Interview mit Michael Eissenhauer
“Das goldene Zeitalter.
Die Ära Velázquez”
Das Goldene Zeitalter in Berlin –
Meisterwerke von El Greco, Velázquez und Murillo sind bis Ende Oktober in der Austellung “El Siglo de Oro. Die Ära Velázquez” in der Berliner Gemäldegalerie zu besichtigen. Aus diesem Anlass haben wir Michael Eissenhauer, den Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, interviewt.
El Siglo de Oro, das Goldene Zeitalter der spanischen Kunst, zählt zu den bedeutendsten Kapiteln der europäischen Kunstgeschichte. Vom 1. Juli bis zum 30. Oktober zeigt eine Ausstellung in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin in rund 130 Meisterwerken die Vielfalt der spanischen Malerei und Skulptur des 17. Jahrhunderts. Nach der Station in Berlin wird die Ausstellung vom 25. November 2016 bis 26. März 2017 in der Hypovereinsbank Kunsthalle München zu sehen sein.
Herr Prof. Dr. Eissenhauer, mit der Ausstellung „El Siglo de Oro“ widmet sich die Berliner Gemäldegalerie einer herausragenden Phase der spanischen Kunst. Wie entstand die Idee zu dieser Ausstellung?
In Berlin gibt es eine lange Tradition, spanische Kunst zu sammeln: Bereits 1881 reiste Wilhelm von Bode, der spätere Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, nach Spanien, um Kunstwerke für die Berliner Sammlung zu erwerben. Heute verfügt die Gemäldegalerie über eine der bedeutendsten Sammlungen spanischer Kunst des 17. Jahrhunderts in Deutschland. So befinden sich beispielsweise die Taufe Christi von Bartolomé Esteban Murillo, das Brustbild eines Mannes von José de Ribera, Don Alonso Verdugo de Albornoz (1623-1695) von Francisco de Zurbarán oder das Werk Bildnis einer Dame von Diego Velázquez in ihrem Besitz.
Die lange zurückreichende Tradition, spanische Kunst zu sammeln, und die Faszination an dieser überaus produktiven wie qualitativ hochwertigen Phase in der spanischen Kunstgeschichte waren ausschlaggebende Argumente, diese Ausstellung in Berlin zu zeigen.
Was macht diese Ausstellung einzigartig?
Erstmals überhaupt wird im Zuge der Ausstellung die gesamte Bandbreite der spanischen Kunst des Goldenen Zeitalters gezeigt: Anhand der wichtigsten Kunstzentren Spaniens – Toledo, Valencia, Sevilla und Madrid – zeichnen wir die unermessliche Vielfalt der Kunstproduktion dieses bedeutenden Kapitels der europäischen Kunstgeschichte nach. Dabei präsentieren wir Malerei, Skulptur und Grafik ganz bewusst im Dialog und erweitern somit vorangegangene Ausstellungskonzepte, bei denen ausschließlich einzelne Künstler oder Gattungen gezeigt wurden.
Was waren die Gründe für dieses Ausstellungskonzept?
Die Gattungen Malerei und Skulptur gemeinsam zu präsentieren, ist in diesem Fall überaus naheliegend: Es gibt nur wenige vergleichbare Epochen der Kunstgeschichte, die in einer ähnlichen Komplexität und Fülle Gemälde und Skulpturen von solch hoher Qualität hervorgebracht haben. Maler und Bildhauer haben im Goldenen Zeitalter gemeinschaftlich zusammengearbeitet, mitunter entstanden Malerei und Skulptur sogar in derselben Werkstatt – ein in der Kunstgeschichte absolutes Novum. Daneben gibt es in Berlin ein grundsätzliches Bestreben, das einzelne Kunstwerk aus seiner isolierten Betrachtung zu lösen und anstelle dessen das Bewusstsein für seinen ursprünglichen kulturellen Kontext zu schärfen. Wilhelm von Bode, den ich bereits eingangs erwähnte, war ein Pionier auf diesem Gebiet.
Wie viele Leihgaben erhalten Sie für die Ausstellung und war es schwierig, sie zu bekommen?
Die Ausstellung umfasst rund 130 Arbeiten, von denen gut zwei Drittel Leihgaben sind. Dass dies möglich wurde, verdanken wir in besonderem Maße der Leihbereitschaft des Museo del Prado in Madrid und anderen spanischen Museen und Sammlungen, die diese Ausstellung mit herausragenden Werken bereichern. Grundsätzlich sind wir allen unseren Leihgebern überaus dankbar für Ihre kollegiale Hilfe – erst durch die Kooperation mit insgesamt 64 Museen ist es uns gelungen, bedeutende Werke des Goldenen Zeitalters zusammenzutragen.
. . . . und gibt es darunter ein Kunstwerk, über das Sie sich besonders freuen?
Neben vielen anderen Werken freue ich mich besonders auf eine großformatige Skulpturengruppe der Passion Christi des Bildhauers Gregorio Fernández – eine Leihgabe aus dem Museo Nacional de Escultura in Valladolid. Seit mehr als 400 Jahren wird sie alljährlich im Rahmen einer feierlichen Prozession zur Karwoche durch die Straßen Valladolids getragen. Für unsere Ausstellung verlässt diese Skulpturengruppe erstmals das Land und ergänzt damit unsere Ausstellung auf hervorragende Weise.
Welche zusätzlichen Angebote gibt es im Rahmen der Ausstellung?
In Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Spanischen Botschaft und dem Instituto Cervantes sind weitere Ausstellungen und Konzerte geplant. Darüber hinaus wird es ein umfangreiches Bildungs- und Vermittlungsangebot geben, darunter selbstverständlich auch Führungen in spanischer Sprache. Darüber hinaus möchten wir dem spanischen Leben in Berlin eine Bühne bieten. In der Online-Kommunikation berichten wir daher von Orten, an denen Spanien in Berlin erlebbar ist: Wir besuchen Flamenco Studios, spanische Supermärkte oder Tapas Bars – wie die des deutsch-spanischen Schauspielers Daniel Brühl. Ihn haben wir gewinnen können, unseren Audioguide einzusprechen und einen Kino-Trailer für die Ausstellung zu drehen. Das war für uns eine wunderbare Erfahrung – und ein großes Vergnügen (Hier geht es zum Trailer auf youtube.com).