkt steht.
Katja Petrowskaja spricht mit der Fotokuratorin Charlotte Præstegaard Schwartz und der Direktorin des Dänischen Kulturinstituts, Camilla Mordhorst, über die Frage, wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine auch die Kunstszene beeinflusst.
Zitat
»In den letzten sieben Jahren habe ich alle drei Wochen – im Walzerschritt dem Marsch-Rhythmus der Wochenzeitungen entgegen – einen Text zu einem Foto meiner Wahl geschrieben. Bilder strömen von überall her auf uns ein: aus Zeitungen, Büchern, von Plakatwänden, Ausstellungen, aus dem Smartphone und dem Internet. Ein einzelnes Foto zu besprechen war mein Versuch, innezuhalten und zu verweilen. Ich wollte die Inflation der Bilder bremsen, nicht weltweit, sondern für mich, als wäre das Betrachten ein langsamer, etwas altmodischer Prozess. Es ging mir dabei um Begegnungen mit dem Visuellen: Krieg in der Ukraine, Enigma der Frauenkörper oder eine Wolke am Himmel. Im Lauf der Zeit sind diese punktuellen Kolumnen zu einem kontinuierlichen Text, zu einem Tagebuch des Nachdenkens geworden.«
Aus der Danksagung von Katja Petrowskaja: Das Foto schaute mich an, Suhrkamp, 2022.
Katja Petrowskaja wurde 1970 in Kiew geboren und lebt seit 1999 in Berlin. Sie studierte in Tartu, Stanford und Moskau Literaturwissenschaft und ist als Journalistin für deutsche und russischsprachige Medien tätig. Ihr literarisches Debüt
Vielleicht Esther (2014) wurde in über 30 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Die ursprünglich für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung geschriebenen Essays in
Das Foto schaute mich an beziehen sich auf ganz unterschiedliche Motive: das Foto einer geisterhaften Pflanze in einem Buch über Tschernobyl, das rauchvernebelte Gesicht eines Grubenarbeiters in einer Kiewer Ausstellung oder ein syrisches Flüchtlingspaar bei der Landung auf Lesbos, abgedruckt in der New York Times. Zusammen bilden die Texte eine konzentrierte Geschichte über die Gegenwart, die oft in die Vergangenheit weist.
Charlotte Præstegaard Schwartz ist seit September 2021 Fotokuratorin in der Königlichen Bibliothek. Die promovierte Kunsthistorikerin verfügt über langjährige Erfahrungen als Kuratorin und Wissenschaftlerin. U.a. war sie in Statens Museum for Kunst in Kopenhagen, im Museum für Fotokunst / Kunstmuseum Brandts in Odense und im Arken Museum of Contemporary Art tätig.
Camilla Mordhorst ist seit 2019 Direktorin des Dänischen Kulturinstituts, wo sie u.a. eng mit dem Ukraine House in Denmark zusammenarbeitet. Sie studierte zunächst Kommunikationswissenschaften und europäische Ethnologie und promovierte 2004 in Museumswissenschaften. Zu ihren vorherigen Positionen gehört u.a. die stellvertretende Leitung des dänischen Nationalmuseums und die Leitung der Kommunikationsabteilung im Kopenhagener Stadtmuseum.
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