© 2019 Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG, München
Logbuch eines Büchsenmachers: Schon rein vom Haptischen her ist Raoul Schrotts altertümelndes Reisebuch und karikierender Bildungsroman in einem unwiderstehlich. Peter-Andreas Hassiepen bemühte sich mit seiner Buchgestaltung, dem Werk den Flair der Buchkunst des 16. Jahrhunderts einzuhauchen. Der deutsche Kanonier Hannes von Aachen kommt in den zentralen Kapiteln ungebildet und unverblümt zu Wort, Schrott fungiert aber auch selbst in der ersten Person als Erzähler, da er Hannes‘ Weltumrundungen teils selber wiederholt. Seine Sprache ist archaisch und manieriert, verlangt von den Leser*innen Aufmerksamkeit und fasziniert mit malerischen Details.
Kanonengießen, Bestrafung an Bord, Hunger und Verzweiflung im Pazifik entstehen getreu vor dem Auge der Leser*innen. Magellans Weltumrundung vor fast genau 500 Jahren birgt keine Geheimnisse, der Zeitvertreib und die Zeiteinteilung auf den Segelschiffen aber sehr wohl. Hannes kehrt als einer von lediglich 18 Besatzungsmitgliedern von der ersten Reise zurück, um dann noch zwei anzutreten. Bei der dritten kommt er aus reinem Schabernack auf der Osterinsel ums Leben, woselbst er seine Geschichte phonetisch auf Bananenblätter diktiert hatte. Die Weite der Ozeane als Schrotts wiederkehrendes Thema wird barock aufgemacht.
Carl Hanser Verlag
Raoul Schrott
Eine Geschichte des Windes oder Von dem deutschen Kanonier der erstmals die Welt umrundete und dann ein zweites und ein drittes Mal
Carl Hanser Verlag, München, 2019
ISBN 978-3-446-26380-2
324 Seiten
Rezensionen in den deutschen Medien:
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