Arvo Pärt - Komponist
Die deutsche Sprache ist für mich nie ganz fremd gewesen. In der Familie meines Stiefvaters Kuhlberg wurde auch fließend Deutsch gesprochen. Mein eigenes Interesse für Deutsch ist erst in meiner Zeit am Konservatorium erwacht, als wir eine Fremdsprache wählen mussten und ich mich für Deutsch entschied.
Unsere musikalische Ausbildung stammte ja hauptsächlich aus der deutschen, Wiener und italienischen Schule und Kulturgeschichte. Wir mussten nicht den „Sozialismus“ bauen, sondern haben Bach, Beethoven, Mozart, Schubert, Brahms gehört und analysiert. Auch mein lieber Lehrer Heino Eller hat oft im Kompositionsunterricht erzählt, wie er vor dem Krieg in Deutschland und Österreich war, welche Berührungspunkte er mit der dortigen Musiklandschaft hatte. Er zeigte uns Noten und Bücher, die er von dort mitgebracht hatte. Das alles hat uns tief beeindruckt.
Als wir Anfang 1980 mit der Familie nach Wien gelangten, wo sich auch mein Verlag befindet, und ich daraufhin als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) nach Berlin weiterreiste, wurde deutlich, dass wir nicht unter Fremden angekommen waren. Ich fühlte plötzlich etwas – etwas Derartiges, als ob ich es schon früher einmal erlebt hätte oder damit in Berührung gekommen wäre. Solch ein „heimisches“ Gefühl war für mich selbst unerwartet. Sicherlich kam dieser gewisse Wiedererkennungseffekt teils durch die Sprache zustande. An dieser Stelle möchte ich ergänzen, dass ich dem DAAD unendlich dankbar bin, der sich nicht nur während meines Stipendiums, sondern auch während meiner gesamten 30 Berlin-Jahre um unsere Familie gekümmert hat.
Die deutsche Sprache hat mich beim Komponieren mehrerer Werke inspiriert. Der Titel des Orgelstücks „Mein Weg hat Gipfel und Wellentäler“ klingt allein ja schon äußerst poetisch. Diese Wellentäler und Gipfel haben mich wahrhaftig beflügelt … Und wie schön sind die Worte des Werkes „Sieben Magnificat-Antiphonen“, zum Beispiel im Absatz „O Morgenstern“. Oder die Worte in dem Werk „Es sang vor langen Jahren“ von Clemens von Brentano oder auch der deutschsprachige Psalmtext in dem Werk „Ein Wallfahrtslied“ (Ps. 120). Sicherlich hat die Berührung mit vielen deutschsprachigen Texten sowohl mich als auch meine Musik geformt. Dafür bin ich zutiefst dankbar.