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Bücherkolumne
Auserlesen!

„Was kann ich denn mal lesen?“
„Was kann ich denn mal lesen?“ | © adobe.stock

„Was kann ich denn mal lesen?“ Ob sprachgewandte Deutschlehrende oder lesehungrige Deutschlernende: die Frage stellt sich allen, die geeignete deutschsprachige Lektüre suchen. Spannend soll das richtige Buch sein, gut geschrieben und interessant. Aber wie findet man sich zurecht im Bücherwald? Auserlesen! hilft mit einer bunten, eben auserlesenen Mischung!

Von Karen-Susan Fessel

Kindisches und Verspieltes

Ein zwei drei Tier von Nadia Budde © Peter Hammer Verlag Nadia Budde: Eins Zwei Drei Tier 

Mein absolutes Lieblingsbilderbuch: Urkomisch, nicht nur für die Jüngsten, am besten aber zusammen mit mehreren Generationen zu lesen: Nadia Buddes schräge Wortspielereien trainieren nicht nur das Sprach- und auch Aussprachevermögen von Jung und Alt, sondern schaffen vergnügliche Verbindungen zwischen Mensch und Tier – und bringen einfach richtig Spaß! Welches Tier macht noch mal Schuhu? Nein, der Hund bestimmt nicht … Und besonders schön daran ist, dass es mehrere Nachfolgebände gibt, jeder für sich einzigartig. 

Junge Welten

Zoran Drvenkar © Rowohlt Verlag Zoran Drvenkar: Im Regen stehen 

Eine Kindheit im Berlin der Siebziger Jahre: erste Liebe, die drohende Scheidung der Eltern, Freundschaften, die langsam auseinandergehen, Gewalt und erwachende Sexualität – Drvenkar, als Dreijähriger mit seinen Eltern aus Kroatien nach Deutschland gezogen und mittlerweile vielfach ausgezeichneter Autor, erzählt in klarer, erfrischend direkter Sprache von den Hürden, die es beim Erwachsenwerden zu überwinden gilt. Nicht nur für Jugendliche sehr zu empfehlen! 
 

Lebenswege

Der dritte Band von Joachim Meyerhoffs Biographie © Verlag Kiepenheuer & Witsch. Joachim Meyerhoff: Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke 

Der dritte Band von Meyerhoffs kurzweiliger, auf sechs Bände angelegten Biografie zählt für viele Leser*innen, auch für mich, als der bislang beste. Und das liegt nicht nur an der faszinierend anrührenden Schilderung seiner wunderbar skurrilen Großmutter und ihres steifen, freundlichen Gatten, bei denen der heute auch als Theaterschauspieler sehr bekannte Autor seine Zeit als Münchener Schauspielschüler in den frühen 1980er Jahren verbrachte. Meyerhoff gelingt es, alte Menschen mit all ihren Eigenarten in den Fokus seiner Erzählung zu heben, das hat Seltenheitswert und erfreut beim Lesen immer wieder neu. 
 

Jetzt und hier – Deutschland heute

Elke Heidenreich: Alles kein Zufall. Kurze Geschichten © Fischer Taschenbuch Verlag Elke Heidenreich: Alles kein Zufall. Kurze Geschichten 

Das kann man auch mal zwischendurch lesen, schläft dabei aber garantiert nicht ein: Lauter Miniaturen, alphabetisch geordnet, aus dem Leben einer nachdenklichen Frau, die es nicht immer einfach hatte, sich aber einen scharfen Blick und sehr viel Humor bewahrt hat. Zwischendurch habe ich mich köstlich amüsiert, manchmal aber auch schlucken müssen. Ein Lesevergnügen mit Mehrwert! 
 





Deutsche Geschichte(N)

Angelika Schrobsdorf: Du bist nicht so wie andere Mütter © dtv Angelika Schrobsdorff: „Du bist nicht so wie andre Mütter“ 

Die 2016 verstorbene Autorin stand für mich schon lange auf der Leseliste; eindeutig zu Recht: die klare, feine Sprache, in der die Autorin ihre eigene Mutter und Familiengeschichte porträtiert, hat mich wirklich fasziniert. Schrobsdorff, Tochter eines „Ariers“ und einer Jüdin, wächst in reichen Verhältnissen zunächst in Berlin auf, aber 1938 ist das schöne freie Leben dann endgültig vorbei: Die Mutter zieht mit beiden Töchtern nach Bulgarien, um der Verfolgung durch die Nazis zu entgehen, erst lange nach Kriegsende kehren sie zurück. Schrobsdorff, die ihr Leben lang rastlos blieb und lebte und erst später in Jerusalem ihre Heimat fand, die letzten Lebensjahre dann in Berlin verbrachte, erzählt packend aus Sicht des Kindes und der späteren Jugendlichen, unterlegt mit feinem Humor. Ein absoluter Lesegenuss – und wie schön, dass im Laufe ihres Lebens dann noch über tausend Erzählungen und fast ein Dutzend Romane entstanden sind, für Lesenachschub ist also gesorgt …
 

Achtung, Hochspannung!

Regina Nössler: Schleierwolken © konkursbuch Verlag Regina Nössler: Schleierwolken


Elisabeth Ebel führt schon lange ihr eigenes Leben in Berlin, aber als brave unverheiratete Tochter reist sie regelmäßig zu ihrer Mutter nach Wattenscheid, wo diese in einem viel zu großen Haus lebt und sich – wie so viele alte, alleinstehende Frauen und Männer – weigert, ins betreute Wohnen zu ziehen. Stattdessen mäkelt sie unentwegt an ihrer Tochter herum, bis dieser der Kragen platzt. Nösslers ruhige Erzählweise ließ mir beim Lesen zusehends mehr das Blut in den Adern gefrieren, mit jeder Seite steigt die Spannung langsam an, in jeder Ecke lauert ein neuer Schrecken; zugleich kommt der Humor nicht zu kurz. Diese interessante Mischung macht Nösslers sechsten Thriller zugleich zu einer faszinierenden Milieustudie. Beste deutschsprachige Krimikost!

 

Auserlesen!

  • Budde, Nadia: Eins Zwei Drei Tier. Wuppertal 1999: Peter Hammer Verlag 
  • Drvenkar, Zoran: Im Regen stehen. Reinbek 2000: Rowohlt Taschenbuch Verlag
  • Meyerhoff, Joachim: Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke. Köln 2015: Verlag Kiepenheuer & Witsch
  • Heidenreich, Elke: Alles kein Zufall. Frankfurt am Main 2017: Fischer Taschenbuch Verlag
  • Schrobsdorff, Angelika: „Du bist nicht so wie andre Mütter“. München 1994: dtv.
  • Nössler, Regina: Schleierwolken. Tübingen 2017: konkursbuch Verlag

Alle Bücher sind auch als E-Books erhältlich, teilweise auch über die Onleihe des Goethe-Instituts.

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