Makerspaces in Bibliotheken
Kreativwerkstätten des 21. Jahrhunderts
An deutschen Bibliotheken gibt es die ersten Experimente mit offenen Kreativräumen, sogenannten Makerspaces. Die positiven Erfahrungen zeigen, dass Bibliotheken und die Do-it-yourself-Bewegung durchaus gut zusammenpassen.
Makerspaces sind offene Räume, in denen Menschen kreativ an physischen Objekten arbeiten. Es sind Räume für neue Ideen und Do-it-yourself-Projekte. Der Makerspace, auch FabLab (Fabrication Laboratory) genannt, ist quasi der Hobbykeller des digitalen Zeitalters. Die Werkzeuge sind nicht mehr Säge und Holz oder Schere und Stoff, sondern Laser-Cutter und 3-D-Drucker. Die neuen Räume dienen vor allem auch der Vernetzung. Man tüftelt nicht mehr allein im Verborgenen vor sich hin, sondern experimentiert gemeinschaftlich im öffentlichen Raum mit neuen Techniken, tauscht Erfahrungen aus und findet Mitstreiter.
Die ersten Makerspaces in deutschen Bibliotheken
Die Makerspace-Bewegung, die in den USA schon in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends aufkam, ist mittlerweile auch in deutschen Bibliotheken angekommen. Die Stadtbibliothek Köln eröffnete 2013 als erste Bibliothek in Deutschland einen Makerspace. Neben einem 3-D-Drucker und -Scanner stehen den Nutzern heute auf der neuen Medien-Etage in der Zentralbibliothek am Josef-Haubrich-Hof unter anderem iPads, ein Keyboard, Gitarren sowie ein Launchpad zur Steuerung von Musiksoftware zur Verfügung. Hier können die Nutzer Schallplatten digitalisieren, Podcasts aufnehmen, an iPads komponieren und vieles mehr. „Wir vermitteln im Makerspace Know-how außerhalb des regulären Bildungssystems und tragen damit zur Erhöhung der Chancengerechtigkeit bei“, erklärt Hannelore Vogt, die Leiterin der Stadtbibliothek Köln. „Im Makerspace hat jeder Zugang zu neuen technischen Entwicklungen.“Als erste wissenschaftliche Bibliothek testete dann 2014 die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) die kreativen Möglichkeiten eines FabLabs: eine Gemeinschaftsaktion der Bibliothek mit einigen Lehrstühlen der Technischen Universität und der Kreativwerkstatt FabLab Dresden, einer wandernden Hightech-Werkstatt mit 3-D-Drucker und Laser-Cutter.
Kompetenzvermittlung als Kernaufgabe der Bibliothek
Doch was prädestiniert gerade Bibliotheken dazu, Makerspaces einzurichten? Kann das FabLab als konsequente Weiterentwicklung dessen gelten, was Bibliotheken immer schon getan haben? Oder gehen die Bibliotheken damit in eine ganz neue Richtung? Hannelore Vogt sieht mehr Kontinuität als Wandel. „Von der Sache her sind Makerspaces zwar etwas relativ Neues, wenn man einmal von Bastelnachmittagen in Kinderbibliotheken absieht. Doch bei der Grundidee gibt es viele Übereinstimmungen mit den traditionellen Aufgaben der Bibliothek als Lernort, als Ort der Kommunikation und der Teilhabe.“Auch Lukas Oehm, der das temporäre FabLab in der SLUB betreut hat, sieht im Makerspace eine folgerichtige Weiterentwicklung. „In einer Bibliothek findet man zu nahezu jedem Thema umfangreiches Wissen. Verschiedene Fachdisziplinen haben aber verschiedene Anforderungen. Während die Geistes- und Sozialwissenschaften sehr textgebunden sind, ist es für die Ingenieur- und Naturwissenschaften notwendig, auch an physischen Objekten unterschiedlichster Art arbeiten zu können.“
Vernetzung und Fortbildung als zentrale Ziele
Die ersten Erfahrungen mit den Makerspaces bewerten beide Bibliothekare rundum positiv. „Das Angebot wurde gut angenommen“, berichtet Oehm. „Und die Kurse, die das FabLab Dresden zur Benutzung der Werkzeuge angeboten hat, waren gut besucht.“ Zudem haben die beteiligten Lehrstühle eine erfolgreiche Summerschool rund um die Technologien im Makerspace veranstaltet. Beflügelt durch die positiven Erfahrungen plant Oehm nun mit seinen Kooperationspartnern die feste Einrichtung eines FabLabs an der SLUB. Dabei ist klar, dass die Bereitstellung von Hardware allein keinen Makerspace macht: „Die Nutzer brauchen Ansprechpersonen, eine Einführung und die Vermittlung von Tipps und Tricks im Umgang mit den neuen Werkzeugen“.In Köln ist der Makerspace bereits mit einem gut funktionierenden Nutzer-Netzwerk fest etabliert. „Die Bibliothek tritt ja nur als Vermittler und Ermöglicher auf“, erklärt Hannelore Vogt. „Sie stellt die technische und räumliche Infrastruktur – und die Menschen helfen sich gegenseitig und geben ihr Wissen weiter.“ Der Schwerpunkt liegt also auf Vernetzung, Information und Fortbildung. „Unser umfangreiches Kursangebot gestalten Bürger für Bürger. Dabei ist das Konzept bewusst sehr offen gehalten.“
Für Vogt ist auch das generationenübergreifende Lernen ein zentraler Punkt. Im Kölner Makerspace bieten Schülerinnen und Schüler der benachbarten Kaiserin-Augusta-Schule Kurse wie Komponieren mit dem iPad, Wie erstelle ich ein eigenes Weblog?, Digitale Bildbearbeitung und einen 3-D-Crashkurs für Anfänger an. „Unsere Angebote werden daher nicht nur von technikaffinen Nerds genutzt, sondern von allen, die sich die Neugierde auf Neues bewahrt haben.“